Wirtschaftskrise führt zu tiefer Rezession in Österreich   

erstellt am
05. 06. 09

Stabilisierung Ende des Jahres erwartet – Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2009 bis 2011 vom Juni 2009
Wien (oenb) - Im Anschluss an die Bekanntgabe der Experten-Projektionen des Eurosystems für den Euroraum veröffentlicht die OeNB ihre in diesem Zusammenhang erstellte jüngste Prognose für Österreich.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet für die österreichische Wirtschaft infolge des weltweiten Wachstumseinbruchs eine deutliche Rezession für das Jahr 2009, das reale Bruttoinlandsprodukt wird um 4,2% schrumpfen. Nach einem weiteren leichten Rückgang um 0,4% im Jahr 2010 wird sich erst 2011 wieder ein positives reales Jahreswachstum im Ausmaß von 1,2% des Bruttoinlandsprodukts einstellen.

„Die Lage für die österreichische Konjunktur ist noch unbefriedigend, es sind aber erste Anzeichen für eine Erholung ersichtlich. Die OeNB rechnet mit einer Stabilisierung der Entwicklung gegen Ende des Jahres 2009“, meint OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny.

Gegenüber der Prognose vom Dezember 2008 mussten die Wachstumserwartungen für die Jahre 2009 und 2010 um 3,9 bzw. 1,2 Prozentpunkte zurückgenommen werden. Diese große Revision spiegelt den in der Nachkriegszeit beispiellos starken Einbruch der Export- und Investitionsnachfrage wider. Der Abschwung ist so ausgeprägt, dass bis zum Jahr 2011 das Niveau des Bruttoinlandsprodukts des Jahres 2007 nicht wieder erreicht werden wird. Die Inflation, gemessen am HVPI, verlangsamt sich von 3,2% im Jahr 2008 auf nur noch 0,4% im Jahr 2009. 2010 and 2011 wird die Inflation wieder moderat ansteigen (auf 1,1% beziehungsweise 1,2%).

Weltweite Rezession trifft Österreich in vergleichsweise guter Ausgangsposition
Die von Finanzierungsproblemen auf dem US-Immobilienmarkt ausgelöste weltweite Krise griff im Laufe des Jahres 2008 immer deutlicher auf die Realwirtschaft über. 2009 bewirkt sie eine weltweite Rezession. Im Euroraum verlangsamte sich im abgelaufenen Jahr das Wachstum des realen BIP auf 0,7%. Einige Länder des Euroraums, wie etwa Deutschland, Italien oder Spanien wurden von der Krise früher und stärker erfasst als Österreich, das 2008 noch ein reales BIP-Wachstum von 1,7% erreichen konnte. Österreich hatte in den letzten Jahren eine vergleichsweise bessere realwirtschaftliche Entwicklung als der Euroraumdurchschnitt aufgewiesen, d. h. ein höheres BIP-Wachstum, niedrigere Arbeitslosenquoten und – infolge der kontinuierlichen Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit – steigende Leistungsbilanzüberschüsse. Damit hat sich Österreich bei Ausbruch der Krise zwar in einer besseren Ausgangssituation befunden, der internationalen Entwicklung konnte sich die heimische Wirtschaft aber nicht entziehen.

2008 waren daher auch in Österreich bereits erste realwirtschaftliche Anzeichen der Krise bemerkbar. Verglichen jeweils mit dem Vorquartal ist seit dem zweiten Quartal 2008 ein Rückgang der Exporte, seit dem dritten Quartal der Investitionen zu beobachten; im vierten Quartal schrumpfte das reale BIP gegenüber dem Vorquartal erstmals seit 2001 – im Vergleich zu anderen Euroraumstaaten war die Schrumpfung um 0,4% jedoch noch vergleichsweise gering.1) Im ersten Quartal 2009 wurde aber auch Österreichs Realwirtschaft massiv von der Krise getroffen. Das BIP ist im Vergleich zum Vorquartal um 2,8% geschrumpft, Exporte und Investitionen um jeweils 4,4%.

Ausgeprägter Einbruch bei Exporten und Investitionen
Der prognostizierte Konjunktureinbruch in Österreich wird vor allem durch einen weiteren Rückgang der Exporte getrieben, der sich auch in einem Rückgang der Investitionstätigkeit niederschlägt. Während die Exporte in den vergangenen Jahren stets den Konjunkturmotor darstellten, werden sie im Jahr 2009 um 8,9% schrumpfen. Ein negatives – wenn auch vergleichsweise geringes – Exportwachstum verzeichnete Österreich das letzte Mal 1993. Trotz ebenfalls sinkender Importe werden die Nettoexporte einen negativen Wachstumsbeitrag zum realen BIP von 1,8 Prozentpunkten aufweisen.

Der Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen (-9,5%), der von einem massiven Einbruch der Ausrüstungsinvestitionen (-15,3%) getrieben wird, setzte bereits in der zweiten Hälfte 2008 ein und beschleunigte sich im ersten Quartal 2009. Nicht nur die rückläufigen Exporte, sondern auch die erschwerten Finanzierungsmöglichkeiten (Verfügbarkeit und Risikoaufschläge) veranlassten Unternehmen, Investitionen zurückzufahren.

Obwohl der private Konsum mit einem Rückgang von nur 0,3% im Jahr 2009 stabilisierend wirkt, leistet die Inlandsnachfrage (exkl. Lagerveränderungen) einen negativen Wachstumsbeitrag von 2,3 Prozentpunkten. Das real verfügbare Haushaltseinkommen wird 2009 trotz der erwarteten negativen Entwicklung am Arbeitsmarkt infolge der hohen Lohnabschlüsse und der niedrigen Inflation noch um 0,3% wachsen. Im Jahr 2010 werden jedoch der weitere Anstieg der Arbeitslosigkeit und erwartete niedrige Lohnabschlüsse zu einem Rückgang des real verfügbaren Haushaltseinkommens um 0,5% führen. Die Sparquote wird 2009 aufgrund von Vorsichtssparmotiven noch weiter auf rund 12,6% steigen, bevor sie im Jahr 2010 leicht auf 12,3% zurückgehen wird.

Massive Verschlechterung der Lage auf dem Arbeitsmarkt
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird sich ab 2009 massiv verschlechtern. Das Beschäftigungswachstum wird im Jahr 2009 um 1,3% schrumpfen, die Zahl der Arbeitslosen wird in den Jahren 2009 und 2010 um insgesamt rund 132.000 steigen. Die Arbeitslosenquote laut Eurostat (saisonbereinigt) erhöht sich auf 5,3% (2009) bzw. 6,5% (2010) – ein außergewöhnlich starker Anstieg nach dem Tiefstand der Arbeitslosenquote von 3,5% im Mai 2008. Im internationalen Vergleich wird die Arbeitslosenquote aber immer noch vergleichsweise niedrig bleiben. 2)

Deutlich sinkende Inflation infolge niedriger Energiepreise
Nach dem historischen Anstieg der HVPI-Inflation 2008 führt der Rückgang der Energie- und Rohstoffpreise vorübergehend zu negativen Inflationsraten im zweiten Halbjahr 2009 und einer sehr niedrigen Inflationsrate von 0,4% für das Gesamtjahr. Trotz sinkender Industrie- und Dienstleistungspreise wird die Inflation 2010 wieder auf moderate 1,1% steigen. 2011 wird eine marginale Erhöhung auf 1,2% erwartet.

1) Das reale BIP schrumpfte im Euroraum (in Deutschland) im vierten Quartal 2008 um 1,6% (2,2%) im Vergleich zum Vorquartal.

2) Sowohl in der Frühlingsprognose der Europäischen Kommission (Mai 2009) als auch im World Economic Outlook des Internationalen Währungsfonds (April 2009) weist Österreich innerhalb des Euroraums für 2010 und 2011 die dritt- bzw. viertniedrigste Arbeitslosenquote aus.
     
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