Bundeskanzler beendet Diskussion über CERN-Austritt  

erstellt am
19. 05. 09

Faymann: "Sehe Diskussion über Austritt als beendet an"
"Muss an das Ansehen des Landes denken" - Reputation hat übergeordnete Bedeutung
Wien (sk) - "Ich habe als Bundeskanzler an das Ansehen des Landes zu denken und habe daher klargemacht, dass ich gegen einen CERN-Austritt bin", so Bundeskanzler Werner Faymann Nachmittag des 18.05. nach einem Treffen mit Wissenschaftsminister Hahn und Bildungsministerin Schmied. Forschung brauche "Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit", überdies hätten sich in den letzten Tagen "zahlreiche WissenschafterInnen zu Wort gemeldet, die über die Reputation unserer Landes im Forschungsbereich ihre Besorgnis geäußert haben". Klar sei, dass "Reputation und Ansehen übergeordnetes Interesse haben, daher sehe ich die Diskussion über einen CERN-Austritt als beendet an", bekräftigte Faymann.

Es sei zu bedenken, dass es um eine Mitgliedschaft in einem europäischen Forschungsbereich gehe, an dem seit mittlerweile 50 Jahren viele europäische Länder teilnehmen und es "wesentliche Erfolge" gebe. Auch müsse man sich bei einem Forschungsprojekt, an dem so viele Mitgliedstaaten teilnehmen, die Frage stellen, "was wäre, wenn bei allen Projekten immer irgendeiner austritt", betonte Faymann die Bedeutung der Verlässlichkeit im Forschungsbereich. "Wenn es viele Partner gibt, müssen sich alle aufeinander verlassen können". Der Bundeskanzler erinnerte auch daran, dass viele WissenschafterInnen an Ausbildungsprogrammen in Zusammenhang mit CERN teilgenommen hätten, überdies hätte sich auch eine Reihe von Wirtschaftsbetrieben in diesem Bereich positioniert.

Keinesfalls abgeschlossen sei eine Diskussion darüber, "wie wir uns im Rahmen dieses und anderer Forschungsprojekte verbessern können", so Faymann, der klarstellte, dass nun auch zu fragen sei, welche Verbesserungen bezüglich der Inhalte der Forschungsprojekte und wie eine Optimierung der Richtung vorgenommen werden können. In dieser Frage könne sich Minister Hahn auf die Regierung als Gesamtes verlassen. Er verstehe auch, dass verantwortliche MinisterInnen im Rahmen der Budgetmöglichkeiten Ausgaben im Rahmen von Mitgliedschaften und inhaltliche Richtungen überprüfen, so Faymann.

 

 Hahn: Neue Prioritätensetzung im Forschungsbudget notwendig
Wissenschaftsminister geht von Unterstützung des Koalitionspartners nach CERN-Entscheidung aus
Wien (övp-pd) - "Ich nehme die Entscheidung des Koalitionspartners zur Kenntnis, stehe inhaltlich aber weiterhin zu meiner Position, dass ich mit den für CERN vorgesehenen Mitteln andere Schwerpunkte für den Forschungsstandort Österreich setzen wollte", so Wissenschaftsminister Johannes Hahn. Nach einem rund einstündigen Gespräch mit Bundeskanzler Werner Faymann und Bildungsministerin Claudia Schmied hatte sich der Bundeskanzler gegen einen CERN-Ausstieg ausgesprochen. "Wenn man sich nicht einigt, bleibt es beim status quo", erklärte der Minister.

Hahn unterstrich, dass er nun sein Forschungsbudget neu organisieren und Umschichtungen innerhalb seines Ressorts vornehmen müsse. "Neue Prioritätensetzungen im Forschungsbudget sind nun notwendig", so Hahn. "Ich gehe davon aus, dass der Koalitionspartner die nötigen Schritte mit trägt", so Hahn mit Verweis auf das Gespräch mit Faymann und Schmied.

Außer Streit stehe jedenfalls das Budget für den Wissenschaftsfonds FWF. Hahn kündigte an, die Debatte rund um den CERN-Ausstieg in Absprache mit dem Koalitionspartner nun auch zum Anlass zu nehmen, generell das Input-Output-Verhältnis in internationalen Forschungseinrichtungen prüfen zu lassen.

 

 Graf: Österreich muss CERN-Mitglied bleiben
Hahn soll endlich auf die Experten hören
Wien (fpd) - "Österreich muss CERN-Mitglied bleiben", appellierte der freiheitliche Wissenschaftssprecher und Dritte Nationalratspräsident Martin Graf vor dem Sechs-Augen-Gespräch zwischen Kanzler Faymann und den Ministern Hahn und Schmied an die Beteiligten. "Es ist höchst an der Zeit, die Blamage zu stoppen und Österreich seine Position in der internationalen Forschungsgemeinschaft wieder einnehmen zu lassen" forderte Graf.

Die Irrwege des Wissenschaftsministers seien ihm unergründlich, so Graf. Offenbar habe er eine Freude daran, gegen allgemeinen Widerstand zu handeln. Das habe er schon beim E-Voting bewiesen, das heute trotz allgemeiner Expertenkritik bei den ÖH-Wahlen startet. "Hahn muss doch endlich zur Vernunft kommen. Wenn er schon den Physik-Experten und der Opposition nicht glaubt, dann soll er doch wenigstens auf seine eigenen Parteifreunde in der ÖVP Niederösterreich hören.".

 

 Stadler: "Wo lässt Hahn denken?"
Hahn hat kein Problem, 40 Mio. Euro im Jahr für Euratom zu zahlen, aber die 20 Mio. für CERN sind im zuviel
Wien (bzö) -
"Rund 50 Jahre sind wir dabei und vor der entscheidenden Phase soll Österreich aus CERN aussteigen - wo lässt Hahn denken?", sagte BZÖ-Spitzenkandidat Mag. Ewald Stadler im Zuge einer gemeinsamen Pressekonferenz mit BZÖ-Chef und Klubobmann Josef Bucher. Stadler warnte nicht nur vor den hohen Kosten des Ausstiegs, sondern auch vor den wirtschaftlichen Nachteilen für heimische Firmen und Forscher.

"Hahn hat kein Problem, 40 Mio. Euro im Jahr für Euratom zu zahlen, aber die 20 Mio. für CERN sind im zuviel - das ist grotesk", kritisierte Stadler. In Anspielung auf den Vorstoß aus Niederösterreich gegen einen Ausstieg meinte Stadler: "da hat der Bauernbund eindeutig mehr wissenschaftliche Ahnung." Stadler warnte davor, dass der Ausstieg rund 100 Mio. Euro kosten könnte. Auftragsverluste für heimische Firmen fielen zusätzlich an, ließen sich aber ebenso wenig beziffern, wie die Kosten zur Beschaffung von Datenmaterial für die Österreichische Grundlagenforschung, wenn Österreich aus CERN aussteige. "Wissenschaftsminister Hahn handelt offenbar nur nach dem Diktat der leeren Kassen, ohne die Folgen zu beachten und setzt hier einen völlig falschen Ansatz", so Stadler abschließend.

 

 Grünewald: Peinliche Retourkutschenpolitik zwischen SPÖ und ÖVP schadet Forschungsstandort
Grüne fordern zusätzliche Forschungsmittel nach CERN-Entscheidung
Wien (grüne) - "Das Hick-Hack zwischen SPÖ und ÖVP nach dem Rücktritt vom CERN-Ausstieg wird auf dem Rücken der Forschenden ausgetragen", kritisiert Kurt Grünewald, Wissenschaftssprecher der Grünen. Darauf deuten die heutigen Aussagen von Finanzminister Pröll hin, der mit der Frage der Finanzierung jetzt den Ball wieder an die SPÖ spielt. "Dieses Verantwortungs-Ping-Pong ist unerträglich!", so Grünewald.

Der Wissenschaftssprecher fordert, das nun zusätzliche Mittel flott gemacht werden müssen. Hahn habe ja die für CERN veranschlagten Mittel Richtung FWF und anderer Projekte umgeschichtet. Dem FWF und anderen internationalen Projekten darf nun kein Schaden erwachsen. "Die mehr als peinliche Retourkutschenpolitik zwischen SPÖ und ÖVP muss sofort aufhören", fordert Grünewald.

"Möglich wäre etwa Gespräche in Richtung einer gemeinsamen Finanzierung aufzunehmen", so Grünewald. Die Auswirkungen auf den Forschungsstandort Österreich der CERN-Absage hätten sich nämlich keineswegs auf die Teilchenphysik beschränkt. Weshalb sollten sich nicht die betroffenen Ministerien Wissenschaft, Wirtschaft und BMVIT die Kosten teilen? CERN ist nicht nur Grundlagenforschung, sondern zeitigt auch zahlreiche spin offs zur wirtschaftlichen Anwendung und eine klare Schiene zu anwendungsorientierter Forschung".
 
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