Bundesländer von Wirtschaftskrise sehr unterschiedlich betroffen   

erstellt am
09. 06. 09

Industriehochburgen Oberösterreich, Vorarlberg und Steiermark leiden am Stärksten
Wien (bank austria) - Die globale Wirtschaftskrise hat Österreich mittlerweile voll erfasst. Das Ausmaß der Betroffenheit ist in den einzelnen Bundesländern jedoch sehr unterschiedlich. "Wie stark die einzelnen Bundesländer die Auswirkungen der internationalen Konjunkturkrise spüren, hängt von der jeweiligen strukturellen Ausrichtung ab", sagt Stefan Bruckbauer, stellvertretender Chefökonom der Bank Austria.

Industrieschwergewichte leiden
Der starke Konjunktureinbruch der vergangenen Monate ist überwiegend auf einen massiven globalen Rückgang der Investitionsgüternachfrage zurückzuführen. Die nachlassende Auslandsnachfrage hat eine deutliche Verringerung der österreichischen Warenexporte zur Folge. Da für rund 70 Prozent der Ausfuhren die heimische Industrie verantwortlich zeichnet, spüren jene Bundesländer besonders stark den Einbruch, die eine starke wirtschaftliche Ausrichtung auf diesen Sektor haben. "Besonders große Herausforderungen bestehen im derzeitigen Umfeld für jene Bundesländer, die eine hohe Konzentration auf Industriesparten aufweisen, die von der Krise überdurchschnittlich stark betroffen sind, wie der Fahrzeug-, Maschinen- und Stahlbau sowie die Metallwarenerzeugung", so Bruckbauer, " Vor allem Oberösterreich, die Steiermark und Vorarlberg leiden unter der hohen relativen Bedeutung dieser exportorientierten Sachgüterbranchen." Salzburg und vor allem Wien sind diesbezüglich deutlich günstiger positioniert.

Starker Bausektor von Vorteil
Der Bausektor wird sich in den kommenden Monaten dank zahlreicher öffentlicher Konjunktur-stützungsmaßnahmen relativ gut halten. Die Bauproduktion wird 2009 um rund 3 Prozent und 2010 weiter um 1 Prozent real sinken. Der Tiefbau ist dabei in der deutlich besseren Position, denn er profitiert von Vorziehinvestitionen der ÖBB und der ASFINAG. Die Nachfrage nach neuen Wirtschaftsgebäuden und Wohnungen nimmt dagegen stark ab. "Während die burgenländische Bauwirtschaft, die relativ stärkste in Österreich, ihren Schwerpunkt im Hochbau hat, werden Niederösterreich, Kärnten und auch Oberösterreich von der günstigeren Entwicklung im Tiefbau profitieren, da deren Bausektor auf diese Sparte besonders stark ausgerichtet ist", erwartet Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Dienstleistungszentren stabiler
Der Dienstleistungssektor wird von dem wirtschaftlichen Abschwung im Durchschnitt am Wenigsten getroffen. Angesichts des hohen Anteils an der gesamten Wertschöpfung von mehr als zwei Drittel ist der tertiäre Sektor, in dem sogar 70 Prozent der unselbständig Beschäftigten Österreichs tätig sind, ein sehr wichtiger stabilisierender Faktor in der aktuellen Konjunkturflaute. "Jene Bundesländer, die eine überdurchschnittlich starke Dienstleistungsorientierung insbesondere mit Schwerpunkten in der öffentlichen Verwaltung sowie dem Gesundheits- und Bildungswesen aufweisen, haben daher eine gute Chance in den kommenden Monaten auch eine günstigere Wirtschaftsentwicklung erzielen zu können. Dazu zählt vor allem Wien mit einem Dienstleistungsanteil von über 80 Prozent an der Wertschöpfung", meint Pudschedl.

Aber auch der Einzelhandel wird sich, gestützt auf die jüngste Steuerreform, besser als die Gesamtwirtschaft entwickeln. Neben der gesamten Ostregion sind zum Teil auch Salzburg und Tirol hier in einer besseren Position. Einige tertiäre Bereiche werden jedoch auch überproportional auf die internationale Konjunkturschwäche reagieren. Dazu zählen einige der wirtschaftsnahen Dienste, das Transportgewerbe und der Fremdenverkehr, der den Nachfrageausfall kaufkräftiger Touristen aus weiter entfernten Ländern kaum mit einheimischen Gästen wettmachen können wird. Das beschränkt die Aussichten für die Tourismushochburgen Tirol mit einem Anteil des Fremdenverkehrs an der gesamten regionalen Wertschöpfung von mehr als 12 Prozent, Salzburg (9 Prozent) und auch Kärnten und Vorarlberg (jeweils knapp über 6 Prozent). Tirol und Salzburg werden zudem durch die relativ hohe Bedeutung des Transportgewerbes betroffen, das unter der grenzüberschreitenden Nachfrageflaute besonders stark leidet.

Ostregion mit besseren Karten
Angesichts der angeführten Entwicklungsmuster der einzelnen Branchen in einem von einer globalen Nachfrageschwäche gekennzeichneten Konjunkturumfeld gibt ein Blick auf die strukturelle Zusammensetzung der Wirtschaft der einzelnen Bundesländer den entscheidenden Hinweis darauf, wie stark die jeweilige Region von der Krise betroffen sein wird. Erste Auswirkungen der Konjunkturflaute sind zudem bereits deutlich zu sehen und bestätigen die oben getroffenen Annahmen. Der Beschäftigungstrend zeigt in Österreich auf Basis von saisonbereinigten Zahlen seit Mitte 2007 kontinuierlich nach unten. Während die Trendwende am Arbeitsmarkt in Wien erst zu Beginn des laufenden Jahres eingesetzt hat, begann der rückläufige Trend in den stärker industriell geprägten Bundesländern bereits deutlich früher. Insbesondere in der Steiermark hat die Beschäftigung bereits sehr früh, nämlich Anfang 2008, auf die sich verschlechternde Konjunkturlage reagiert.

Während nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria die gesamtösterreichische Wirtschaft 2009 einen realen Rückgang um 3,5 Prozent erleiden wird, ist aufgrund der strukturellen Gegebenheiten sowie der bislang vorliegenden Daten in Oberösterreich, Vorarlberg und der Steiermark ein überdurchschnittlich starkes Minus von deutlich über dieser Marke zu erwarten. Die wirtschaftliche Entwicklung in Tirol, Niederösterreich und Salzburg wird etwa im österreichischen Durchschnitt liegen. Dagegen haben Wien und mit zum Teil deutlichen Abstrichen das Burgenland und Kärnten die Chance, die aktuelle Konjunkturkrise besser zu durchlaufen. "Wir erwarten 2009 in allen Bundesländern einen Rückgang der Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr. Keine österreichische Region kann sich aufgrund der bestehenden, starken internationalen Verflechtungen den negativen globalen Vorgaben vollständig entziehen", meint Bruckbauer abschließend zu den regionalen Wirtschaftsaussichten in der aktuellen Wirtschaftskrise.
     
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