Plenum stimmt für Einführung des verpflichtenden Kindergartenjahrs   

erstellt am
18. 06. 09

Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen mehrheitlich angenommen.
Wien (pk) -
Am 17.06. beriet der Nationalrat die 15a-Vereinbarung über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen und der G-Antrag betreffend Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Ganztagskinderbetreuungsplatz ab dem vollendeten 1. Lebensjahr.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) befasste sich mit dem Kindergartenbesuch aus der Sicht des Spracherwerbs vor dem Hintergrund nationaler Schichtungen. Gerade auf diesem Gebiet werde vielfach in die falsche Richtung gearbeitet, eine verstärkte Rückbesinnung auf die eigentlichen Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung sei daher geboten.

Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V) sah in den in Aussicht genommenen Maßnahmen hingegen einen Schritt in die richtige Richtung, von dem die Betroffenen nachhaltig profitieren würden. Der Bund stelle entsprechende Mittel zur Verfügung, um den Erfolg dieser Maßnahme sicherzustellen. Zudem dankte die Rednerin den KindergärtnerInnen für ihr Engagement. Insgesamt sei schon viel erreicht, zum Wohle der Kinder müsse der Kurs aber auch weiterhin fortgesetzt werden.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) signalisierte die Zustimmung ihrer Fraktion zur Vorlage, meinte aber, dass der Gratiskindergarten in der Realität eine Mogelpackung sei, da indirekt auch weiterhin Beiträge von den Eltern eingehoben werden würden, was dazu führe, dass mitunter Leute später mehr zahlen müssten als bislang. Zudem fehle es an Kindergartenplätzen und entsprechenden Pädagogen. Auch die Rahmen- und Arbeitsbedingungen seien suboptimal. Nach wie vor bestehe also auf diesem Gebiet Handlungsbedarf.

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) erinnerte ihre Vorrednerin daran, dass es die Grünen in Oberösterreich gewesen seien, die ein Gratisessen in den Kindergärten verhindert hätten. Das in Rede stehende Übereinkommen sei ein wichtiger Grundstein und stimme sie optimistisch, hier entsprechende Erfolge erzielen zu können.

Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) zeigte sich erfreut über die Einführung des Gratiskindergartens, womit eine langjährige freiheitliche Forderung umgesetzt werde. Die Rednerin brachte einen Entschließungsantrag betreffend verpflichtende Vorschule für Kinder, welche die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen, ein. Diese wichtige Aufgabe könne der Kindergarten allein nicht leisten, es brauche daher flankierende Maßnahmen, hielt die Rednerin fest.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) meinte, endlich komme das Gratiskindergartenjahr nach Kärntner Vorbild, was eine alte BZÖ-Forderung sei. Kärnten sei hier Vorreiter gewesen, der Bund ziehe nun endlich nach. Mit der jetzigen Variante dürfe man sich aber nicht begnügen, man müsse dieses wichtige Projekt auch nach 2013 entsprechend absichern, in welchem Sinne sie einen Entschließungsantrag einbrachte.

Staatssekretärin Christine MAREK erläuterte die Hintergründe der in Rede stehenden Maßnahme und sprach von einem bildungspolitischen Meilenstein. Es gehe um die besten Chancen für die Kinder. Marek betonte, dass man allen Kindern die gleichen Chancen bieten wolle. Abgeordneter Schenk gegenüber bemerkte sie, mit den 15a-Verträgen befinde man sich auf Basis der Rechtsstaatlichkeit und somit auf einer soliden Basis.

In den Kindergärten werde ausgezeichnete Arbeit im Bereich der Frühkindpädagogik geleistet, bekräftigte die Staatssekretärin. Man werde in den nächsten Jahren 12.000 bis 18.000 zusätzliche Ganztagsplätze schaffen können, und für die Vermittlung der deutschen Sprache werde auch zusätzliches Personal zur Verfügung stehen. Besonders unterstrich Marek die Notwendigkeit der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung. Dem Vorwurf, die Bundesregierung forciere in erster Linie die außerschulische Betreuung, begegnete sie einerseits mit dem Hinweis, dass nur 3,5 % der Fünfjährigen noch nicht in Betreuung stünden, andererseits erinnerte sie an das Familiensteuerpaket. Dieses stelle einen Mix an Maßnahmen dar, und es sei höchst an der Zeit gewesen, auch einmal die mittelständischen Familien entsprechend zu entlasten.

Abgeordneter Harald WALSER (G) forderte eine dringende Umkehrung der Ressourcen im Bildungsbereich. Die Kindergartenpädagogik müsse aufgewertet werden, so Walser, die Ausbildung hätte auf der Universität zu erfolgen. Das bedeute jedoch keine Theoretisierung der Ausbildung, kam er etwaigen Vorwürfen zuvor. Wie wichtig der Besuch eines Kindergartens ist, bewiesen Studien im Bereich der Volksschule und Sekundarstufe I. Kinder, die den Kindergarten besucht haben, würden wesentlich besser abschneiden. Daher brauche man einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab drei Jahren, verlangte Walser. Es müssten alle Kinder im Kindergarten betreut werden, und aus den Kindergärten müsse man eine Bildungseinrichtung machen, denn dieser habe eine bedeutende kompensatorische Wirkung, appellierte er.

Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) beglückwünschte die Staatssekretärin zur Durchsetzung des Gratiskindergartens. Sie befürwortete den verpflichtenden Besuch bis zu 20 Stunden für fünfjährige Kinder, wandte sich aber dagegen, die Kindergartenpflicht auch auf jüngere Kinder auszuweiten. Im Mittelpunkt habe immer das Kindeswohl zu stehen, sagte sie, und als Eltern solle man auch die Möglichkeit haben, sich mit dem Kind intensiv auseinanderzusetzen. Dies könne der Kindergarten nicht leisten. Es sei auch schlecht, wenn Kinder zu viele Bezugspersonen haben.

Abgeordnete Edith MÜHLBERGHUBER (F) meinte, mit der 15a-Vereinbarung sollten vor allem Migrantenkinder erreicht werden. Dieses Problem stelle sich aber nur in den Ballungszentren. Sie räumte ein, dass der Kindergarten einen wichtigen Beitrag zur sozialen und kulturellen Entwicklung der Kinder leistet, die FPÖ lehne aber einen verpflichtenden Besuch ab. Zielführender wäre es ihrer Ansicht nach, fünfjährige Kinder, die nicht ausreichend Deutsch können, in die Vorschule zu schicken. Den Vorschulbesuch könne man dann nach Bedarf auch verlängern. Es könne nämlich nicht sein, dass Kinder mit wenig oder keinen Deutschkenntnissen in die Regelschule aufgenommen werden.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) betonte, der Kindergarten sei keine Garderobe, wo man Kinder abgibt, sondern eine Bildungseinrichtung mit Bildungsplänen. Mit den 70 Mio. €, die der Bund jährlich den Ländern bis 2012 zur Verfügung stellt, sei viel in Bewegung gekommen. Die heutigen Beschlüsse bedeuteten einen ersten Schritt, weitere müssten folgen, wie etwa ein flächendeckendes Angebot und ein Ausbau der Ganztagsbetreuung. Lueger unterstrich nochmals die Notwendigkeit, Qualität und Professionalität im Kindergarten zu sichern, weshalb eine großflächige Ausbildungswelle erforderlich sei. Wien habe darauf bereits reagiert und habe darüber hinaus Bildungspläne für Kinder von null bis sechs Jahren erarbeitet.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) wandte sich vehement gegen den verpflichtenden Besuch eines Gratiskindergartens und kritisierte die Strafbestimmungen bei Nichtbeachtung der Verpflichtung. Deimek verteidigte den Antrag der FPÖ und machte klar, dass damit nicht nur Migrantenkinder gemeint sind, sondern all jene, die der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind. Dann sei ein verpflichtender Besuch einer Vorschule gerechtfertigt. Der Pflichtkindergarten, so wie er jetzt konzipiert ist, sei reduziert auf eine Transferleistung, die Migranten zugute komme, welche sich nicht integrieren wollen.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) bemühte das Modell Kärnten, das ihrer Ansicht nach geholfen habe, die 15a-Vereinbarung durchzusetzen. Das BZÖ werde die Beschlüsse zum verpflichtenden Gratiskindergartenjahr mittragen, wobei Haubner für eine Wertsicherung über das Jahr 2013 hinaus eintrat. Sie machte sich für die Entscheidungsfreiheit der Eltern stark und sprach sich dafür aus, dass die Eltern aus dem breiten Angebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten wählen können sollen. Haubner erinnerte in diesem Zusammenhang auch an den BZÖ-Entschließungsantrag zur Ausbildung von Tagesmüttern. Das letzte Kindergartenjahr ist ihrer Meinung nach ein wichtiges Bildungsjahr, deshalb sei auf die gute Ausbildung der KindergartenpädagogInnen besonders zu achten. Sie forderte auch ein Kompetenzzentrum für frühkindliche Pädagogik. Abschließend äußerte Haubner Bedenken, dass man derzeit in der Familienpolitik alle Kraft in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stecke. Deshalb erhob sie die Forderung nach einer Erweiterung der Anrechenbarkeit von Pensionszeiten für Mütter.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) sprach von einem familienpolitischen Meilenstein. Niederösterreich habe seit langem den Gratiskindergarten angeboten und sei daher sicherlich auch ein Vorbild gewesen, sagte sie. Sie gratulierte der Staatssekretärin, dass es ihr gelungen ist, mit allen Bundesländern 15a-Verträge abzuschließen, und damit allen Kindern den besten Start ins Schulleben zu ermöglichen. Zusammen mit dem bundeseinheitlichen Bildungsplan stellten die Beschlüsse einen wichtigen Schritt für die vorschulische Bildung dar.

Abgeordnete Gisela WURM (S) nannte den 15a-Vertrag ein beachtenswertes Werk für Kinder und Eltern. Sie anerkannte auch die Leistung von Staatssekretärin Marek, da es nicht einfach sei, mit neun Landeshauptleuten erfolgreich zu verhandeln. Wurm erinnerte an die 15a-Verträge, die die Ministerinnen Konrad und Bures mit den Ländern ausverhandelt haben und damit erste Schritte zur Verbesserung der Kindergartenbetreuung erreichen konnten. Man habe es geschafft, dass die Länder umdenken und auf die Bedürfnisse der Gesellschaft mehr Rücksicht nehmen, merkte sie an.

Abgeordneter Maximilian LINDER (B) mahnte Budgetwahrheit ein. Die zu beschließende Regelung bedeute, dass die Gemeinden pro Kind 1.000 € erhalten, tatsächlich koste aber ein Kindergartenplatz pro Kind rund 3.100 €, rechnete er vor.

Abgeordneter Peter MAYER (V) hoffte, dass junge Familien wieder vermehrt "ja" zum Kind sagen. Er freute sich über die 15a-Vereinbarung als einen wichtigen Schritt zur Entlastung der Familien und zu einer sinnvollen Vorbereitung für die Schule. Strikt wandte er sich jedoch gegen eine Ausweitung der Kindergartenpflicht auf Dreijährige. Abschließend begrüßte er die Maßnahmen in Oberösterreich, den Besuch eines Kindergartens bereits für Dreijährige kostenlos zu machen.

Abgeordnete Rosemarie SCHÖNPASS (S) fasste die Neuerungen zusammen und nannte sie einen wichtigen Grundstein für den Schulbesuch. Auch sie zeigte sich mit den Neuerungen in Oberösterreich zufrieden und korrigierte ihren Vorredner insofern, als der Kindergartenbesuch in Oberösterreich bereits für Kinder mit zweieinhalb Jahren kostenlos ist. Wichtig ist Schönpass, dass alle Kinder bessere Bildungschancen erhalten und soziales Lernen im Vordergrund steht.

Abgeordneter Dietmar KECK (S) hielt fest, Kindergärten sind keine Aufbewahrungsanstalt, sondern eine Bildungsanstalt. Seiner Meinung nach sollte das Kindergartenwesen sogar in die Bundeskompetenz fallen. Er bedauerte, dass Kinder oft nur zwei bis drei Tage in der Woche den Kindergarten besuchen und nicht zum Mittagessen bleiben, was für das soziale Lernen wichtig wäre. Er hoffte, dass Länder und Gemeinden sich der Verantwortung stellen und sich nicht nur über den Bundeszuschuss freuen.

Bei der Abstimmung wurde die 15a-Vereinbarung über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen mehrheitlich angenommen.
     
Informationen: http://www.parlinkom.gv.at    
     
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