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Familienausschuss: Grünes Licht für verpflichtendes Kindergartenjahr |
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Breite Mehrheit für Bund-Länder-Vereinbarung Wien (pk) - Das verpflichtende Kindergartenjahr im letzten Jahr vor Schuleintritt ist wieder einen Schritt näher gerückt. Der Familienausschuss des Nationalrats stimmte am 05.06. einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem Bund und den neun Bundesländern zu und machte damit den Weg für die Abstimmung im Nationalrat in den kommenden Wochen frei. Die Entscheidung im Ausschuss fiel mit S-V-B-G-Mehrheit, lediglich die FPÖ wandte sich gegen die Kindergartenpflicht. Staatssekretärin Marek sicherte zu, dass in begründeten Einzelfällen, etwa für Kinder in abgelegenen Bergregionen, Ausnahmen vom verpflichtenden Kindergartenjahr möglich sein werden und Eltern mit fünfjährigen Kindern auch weiterhin in der Nebensaison auf Urlaub fahren können. Laut aktuellsten Zahlen der Statistik Austria und eigenen Berechnungen des Familienministeriums werden österreichweit für maximal 2.568 Fünfjährige Kindergartenplätze geschaffen werden müssen, um die Verpflichtung erfüllen zu können. Besonders erfreut äußerte sich Marek darüber, dass es gelungen sei, mit den Ländern die Erarbeitung eines bundesweiten Bildungsplans für das letzte Kindergartenjahr zu vereinbaren. Der vorliegenden Bund-Länder-Vereinbarung zufolge verpflichten sich die Länder, ab dem Kindergartenjahr 2009/10 für fünfjährige Kinder kostenlose halbtägige Kindergartenplätze im Ausmaß von 20 Wochenstunden zur Verfügung zu stellen. Spätestens ein Jahr darauf, also im September 2010, soll die Pflicht zum Kindergartenbesuch im letzten Jahr vor Schuleintritt wirksam werden. Fünfjährige Kinder sollen verpflichtet werden, für mindestens 16 bis 20 Stunden sowie für mindestens vier Tage pro Woche einen Kindergarten zu besuchen. Zur Deckung der entstehenden Mehrkosten überweist der Bund den Ländern in den kommenden Jahren "Zweckzuschüsse" von jeweils 70 Mio. € pro Jahr. Begründet wird die Einführung des halbtägig verpflichtenden und kostenlosen Kindergartenjahrs für Fünfjährige von der Regierung damit, dass allen Kindern beste Bildungsmöglichkeiten und Startchancen für das spätere Berufsleben geboten werden sollen, unabhängig von ihrer sozioökonomischen Herkunft. Im Rahmen der Debatte gratulierten die Abgeordneten der Koalitionsparteien Staatssekretärin Marek zum Abschluss der vorliegenden Vereinbarung. So meinte etwa Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S), durch die Vereinbarung sei klargestellt, dass Kindergärten eine Bildungs- und nicht nur eine Betreuungseinrichtung seien. Abgeordnete Ridi Maria Steibl (V) sprach von einem wichtigen Schritt für die Vorbildung und Ausbildung von Kindern vor Schuleintritt, ihr Fraktionskollege August Wöginger von einer weiteren wichtigen Familienmaßnahme nach der Steuerreform. Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) zeigte sich erfreut, dass damit Druck auf die Bürgermeister ausgeübt werde. Abgeordnete Gisela Wurm (S) sieht jahrelange bewusstseinsbildende Arbeit von Erfolg gekrönt. Grundsätzlich begrüßt wurde die Bund-Länder-Vereinbarung auch von den Grünen und vom BZÖ. Abgeordnete Daniela Musiol und Abgeordneter Karl Öllinger (beide G) forderten allerdings weitergehende Schritte. So sind Musiol zufolge etwa viele Rahmenbedingungen für den kostenlosen und verpflichtenden Kindergartenbesuch noch nicht erfüllt. Ihrer Ansicht nach bräuchte es mehr Geld, um genügend Kindergartenplätze zu schaffen und die KindergartenpädagogInnen besser zu qualifizieren. Zudem hält sie eine österreichweite Vereinheitlichung der Qualitätsstandards für erforderlich. Es sollten auch nicht nur das letzte Kindergartenjahr, sondern die letzten beiden Jahre verpflichtend sein, sagte Musiol. Abgeordneter Öllinger äußerte sich über die "Ausklinkmöglichkeit" von der Kindergartenpflicht besorgt. Zur Konkretisierung ihrer Forderungen haben die Grünen zwei Entschließungsanträge ( 525/A[E] und 598/A[E]) erarbeitet, die heute mit der Regierungsvorlage mitverhandelt wurden. Darin drängen die Grünen zum einen auf eine Grundsatzkompetenz des Bundes für Kindergärten und zum anderen auf die Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen kostenlosen Kindergartenplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr des Kindes. Damit wollen sie erreichen, dass österreichweit ausreichend Krippen- und Kindergartenplätze mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten und mit einheitlichen Qualitätsstandards zur Verfügung stehen. Es könne, so Musiol in der heutigen Sitzung, nicht angehen, dass es je nach Bundesland enorme Unterschiede bei den Kindergärten gebe. Einer weitreichenden Verschiebung der Kompetenzen für Kindergärten von den Ländern zum Bund standen die Koalitionsparteien allerdings eher skeptisch gegenüber. So meinte Ausschussvorsitzende Ridi Maria Steibl (V), es sei wichtig, dass die Länder ihre Verantwortung wahrnehmen. Grundlegende Kompetenzänderungen könnten ihrer Auffassung nach nur im Rahmen einer umfassenden Verwaltungsreform durchgeführt werden. Ihr Fraktionskollege August Wöginger hielt fest, die Bürgermeister seien seiner Erfahrung nach ohnehin bemüht, gemeinsam mit den Eltern eine Lösung zu finden. Auch die SPÖ verwies auf die bestehende Kompetenzverteilung. Seitens des BZÖ machte Abgeordnete Martina Schenk (B) in Bezug auf die Kindergartenpflicht darauf aufmerksam, dass es in Kärnten bereits eine ähnliche Regelung gebe. Um die Finanzierung des verpflichtenden, kostenlosen Kindergartenjahrs auch über das Jahr 2013 hinaus sicherzustellen, brachte sie einen Entschließungsantrag ein, der bei der Abstimmung aber lediglich von den Grünen mitunterstützt wurde und damit in der Minderheit blieb. Ablehnend zur Bund-Länder-Vereinbarung äußerte sich lediglich die FPÖ. Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (F) zeigte sich zwar über die moderate Ausgestaltung des verpflichtenden Kindergartenjahrs und die bestehenden Ausnahmemöglichkeiten erfreut und begrüßte auch den kostenlosen Kindergartenbesuch, eine Kindergartenpflicht schränkt ihr zufolge die Wahlfreiheit der Eltern aber zu sehr ein. Das sei nicht das, was sich die FPÖ vorstelle, sagte sie. Sowohl Kitzmüller als auch ihre Fraktionskollegin Carmen Gartelgruber erachten zudem ein verpflichtendes Vorschuljahr für Kinder mit Sprachschwierigkeiten für sinnvoller als ein verpflichtendes Kindergartenjahr. Sie fürchten, dass die KindergartenpädagogInnen mit der Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund überfordert sind. Im Kindergarten solle außerdem in erster Linie der Erwerb von Sozialkompetenzen im Vordergrund stehen, argumentierte Gartelgruber. Ihrer Ansicht nach ist ein österreichweiter Gratiskindergarten Anreiz genug für einen Kindergartenbesuch. Staatssekretärin Christine Marek wies darauf hin, dass sie intensive Verhandlungen mit den Ländern geführt habe. Kostenlos soll ihrer Darstellung nach die Basisleistung für einen halbtätigen Kindergartenbesuch sein, für Zusatzleistungen wie einen geringeren Betreuungsschlüssel oder besondere Angebote wie Englischkurse könnten weiterhin Elternbeiträge eingehoben werden. Dass die Kindergartenpflicht erst nächstes Jahr wirksam wird, begründete Marek damit, dass heuer noch nicht für alle Fünfjährigen ein Betreuungsplatz sichergestellt werden könne. Da der Bund seine Zuschüsse bereits erstmals im heurigen Herbst überweise, sei es bis zum kommenden Jahr jedoch möglich, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Sollten in den nächsten Jahren nicht die gesamten Mittel des Bundes für das verpflichtende und kostenlose Kindergartenjahr benötigt werden, müssten die Länder die frei werdenden Mittel zwingend für den Ausbau bzw. die Verbesserung der Qualität von Kinderbetreuungseinrichtungen verwenden. Als "echten Meilenstein" bezeichnete Marek die Übereinkunft mit den Ländern, einen einheitlichen Bildungsplan für den Kindergarten festzulegen. Damit würden erstmals Bildungsziele für Kindergartenkinder verankert, skizzierte sie. Der Bildungsplan wird laut Marek gemeinsam mit den Ländern erarbeitet, er soll auch Ausbildungsmodule für KindergartenpädagogInnen enthalten. Was die Kontrolle der Kindergartenpflicht anlangt, werden laut Marek noch Gespräche mit den Ländern geführt. Sie glaubt allerdings nicht, dass es hier größere Probleme geben wird, und verwies in diesem Zusammenhang auf Erfahrungen in Kärnten, wo lediglich für 30 Kinder eine Ausnahmeregelung beansprucht werde. Überdies hätten neuesten Daten zufolge im Oktober 2008 österreichweit nur 2.568 Fünfjährige keinen Kindergarten besucht. Das Gratiskindergartenjahr werde zu einem weiteren "Anschub" führen. Zu den Anträgen der Grünen merkte Marek an, die bestehende Kompetenzverteilung könne nicht negiert werden. Für eine massive Kompetenzverschiebung sieht sie derzeit keine Umsetzungschance. Dass für die sprachliche Förderung von Kindern mit Sprachdefiziten eine Vorschule besser geeignet wäre als der Kindergarten, glaubt Marek nicht. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass ein Drittel der Kinder mit Sprachdefiziten keinen Migrationshintergrund habe. Eine verbindliche Finanzierungszusage des Bundes für die Kindergartenpflicht über das Jahr 2013 hinaus ist Marek zufolge aufgrund des Geltungszeitraums des Finanzrahmengesetzes rein rechtlich nicht möglich. Sie verwies aber auf die dann ohnehin zu führenden Finanzausgleichsverhandlungen. Der G-Antrag 525/A(E) wurde schließlich von den anderen Fraktionen abgelehnt, der G-Antrag 598/A(E) mit S-V-Mehrheit vertagt. BZÖ fordert jährliche Valorisierung von Familienleistungen Ebenfalls vom Familienausschuss vertagt wurden zwei Entschließungsanträge des BZÖ ( 298/A[E] und 509/A[E]), die auf eine jährliche Anpassung von Familienleistungen an den Verbraucherpreisindex und auf einheitliche Antrags- und Auszahlungsmodalitäten für alle Förderungen abzielen. Regelmäßig valorisierte Familienleistungen wie Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld und Kinderabsetzbetrag würden die Kaufkraft der Familien und damit die Wirtschaft stärken, argumentiert das BZÖ. Zudem ist es für Abgeordnete Martina Schenk nicht einsichtig, warum verschiedene Stellen für Anträge und Auszahlungen zuständig sind und die Familienbeihilfe beispielsweise zweimonatlich, das Kinderbetreuungsgeld hingegen jeweils am 6. des Nachmonats ausbezahlt wird. Abgeordneter Karl Öllinger (G) erinnerte daran, dass auch die Grünen immer wieder einheitliche Antrags- und Auszahlungsmodalitäten für Familienleistungen verlangt hätten. Auch der Forderung nach einer jährlichen Valorisierung der Familienleistungen könne er im Prinzip zustimmen, meinte er, man müsse aber darauf Bedacht nehmen, dass sich der Familienlastenausgleichsfonds bereits jetzt in einer "finanziellen Schieflage" befinde. Zudem gebe es auch andere Leistungen, die bereits seit Jahren nicht valorisiert worden seien, sagte Öllinger und verwies etwa auf das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe. Die Abgeordneten Renate Csörgits (S) und Gabriele Tamandl (V) verwiesen ebenfalls auf die angespannte finanzielle Situation des FLAF. Österreich liege bei den monetären Leistungen für Familien außerdem ohnehin im europäischen Spitzenfeld, sagte Csörgits, daher würde nun der Fokus auf die Ausweitung von Kinderbetreuungseinrichtungen gelegt. Abgeordnete Tamandl meinte, man solle angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage die bestehenden Leistungen schätzen. Eine einheitliche Stelle für Familienleistungen würde ihr zufolge den Verwaltungsaufwand erhöhen, ein Problem, das auch Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) anschnitt. Seitens der FPÖ signalisierte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein zu beiden Anträgen Zustimmung. Staatssekretärin Christine Marek gab zu bedenken, dass eine automatische Valorisierung der Familienleistungen auch eine automatische Valorisierung der Einnahmen des FLAF nach sich ziehen müsste. Das wäre realpolitisch schwer umsetzbar, unterstrich sie. Überdies verwies Marek auf die zuletzt für die Familien gesetzten Maßnahmen und nannte im Konkreten die Erhöhung der Geschwisterstaffelung bei der Familienbeihilfe, die Erhöhung des Mehrkindzuschlags, die Einführung einer 13. Familienbeihilfe, die Erhöhung des Kinderabsetzbetrags und das vereinbarte einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld. Eine Zusammenlegung der Auszahlungsstellen erachtet Marek, wie sie ausführte, nur bedingt für notwendig. Es handle sich schließlich um unterschiedliche Leistungen mit unterschiedlichem Fokus, konstatierte sie. Auch die zweimonatige Auszahlung der Familienbeihilfe wurde von ihr verteidigt, wobei sie geltend machte, dass sich bei monatlicher Auszahlung der Verwaltungsaufwand verdoppeln würde. FPÖ urgiert Reform bei der Finanzierung des FLAF Schließlich befasste sich der Familienausschuss mit einem Entschließungsantrag der FPÖ betreffend die Finanzierung des Familienlastenausgleichsfonds. Die FPÖ beklagt unter anderem, dass viel zu viel Mittel vom FLAF Richtung Pensionsversicherung fließen, und schlägt daher vor, die Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten nicht mehr aus dem Fonds zu zahlen. Außerdem sollen ihr zufolge kinderlose Personen ab einem bestimmten Alter (z.B. 35 oder 40 Jahre) höhere Dienstnehmer-Beiträge an den FLAF leisten müssen. Der Antrag stieß bei allen anderen Fraktionen auf zum Teil scharfe Ablehnung. So nannte Abgeordneter Karl Öllinger (G) die "Strafsteuer" für kinderlose Personen als "grenzwertig" und gab zu bedenken, dass die nunmehrige Form der Pensionszahlungen für Zeiten der Kinderbetreuung eine der wenigen Fortschritte der Pensionsreform gewesen sei. Auch die Abgeordneten August Wöginger (V), Martina Schenk (B), Gisela Wurm (S) und Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (V) sowie Staatssekretärin Christine Marek wandten sich gegen eine Diskriminierung kinderloser Paare und sprachen sich dagegen aus, die Pensionszahlungen durch den FLAF in Frage zu stellen. Seitens der Koalitionsparteien wurde allerdings eingeräumt, dass man sich langfristig über die Finanzierung des FLAF Gedanken machen müsse. Der FPÖ-Antrag wurde mit S-V-Mehrheit vertagt. |
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Informationen: http://www.parlinkom.gv.at | ||
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