TOWER OF POWER 2009   

erstellt am
02. 06. 09

Der Jubiläums-Sommer: 225 Jahre Narrenturm
Wien (skyunlimited) - Zum siebenten Mal präsentiert der Narrenturm im alten AKH dieses Jahr seine Sommerveranstaltungen unter dem Titel Tower of Power. Zur Erklärung: Der Narrenturm ist das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum in Wien – ein heuer 225 Jahre altes, architektonisch wertvolles Gebäude mit einer medizinisch einzigartigen Sammlung. Um ein breiteres Publikum auf den Turm aufmerksam zu machen und auch Geld für die Erhaltung des Hauses und seiner international bekannten Kollektion zu sammeln, bietet der Narrenturm jeden Sommer kulturelle Veranstaltungen und (populär-)wissenschaftliche Vorträge an.

Die Veranstaltungen finden im Hof des Narrenturms, bei Schlechtwetter jedoch im Vortragssaal statt. Da vor allem im Saal die Anzahl der Plätze begrenzt ist, ersuchen wir um Anmeldung und Platzreservierung. Tel.: 01/406 86 72 bzw. E-Mail: pat@via.at

Eintritt: am Eröffnungswochenende € 9,–/€ 8,– (ermäßigt für Mitglieder des Vereins der Freunde der Pathologisch-anatomischen Museen Österreichs) an den Donnerstagen (25. Juni – 6. August): € 6,–/€ 5,– (ermäßigt für Vereinsmitglieder)

Für die Organisation der Veranstaltungen sind das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum sowie Heidelinde Moser und Peter Hiess vom Verein EVOLVER – „Verein zur Förderung europäischer und weltweiter Populärkultur und des unabhängigen Journalismus“ (siehe auch Netzzeitschrift EVOLVER: http://www.evolver.at) verantwortlich.

Damit der Narrenturm nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine Zukunft hat, organisiert das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum nun bereits zum siebenten Mal seine Sommerveranstaltungen unter dem Titel Tower of Power – der Reinerlös kommt wie jedes Jahr der Erhaltung des Gebäudes und der Sammlung zugute.

An einem Eröffnungswochenende (20. und 21. Juni) und sieben Donnerstagabenden (25. Juni bis 6. August) präsentieren die Veranstalter Lesungen, Vorträge, Musik (live & DJs) und Kabarett. Auch diesen Sommer setzen sich alle beteiligten Künstler, Wissenschaftler und Autoren für den guten Zweck ein und treten gratis auf.

Das Eröffnungswochenende
Sa., 20. Juni, ab 15 Uhr: Der Nachmittag/Abend dieses Tages steht unter dem Motto Magical History Tour: Dr. Beatrix Patzak, die Direktorin des Hauses präsentiert Ihr neues Buch „Faszination und Ekel. Das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum“; Dr. Andrea Praschinger hält einen Vortrag zur Geschichte des Sanitätswesens in Niederösterreich und Wien; das Chorkabarett Herztöne unterhält musikalisch und komödiantisch; und das Erste Wiener Lesetheater präsentiert eine Collage zum Thema Gustav Meyrink.

So., 21. Juni, ab 10 Uhr: Anläßlich des 150. Geburtstags des Sherlock-Holmes-Erfinders Arthur Conan Doyle findet zum Sommerbeginn die Matinee Kombiniere, Watson … statt. Tobias Hierl, Chefredakteur der Zeitschrift „Buchkultur“, spricht einführende Worte über den großen Detektiv; Gerhard Tötschinger und Josef Preyer lesen aus ihren neuen Holmes-Romanen; und Schellack-DJ Franz Pieler sorgt mit seinem Grammophon und viktorianischen Kriminal-Melodien für musikalische Erbauung.

Die Donnerstage (Beginn 19 Uhr)
Gleich zu Beginn der traditionellen Donnerstags-Veranstaltungen wird’s im Narrenturm kunstvoll kriminalistisch: Beim Double Feature „Kunst und Verbrechen“ am 25. Juni liest der Wiener Kunstanwalt Andreas Cwitkovits aus seinem Buch „Kunstkriminalfälle“; danach gibt es eine unterhaltsame Lesung (mit Videobeiträgen) aus den Kunstkrimis des New Yorker Autors Jonathan Santlofer.

Das nächste Double Feature („Horror & The Beat“ oder: „Narrennacht im Krimiturm“) folgt gleich am Donnerstag darauf: Am 2. Juli liest der österreichische Autor und Phantastikpreisträger Andreas Gruber aus seinen gruseligen Krimis; und DJ Al Bird Sputnik öffnet seine „Trash Rock Archives“ mit obskuren heimischen Singles.

Am 9. Juli werden Gerichtsmediziner Prof. Christian Reiter und Ex-Sicherheitsbüro-Chef Max Edelbacher einem staunenden Publikum erklären, was in Wien wirklich passiert, wenn ein Mordopfer gefunden wird: CSI Vienna.

Eine Woche später, am 16. Juli, trägt Pater Michael Hass – begleitet von sakralen Klängen des Ordinarius Roland Guggenbichler – aus seinen Predigten vor. Und am 23. Juli präsentiert Narrenturm-Direktorin Dr. Beatrix Patzak wieder einmal ausgewählte Exponate aus der Sammlung des Museums (und die dazugehörigen Geschichten).

Historisch Interessierte sollten sich am 30. Juli unbedingt im Hof des Narrenturms einfinden, wenn der Wiener Historiker Univ.-Prof. Dr. Lothar Höbelt seinen (zum Gebäude passenden) Vortrag Joseph II. – wie aufgeklärt war sein Absolutismus? hält.

Mit einem weiteren Double Feature („Psychoactive“) geht der heurige Narrenturm-Sommer am 6. August zu Ende: Der Psychologe und Bewusstseinsforscher Dr. Rudolf Kapellner spricht über Psychoaktive Pflanzen und „heilige Rauschmittel“; danach entführt der österreichische Ausnahmegitarrist Karl Ritter die geneigte Zuhörerschaft mit einem Solokonzert ins Traumland.

Der Narrenturm hat eine illustre Vergangenheit.
Genauer gesagt: er wird heuer 225 Jahre alt. Im Frühjahr 1783 erteilte der „Reformkaiser“ Joseph II. den Auftrag zur Errichtung einer Irrenanstalt – zuerst in Form einer öffentlichen Ausschreibung, später jedoch als sein Privatprojekt, dessen Bau und Einrichtung er selbst überwachte und für das er mit eigenen Geldmitteln aufkam. Der „Irrenthurm“, wie er anfangs noch hieß, war die erste medizinische Einrichtung, die ausschließlich zur Behandlung von Geisteskranken errichtet wurde. 1784 war das Gebäude schließlich bezugsfertig und nahm Geisteskranke auf, die zuvor auf diverse Wiener Spitäler verteilt gewesen waren.

Der Narrenturm ist ein Rundbau mit fünf Stockwerken, in denen jeweils 28 Zimmer an die Außenfront des Gebäudes gehen. Die Zimmer sind über einen kreisrunden Gang in jeder Etage zugänglich. In der Mitte des Turms steht ein Quergebäude, das den Verwaltungstrakt und ein Stiegenhaus enthält; es teilt den Innenhof in zwei Hälften. Die gefährlichen Irren, die „Tobenden“, waren einst in ihren Zimmern angekettet, die harmlosen Patienten konnten sich frei bewegen. Erst später bekamen die einzelnen Zellen Türen mit Sichtfenstern.

Elf Jahre nach der Eröffnung wurde eine Mauer um den Narrenturm gebaut, um zum einen Schaulustige fernzuhalten und zum anderen den Insassen der Anstalt einen Garten zur Verfügung zu stellen. Der Betrieb mit geisteskranken Patienten wurde bis 1870 aufrechterhalten; dann übernahmen neue Einrichtungen wie die Siechen- und Versorgungsanstalt Klosterneuburg (Gugging) und später Steinhof die Aufgabe, psychiatrisch Kranke unterzubringen.

50 Jahre lang stand der Narrenturm daraufhin leer – bis er ab 1920 als Schwesternwohnheim und für Ärzte- und andere Dienstwohnungen genützt wurde. Seit November 1971 beherbergt das Gebäude das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum, das sich anfangs auf acht leerstehende Zellen beschränken musste, nach und nach aber jeden freiwerdenden Raum im Haus für seine Sammlungen erhielt.

Heute gilt der Narrenturm weltweit als eines der wichtigsten Museen seiner Art – und auch als medizinhistorisches und architektonisches Meisterwerk. Nur leider ist der bauliche Zustand des Gebäudes mehr als bedenklich: „Unser größtes Problem ist derzeit, das Museum aufrechtzuerhalten und zu erreichen, dass es renoviert wird, da wir praktisch eine Bauruine sind“, sagt Narrenturm-Direktorin Dr. Beatrix Patzak.
     
Informationen: http://www.narrenturm.at    
     
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