Europäische Schweineproduzenten tagten in Graz   

erstellt am
12. 06. 09

Experten diskutierten neue Markt- und Fütterungsstrategien
Wien/Graz (bmlfuw) - Neue Gesundheits-, Fütterungs- und Marktstrategien standen Ende vergangener Woche im Mittelpunkt des Kongresses der Europäischen Schweineproduzenten (EPP) in Graz. Der Kongress findet seit nunmehr 20 Jahren statt. Noch nie war der Andrang so groß wie heuer, 350 Gäste aus ganz Europa (Dänemark, Belgien, Holland, Niederlande, Deutschland, Schweden, England) nahmen teil, berichten die Organisatoren Georg Mayringer, Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Schweinebauern (VÖS), und Raimund Tschiggerl, neuer Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Styriabrid. Es habe sich in Graz alles eingefunden was in der europäischen Schweinezucht und auch in der Forschung Rang und Namen hat, so Mayringer.

Deutlicher Strukturwandel in der heimischen Schweinehaltung
Den Schwerpunkt des Kongresses bildete ein sehr anspruchsvolles Vortrags- und Tagungsprogramm, zum Abschluss wurden mehrere Fachexkursionen veranstaltet. Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Gerhard Wlodkowski, nahm in seinen Grußworten zur aktuellen österreichischen und europäischen Agrarpolitik Stellung. Ulrich Herzog vom Bundesministerium für Gesundheit verwies auf die rasante Entwicklung der Schweinehaltung in Österreich seit dem EU-Beitritt: Wurden 1995 noch durchschnittlich 33 Schweine je Betrieb gehalten, so waren es 2006 bereits 70 Stück. Herzog hob weiters den guten österreichischen Tiergesundheits-Status hervor und betonte, dass dieser beim freien Viehverkehr innerhalb Europas auch in Zukunft gesichert werden müsse. Die Forschung in der Schweinezucht und -haltung sei nur im internationalen Konnex sinnvoll, so Herzog.

Auch in Zukunft kein "europäisches Einheitsschwein" als Ziel

Zu Fragen der Zucht nahm der Geschäftsführer des Schweinezuchtverbandes Oberösterreich Stellung. "Die Besamungsstationen in Österreich haben eine mittlere Größe", erklärte Peter Knapp. Derzeit sei ein besonderer Druck im Bereich der Produktionskosten festzustellen, die Züchter sollten sich verstärkt auf den Markt konzentrieren. "Es wird auch in Zukunft nicht das 'europäische Einheitsschwein' geben. Für züchterische Erfolge müssen folgende Voraussetzungen gelten: beste Fruchtbarkeit, hohe Tageszunahmen, Einheitlichkeit in den Schlachtprodukten und geringe Ausfälle", so Knapp.

Johann Schlederer, Geschäftsführer des Verbandes Landwirtschaftlicher Veredelungsproduzenten (VLV), bezifferte das jährliche Schweinemarktvolumen in Österreich mit 5 Mio. Stück. "Es hat sich in unserem Bundesgebiet in den vergangenen Jahren sehr viel verändert. Es gibt nur mehr halb so viele Schweinebauern wie vor zehn Jahren - derzeit sind es 40.000 Betriebe mit rund 3,3 Mio. Stück. Heute halten im Bundesgebiet 20 Betriebe mehr als 2.000 Schweine", berichtete Schlederer. "Die Futterkosten sind weltweit im Gleichklang, jedoch schlagen die Gebäude- und Arbeitskosten sowie die Finanzierung verstärkt zu Buche", ergänzte der Schweinemarkt-Experte.

Wettbewerb am Weltmarkt wir härter
Mathias Ritzmann, Vorstand und Leiter der Klinik für Schweine an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, referierte zum Thema Tiergesundheit und ging dabei auch auf neue Erkrankungen im Schweinebereich ein. Peter Juul Kristensen vom Pharmaunternehmen Boehringer-Ingelheim gab einen Überblick über die derzeitige Lage am internationalen Schweinemarkt. Seiner Einschätzung nach gibt es für die EU drei bedeutende Wettbewerber am Weltmarkt: Kanada, USA und Brasilien. Es werde noch zu weiteren Zusammenschlüssen von großen Produktionsgenossenschaften kommen, diese würden dann geballt am Weltmarkt auftreten, so Kristensen. "Weltweit werden in Asien und Südamerika 10.000 bis 100.000 Schweine in einem System gehalten und dann zum Schlachthof geliefert. Wer kontrolliert diese Betriebe?", fragte der Experte. Brasilianisches Exportfleisch sollte von der EU genau geprüft werden. In Zukunft werde das "Match" am Schweinemarkt nicht mehr Österreich gegen Deutschland lauten, sondern EU gegen andere Länder.

Eine Lanze für den Konsum von Schweinefleisch brach schließlich der Internist und Ernährungsexperte Primarius Meinrad Lindschinger. Er versicherte, dass Schweinefleisch grundsätzlich keine Gefahr für den Menschen darstelle und sich sogar für Diäten eigne.

Große Herausforderungen für europäische Schweinehalter
"Es gibt sehr große Unterschiede zwischen der österreichischen Schweineproduktion und beispielsweise jener in Holland, Deutschland oder Dänemark. Nicht nur aufgrund der Größe, sondern auch durch die Marktsituation und die dazugehörigen Strategien ergeben sich hier andere Ansatzpunkte", stellte EPP-Präsident Bach Laursen zum Abschluss fest. Der Kongress habe einen sehr interessanten Erfahrungs- und Informationsaustausch ermöglicht. "Wir stehen vor großen Herausforderungen in unserer Branche. Durch Länder außerhalb Europas, die niedrigere Produktionskosten haben und in denen Tierschutz keine Rolle spielt, stehen wir unter sehr hohem Wettbewerbsdruck. Wenn wir diese Herausforderung bewältigen wollen, müssen wir in Europa zusammenhalten und unsere Industrie gemeinsam weiterentwickeln. Die Konsumenten müssen wir davon überzeugen, dass sie auch weiterhin europäisches beziehungsweise regionales Schweinefleisch kaufen", unterstrich Laursen.
     
zurück