Zunächst soll EU-Hauptausschuss medial aufgewertet werden
Wien (pk) - Österreichische Abgeordnete zum Europäischen Parlament werden vorerst kein
Rederecht im Nationalrat erhalten. Das GO-Komitee einigte sich am 15.06. darauf, in einem ersten Schritt zunächst
einmal die EU-Debatten im Nationalrat neu zu gestalten und die Beratungen im für EU-Fragen zuständigen
Hauptausschuss medial aufzuwerten. So ist vorgesehen, die so genannten Europatage des Nationalrats durch regelmäßige
"Aktuelle Europastunden" sowie Diskussionen in zeitlicher Nähe zu Tagungen des Europäischen
Rates zu ersetzen und bei EU-Debatten im Hauptausschuss des Nationalrats, wo auch EP-Abgeordnete redeberechtigt
sind, grundsätzlich Bild- und Tonaufnahmen zu erlauben.
Über ein Rederecht von EP-Abgeordneten im Nationalrat selbst soll gegebenenfalls später noch einmal diskutiert
werden, wobei die Standpunkte der Fraktionen nach wie vor divergieren. So lehnt insbesondere die FPÖ die Einbeziehung
von EP-Abgeordneten in Nationalratsdebatten als "Systembruch" entschieden ab, während sich SPÖ
und ÖVP abwartend äußerten. Eine Zustimmung der ÖVP zu einem Rederecht kann sich Abgeordnete
Beatrix Karl, wie sie sagte, nur unter drei Voraussetzungen vorstellen: gleiche Regeln für alle österreichischen
EP-Abgeordneten, kein Rederecht für EU-Kommissare und andere EU-Repräsentanten und Einschränkung
des Rederechts auf Aktuelle Europastunden.
Abgeordneter Dieter Brosz (G) beharrte demgegenüber auf einem Rederecht und erinnerte daran, dass die Grünen
schon in der Vergangenheit eine Zustimmung zur Neugestaltung der EU-Debatten von der Einräumung eines Rederechts
für EU-Abgeordnete abhängig gemacht hatten. BZÖ Abgeordneter Heribert Scheibner (B) kann sich, wie
er erklärte, eine Rederecht für EP-Abgeordnete bei EU-Erklärungen vorstellen.
Was die Neugestaltung der EU-Debatten betrifft, sind künftig jährlich vier "Aktuelle Europastunden"
und zwei Diskussionen rund um einen Europäischen Rat auf Basis von Erklärungen von Regierungsmitgliedern
geplant. EU-Debatten im Hauptausschuss sollen in Bezug auf Bild- und Tonaufnahmen Nationalratsdebatten gleichgestellt
werden. Damit wäre, wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer meinte, etwa auch eine Live-Übertragung
solcher Debatten im ORF möglich. Ebenso soll klar gestellt werden, dass österreichische EP-Abgeordnete
im EU-Hauptausschuss gleichberechtigt mitdiskutieren dürfen, unabhängig davon, ob sie einer im Nationalrat
vertretenen Fraktion angehören. Die Neuregelung könnte Nationalratspräsidentin Prammer zufolge bereits
im September beschlossen werden.
Weiteres Thema im heutigen Geschäftsordnungskomitee war die Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse,
wobei es insbesondere um die Frage der Vorsitzführung ging. Dabei kamen die Mitglieder des GO-Komitees grundsätzlich
darin überein, dass Untersuchungsausschüsse weiterhin von Abgeordneten geleitet werden sollen, bei gleichzeitiger
Gewährleistung einer unabhängigen Vorsitzführung. Es dürfe nicht von der Person des Vorsitzenden
abhängen, ob ein Untersuchungsausschuss objektiv geführt oder parteipolitisch missbraucht werde, bekräftigte
Abgeordneter Scheibner. Zur Diskussion steht, bereits am Beginn einer Gesetzgebungsperiode in Frage kommende Abgeordnete
in Form eines "Vorratsbeschlusses" zu wählen oder jeweils dem Zweiten oder dem Dritten Nationalratspräsidenten
die Vorsitzführung zu übertragen.
Auch bei der nächsten Sitzung des GO-Komitees am 7. Juli soll es um das Thema Untersuchungsausschuss gehen.
Geplant ist, zu dieser Sitzung den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs einzuladen, um mit ihm zu erörtern,
ob sich der VfGH bei Streitigkeiten über Aktenvorlagen und Aktenschwärzungen gegebenenfalls ein dem deutschen
Organstreitverfahren nachgebildetes Streitschlichtungsmodell vorstellen kann. |