Wien (rk) - Dem in Wien geborenen Nobelpreisträger Prof. Eric Kandel wurde am Nachmittag des 02.06.
von Bürgermeister Dr. Michael Häupl die Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien verliehen. An der Feier
nahmen hochrangige Vertreter aus Politik und Wissenschaft, wie etwa der berühmte Quantenphysiker Prof. Anton
Zeilinger, sowie auch die Witwe von Prof. Viktor Frankl teil. Die Laudatio hielt Univ.Prof. Dr. Hubert Christian
Ehalt.
Bürgermeister Häupl begrüßte Kandel mit einem herzlichen Willkommen in seiner alten Heimat.
Für ihn als studierten Biologen seien die Studien von Kandel im Grenzbereich zwischen Biologie und Medizin
besonders interessant. Häupl hob in diesem Zusammenhang die Forschungen zum Kurzzeitgedächtnis mittels
der Gehirnströme der Meeresschnecke Aplysia hervor. Es sei ihm eine große Freude, einem so bedeutenden
Wissenschafter die Ehrenbürgerwürde verleihen zu dürfen.
Ehalt verwies in seiner Laudatio darauf, dass "die Vertreibung der Vernunft durch die Nazis in Wien bis heute
als Wunde spürbar sei". Unter Bürgermeister Häupl sei es gelungen, Wien als Wissenschaftsstadt
zu etablieren. Gehirnforschung, wie sie Kandel betreibe, sei derzeit im Brennpunkt der Wissenschaft. Der Weltbürger
Eric Kandel befinde sich als Ehrenbürger der Stadt Wien in guter Gesellschaft von z.B. Theophil Hansen, Richard
Strauss, Oskar Kokoschka oder Bruno Kreisky. Die Wiener Universitäten hätten erst in den 80er Jahren
des 20.Jahrhunderts begonnen, ihre Geschichte und ihren Umgang mit dem Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Ehalt
zu den Forschungen des neuen Ehrenbürgers: "Die Neurophysiologie untersucht jenes Organ, das den Menschen
erst zum Menschen macht, das Gehirn. Die Neurophysiologie Kandels ist wohl der folgenreichste Schritt dieser Entzauberung
der Gegenwart, indem sie Geist und Denken erklärt."
Die Stadt Wien hat mit der Familie von Viktor Frankl einen Fonds zur Förderung einer sinnorientierten humanistischen
Psychotherapie ins Leben gerufen, der neben Forschungsförderungen Ehrenpreise vergibt, die bis dato z.B. an
Paul Watzlawick oder Kardinal Franz König vergeben wurden. Kuratorium und Vorstand des Fonds, in dem Bürgermeister
Häupl den Vorsitz hat, haben in ihrer letzten Sitzung diesen Ehrenpreis Eric Kandel zugesprochen. Das entsprechende
Dekret wurde ebenfalls im Rahmen der Ehrung überreicht.
Kandel betonte, dass ihm diese hohe Auszeichnung große Ehre und Freude bedeute, zumal er nach wie vor eine
romantische Beziehung zur Stadt Wien habe und von der Geisteswelt der Jahrhundertwende des vorigen Jahrhunderts
fasziniert sei. Es sei nicht verwunderlich, dass Wien Platz eins unter den lebenswertesten Städten einnehme,
was Bürgermeister Häupl zu verdanken sei, - noch dazu ein Biologe. Es sei ihm ein Anliegen, in Zukunft
drei Wissenschaftsinstitute zu unterstützen und sich für die Zusammenarbeit von jüdischen und nichtjüdischen
Studenten einzusetzen.
Lebenslauf von Prof. Eric Kandel
Eric Kandel wurde 1929 in Wien geboren. 1939 musste Kandel mit seiner Familie aufgrund seiner jüdischen Abstammung
in die Vereinigten Staaten emigrieren. Kandel wollte zu Beginn seines Studiums Psychoanalytiker werden, studierte
aber dann Neurophysiologie, wobei sein Hauptinteresse dem Gedächtnis und dem Erinnerungsvermögen galt.
Im Jahr 2000 erhielt er zusammen mit dem Schweden Arvid Carlsson und dem Amerikaner Paul Greengard den Nobelpreis
für Medizin für die Entdeckungen betreffend der Signalübertragung im Nervensystem. |