Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum und in der Galerie im Taxispalais von 26. Juni - 6. September
2009
Innsbruck (landesmuseum) - Hans Weigands Ausstellung "Panorama" ist eine Zusammenarbeit
des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum mit der Galerie im Taxispalais. Sie präsentiert eine umfassende Werkschau
des international renommierten Tiroler Künstlers. Der Ausstellungstitel bezieht sich auf eines seiner neuesten
Werke, das in Anlehnung an historiografische und populärkulturelle Rundgemälde des 19. Jahrhunderts entstanden
ist und im Mittelpunkt der Schau im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum steht. Mehr als 100 Jahre nach der Aufstellung
des historischen Innsbrucker "Berg-Isel-Panoramas" im heutigen Gebäude in der Nähe der Kettenbrücke
und unmittelbar vor dem Zeitpunkt seiner geplanten Übersiedelung auf den Berg Isel greift Weigand die Idee
des Rundgemäldes auf, löst es aus seinen mythologischen Codes, definiert es um und versetzt es in die
multiperspektivische, digital geprägte Gegenwart. Das ovale Format von über 30 Metern Umfang umschließt
den Betrachter wie ein Bühnenbild, in dem er in schnellem, collagiertem Tempo von historischen zu aktuellen
Kriegsszenarien, von Architekturvisionen über Konsummüll zu idyllischen Landschaften oder von Abbruchhalden
zum "Lifestyleambiente" geführt wird. Fotografie und Malerei gehen in diesem Werk eine für
Weigands Werkansatz charakteristische Symbiose ein.
Eine bedeutende Rolle neben der Malerei kommt dem interaktiven Part des Panoramas zu. Der Betrachter ist aufgefordert,
über die auf einem Flatscreen eingespielte Oberfläche des Panoramas zu surfen, Schlüsselszenen ausfindig
zu machen und zu entdecken, was sich in den dahinterliegenden Erlebnisräumen verbirgt. Neben den von der Filmtheoretikerin
Alexandra Seibel ausgewählten Sequenzen aus unterschiedlichen Filmen und Videos setzt der Künstler auch
Bildfindungen und Motive aus seinen eigenen Arbeiten ein.
In der Galerie im Taxispalais wird mit älteren und neuen Werken punktuell Einblick in die Bandbreite des Künstlers
gegeben. Seit den 1970er Jahren hat sich Hans Weigand mit Malerei, Zeichnung, Computergrafik, Video, Objekt und
Installation eine unverwechselbare Bildsprache erarbeitet, mit der er die Gegenwart ernst und ironisch kommentiert
und interpretiert. Geprägt von seinen engen Kontakten zur kalifornischen Kunstszene sowie der Nähe zum
musikalischen Underground greift er in großformatigen Bildern Sujets der Medien- und Popkultur auf. Krieg,
Liebe, Gewalt, Megastadt und die Welt der Surfer verschmelzen zu kaleidoskopischen Panoramen der Gegenwart. Eine
Bildserie widmet sich dem Motiv monumental schäumender, dunkler Wellen, zwischen denen winzig kleine Surfer
an der Schwelle zum Überleben Kick und Spaß zugleich suchen. Die Welle kann im Werk von Hans Weigand
mit seinem Overkill an Bildinformationen, die stets zwischen Katastrophe und Idylle pendeln, leitmotivisch und
symbolisch betrachtet werden. Die biografische Videoarbeit "Private View" ist durch die Einblendung von
Sequenzen aus Spiel- und Dokumentarfilmen, worunter auch Boschs "Jüngstes Gericht" zu finden ist,
auf vielen Ebenen raffiniert verschachtelt. Ein weiterer Werkkomplex widmet sich dem Projekt "Life/Boat",
das 1999 gemeinsam mit Raymond Pettibon und Jason Rhoades entstanden ist. Formal dem großen Panorama im Tiroler
Landesmuseum Ferdinandeum verwandt ist sein jüngstes Werk "Marching Army", deren Helden - Künstlerkollegen
und Freunde Weigands - mit Elektrogitarren bewaffnet sind. Die Komposition wird in einer Cinemascope-artigen, raumgreifenden
Rundung präsentiert, spiegelt sich in einer reflektierenden Folie am Boden und kann von einem mobilen Zuschauerraum
aus betrachtet werden.
High und Low fließen in Hans Weigands Oeuvre stets nahtlos ineinander. Die Verschränkung unterschiedlicher
gesellschaftlicher, kultureller und sozialer Bedeutungsebenen spiegelt sich in seinen Bildfindungen im formalen
Ansatz des Collagierens und der Vermischung verschiedener Bildproduktionstechniken. So konfrontiert er gestische
Malweisen spielerisch leicht mit hyperrealistischem, fotografischem Computerdruck und verschränkt Bezüge
auf klassische Werke der Kunstgeschichte mit neuen Medien und populären Ästhetiken wie Fantasy, Psychedelik
oder Comic.
Am Vorplatz des Innsbrucker Hauptbahnhofs ist darüber hinaus bis Ende Februar 2010 Hans Weigands Arbeit für
das Kunstprojekt "7,44 x 2,60 : screen" der Tiroler Landesmuseen im öffentlichen Raum zu sehen,
in welchem KünstlerInnen jeweils für mehrere Monate eine Werbefläche bespielen. Die 7,44 x 2,60
Meter große und von innen beleuchtete Fläche dient als Schauplatz eines künstlerischen Innehaltens.
Es geht um die Positionierung von Kunst an einem Ort des Ankommens und Wegfahrens, einem Ort, an dem geworben und
beworben wird. Eine Drehscheibe der Kommunikation und Präsentation, ein Fenster zur Stadt. Nach Erik Steinbrecher,
Ernst Caramelle, Thomas Feuerstein und Christine S. Prantauer hat Weigand dafür eine eigene Arbeit geschaffen,
in der er - in Anlehnung an das Panorama im Ferdinandeum - den Betrachter in Sekundenschnelle in ein animalisch
beherrschtes und mit Denkmälern aus dem "Tiroler Freiheitskampf" besetztes und apokalyptisch anmutendes
Kriegsszenario katapultiert.
Hans Weigand wurde 1954 in Hall in Tirol geboren, er lebt und arbeitet in Wien, Berlin und Absam
bei Innsbruck. 1978-1983 studierte er an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Oswald Oberhuber.
Sein Werk wird seit 1978 kontinuierlich in internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen in Galerien und renommierten
Museen gezeigt. Auswahl: 1998 Museum Abteiberg, Mönchengladbach; 1999 MAK-Schindler House, Los Angeles; 2000
Museum Haus Lange, Krefeld; 2001 Gabriele Senn Galerie, Wien; Secession, Wien; 2002 Sammlung Hauser und Wirth,
St. Gallen; Museum Ludwig, Köln; 2003 Galerie Ascan Crone Andreas Osarek, Berlin; Gemäldegalerie der
Akademie der bildenden Künste Wien; 2005 Gallery 500 und PICA - Portland Institute of Contemporary Art, Portland/USA;
Kunstraum Innsbruck; 2008 Museum der Moderne Salzburg; Malmö Konsthall; 2009 Kunsthaus Zug. |