Es kann keinen Generalverdacht geben   

erstellt am
29. 06. 09

In einem ausführlichen Interview mit der Austria Presse Agentur nahm Justizministerin Bandion-Ortner zur Reform des Korruptionssstrafrechts Stellung.
Wien (bmj) - Über die von der Korruptionsstaatsanwaltschaft geforderte Kronzeugenregelung ist die Ministerin gesprächsbereit, wie sie im Gespräch mit der APA sagte. "Wir werden dem sehr aufgeschlossen gegenüber stehen, müssen aber überlegen, wie weit die Kronzeugenregelung geht", so die Ministerin. So müsse beispielsweise geklärt werden, ob die Informanten damit auch vor zivilrechtlichen Klagen (etwa wegen Kreditschädigung, Anm.) geschützt werden sollen. In der jetzigen Novelle wird die Kronzeugenregelung allerdings nicht mehr verankert, betont Bandion-Ortner. Zuerst sollen u.a. die einschlägigen Erfahrungen anderer EU-Länder geprüft werden. "Man kann eine derartige Ermittlungsmethode nicht von heute auf morgen einführen", so die Ministerin.

Gegenüber ihrem ursprünglichen Entwurf neu geregelt wird laut Bandion-Ortner auch das Delikt des "Anfütterns" von Beamten. Die Staatsanwälte hatten davor gewarnt, dass die entsprechende Strafbestimmung wegen der komplizierten Formulierung zu totem Recht werden könnte. Stattdessen soll nun ein neues Delikt "Vorbereitung der Bestechlichkeit" entstehen, nach dem sich strafbar macht, wer ein Geschenk "mit dem Vorsatz, die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines künftigen Amtsgeschäftes anzubahnen" annimmt

Die Kritik der Grünen, dass auch diese Strafbestimmung kaum anwendbar sei, weil der entsprechende "Vorsatz" in der Praxis nicht nachgewiesen werden könne, glaubt Bandion-Ortner nicht. Der Nachweis könne zum Beispiel aufgrund von schriftlicher Korrespondenz erfolgen: "Es gibt viele Bestimmungen im Strafrecht, wo es nicht einfach ist, etwas nachzuweisen. Deshalb kann es aber keinen Generalverdacht gegen Beamte geben."

Die Ministerin plädiert im APA-Interview erneut für einen Beschluss der neuen Antikorruptionsbestimmungen noch vor der Sommerpause des Nationalrats. Es sei der Wille der Regierung und des Parlaments, "die derzeitige unsichere Rechtslage möglichst schnell zu reparieren", so Bandion-Ortner. Mit dem Drängen der Festspiel-Veranstalter und -Sponsoren auf eine Neuregelung habe das nichts zu tun: "Die Bestimmungen werden erst nach den Salzburger Festspielen in Kraft treten - am 1. September."

Zurückgewiesen wurde von der Ministerin auch der Vorwurf, mit der Neuregelung der Antikorruptionsbestimmungen Lobby-Interessen nachgegeben zu haben. "Ich reagiere nicht auf Zurufe", versicherte Bandion-Ortner und betonte, sich bei den Betroffenen lediglich über die Problemlage informiert zu haben. Außerdem gebe es immer noch Interessensgruppen, denen die Neuregelung noch zu scharf sei.

Nicht zurückgenommen wird im Gesetzesentwurf des Justizministeriums die Ausnahme von am Markt tätigen Staatsunternehmen wie ÖBB und Asfinag aus den strengen Antikorruptionsbestimmungen für Beamte. "Die für Amtsträger geschmiedeten Bestimmungen sollen auch nur für Amtsträger gelten", so die Ministerin. Außerdem ist auch die derzeit gültige Rechtslage aus ihrer Sicht diesbezüglich nicht eindeutig: "Das heißt ja nicht, dass die (ÖBB, Anm.) nach der jetzigen Gesetzeslage drin sind."

Neu ins Gesetz aufgenommen wird laut Bandion-Ortner der Verweis auf das jeweilige Dienstrecht des "Amtsträgers": Damit soll klar gestellt werden, dass ein Richter "gar nichts annehmen" dürfe, während einem Beamten die Annahme von "ortsüblichen Kleinigkeiten" gestattet ist. Wer einem Beamten über dessen "dienstrechtliche Vorschrift" oder seinen "dienstrechtlichen Auftrag" hinaus Geschenke zukommen lässt, riskiert dem Entwurf zufolge eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren.
     
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