Sonderbeauftragte Plassnik zur iranischen Präsidentenwahl
Wien (bmeia) - „Iranische Frauen bleiben trotz Einschüchterung und immer wieder anwachsenden
behördlichen Drucks selbstbewusst, mutig und hartnäckig. Sie sind entschlossen, ihre Rechte zu erkämpfen,
das geistige Inventar der islamischen Republik zu verändern und den Iran in neuer Vielfalt und Lebendigkeit
erstrahlen zu lassen. Daran ändert auch nichts, dass die iranische Präsidentenwahl am 12. Juni neuerlich
ein krasses politisches Defizit der Islamischen Republik mit allen Konsequenzen bewusst macht: Missachtung grundlegender
Menschenrechte von Frauen“, erklärte die Sonderbeauftragte für internationale Frauenfragen des Außenministeriums,
Ursula Plassnik, am 10.06. „Die iranischen Gesetze erkennen Frauen nicht als gleichberechtigte Individuen an. So
ist die Aussage einer Frau vor Gericht nur halb so viel wert wie die eines Mannes“, führte Plassnik weiter
aus. „Das Präsidentenamt ist Männern vorbehalten. 475 Personen hatten ihre Bewerbung um das höchste
Staatsamt eingereicht, darunter 42 Frauen. Vom Wächterrat zur Wahl zugelassen wurden dann vier Männer.
Ein Land, das eine regionale Führungsmacht ist, stellt sich selbst hinsichtlich der rechtlichen Stellung der
Frau in eine Linie mit den rückständigen Staaten der Welt.“
Mit Nachdruck wies Plassnik darauf hin: „Der Ausschluss und die fortgesetzte Diskriminierung von Frauen und Mädchen
ist aber auch ein Missbrauch der Religion. Es ist das willkürliche Fortschreiben männlicher Machtpositionen
mitsamt den entsprechenden gesellschaftlichen Strukturen. Ein Land mit 46 Millionen Wahlberechtigten, davon rund
70 Prozent jünger als 30 Jahre, beraubt sich so besserer Zukunftschancen. Ein geschlechtsspezifisches Demokratiedefizit
wirkt in allen Lebensbereichen als Vehikel der Verhinderung. In unserer Welt des 21. Jahrhunderts geht es aber
mehr denn je um das Nützen vorhandener Ressourcen, vor allem im menschlichen Bereich. Gleichberechtigung ist
daher nicht nur eine Frage elementarer menschlicher Würde und gesellschaftlicher Gerechtigkeit. Sie ist auch
unverzichtbarer Motor für Sicherheit, Wohlstand und Fortschritt.“
Die Sonderbeauftragte weiter: „In diesen Junitagen kommt man nicht umhin, sich der Teheraner Ereignisse des Jahres
2006 zu erinnern: Mädchen und Frauen versammelten sich auf dem Haft-e Tir Platz im Zentrum der Hauptstadt,
um zum ersten Mal seit der Islamischen Revolution für ihre Rechte zu demonstrieren. Sie wurden auch von Männern
unterstützt. Die Polizei trieb die Menge mit Schlagstöcken und Tränengas auseinander. In der Folge
hat Präsident Mahmoud Ahmadinejad dann die Kampagne ‚Eine Million Unterschriften für mehr Frauenrechte‘
massiv unterdrückt. Die Aktivistinnen wurden bedroht, vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt.
Die Homepage der Kampagne wurde blockiert und den beteiligten Frauen wurde und wird in einer absurd anmutenden
Leugnung der Tatsachen vorgeworfen, eine von den USA finanzierte Revolution anzetteln zu wollen.“
Plassnik abschließend: „Die Hoffnung auf mehr Gerechtigkeit für die Frauen im Iran muss aufrecht bleiben.
Keine Frau darf weniger Rechte haben, nur weil sie in einem bestimmten Land lebt. Das muss im dritten Jahrtausend
nicht nur ein Grundprinzip der Völkerfamilie sondern gelebte Realität werden.“ |