Ausstellung: "Hans Weigand - Panorama"   

erstellt am
25. 06. 09

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum und in der Galerie im Taxispalais von 26. Juni - 6. September 2009
Innsbruck (landesmuseum) - Hans Weigands Ausstellung "Panorama" ist eine Zusammenarbeit des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum mit der Galerie im Taxispalais. Sie präsentiert eine umfassende Werkschau des international renommierten Tiroler Künstlers. Der Ausstellungstitel bezieht sich auf eines seiner neuesten Werke, das in Anlehnung an historiografische und populärkulturelle Rundgemälde des 19. Jahrhunderts entstanden ist und im Mittelpunkt der Schau im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum steht. Mehr als 100 Jahre nach der Aufstellung des historischen Innsbrucker "Berg-Isel-Panoramas" im heutigen Gebäude in der Nähe der Kettenbrücke und unmittelbar vor dem Zeitpunkt seiner geplanten Übersiedelung auf den Berg Isel greift Weigand die Idee des Rundgemäldes auf, löst es aus seinen mythologischen Codes, definiert es um und versetzt es in die multiperspektivische, digital geprägte Gegenwart. Das ovale Format von über 30 Metern Umfang umschließt den Betrachter wie ein Bühnenbild, in dem er in schnellem, collagiertem Tempo von historischen zu aktuellen Kriegsszenarien, von Architekturvisionen über Konsummüll zu idyllischen Landschaften oder von Abbruchhalden zum "Lifestyleambiente" geführt wird. Fotografie und Malerei gehen in diesem Werk eine für Weigands Werkansatz charakteristische Symbiose ein.

Eine bedeutende Rolle neben der Malerei kommt dem interaktiven Part des Panoramas zu. Der Betrachter ist aufgefordert, über die auf einem Flatscreen eingespielte Oberfläche des Panoramas zu surfen, Schlüsselszenen ausfindig zu machen und zu entdecken, was sich in den dahinterliegenden Erlebnisräumen verbirgt. Neben den von der Filmtheoretikerin Alexandra Seibel ausgewählten Sequenzen aus unterschiedlichen Filmen und Videos setzt der Künstler auch Bildfindungen und Motive aus seinen eigenen Arbeiten ein.

In der Galerie im Taxispalais wird mit älteren und neuen Werken punktuell Einblick in die Bandbreite des Künstlers gegeben. Seit den 1970er Jahren hat sich Hans Weigand mit Malerei, Zeichnung, Computergrafik, Video, Objekt und Installation eine unverwechselbare Bildsprache erarbeitet, mit der er die Gegenwart ernst und ironisch kommentiert und interpretiert. Geprägt von seinen engen Kontakten zur kalifornischen Kunstszene sowie der Nähe zum musikalischen Underground greift er in großformatigen Bildern Sujets der Medien- und Popkultur auf. Krieg, Liebe, Gewalt, Megastadt und die Welt der Surfer verschmelzen zu kaleidoskopischen Panoramen der Gegenwart. Eine Bildserie widmet sich dem Motiv monumental schäumender, dunkler Wellen, zwischen denen winzig kleine Surfer an der Schwelle zum Überleben Kick und Spaß zugleich suchen. Die Welle kann im Werk von Hans Weigand mit seinem Overkill an Bildinformationen, die stets zwischen Katastrophe und Idylle pendeln, leitmotivisch und symbolisch betrachtet werden. Die biografische Videoarbeit "Private View" ist durch die Einblendung von Sequenzen aus Spiel- und Dokumentarfilmen, worunter auch Boschs "Jüngstes Gericht" zu finden ist, auf vielen Ebenen raffiniert verschachtelt. Ein weiterer Werkkomplex widmet sich dem Projekt "Life/Boat", das 1999 gemeinsam mit Raymond Pettibon und Jason Rhoades entstanden ist. Formal dem großen Panorama im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum verwandt ist sein jüngstes Werk "Marching Army", deren Helden - Künstlerkollegen und Freunde Weigands - mit Elektrogitarren bewaffnet sind. Die Komposition wird in einer Cinemascope-artigen, raumgreifenden Rundung präsentiert, spiegelt sich in einer reflektierenden Folie am Boden und kann von einem mobilen Zuschauerraum aus betrachtet werden.

High und Low fließen in Hans Weigands Oeuvre stets nahtlos ineinander. Die Verschränkung unterschiedlicher gesellschaftlicher, kultureller und sozialer Bedeutungsebenen spiegelt sich in seinen Bildfindungen im formalen Ansatz des Collagierens und der Vermischung verschiedener Bildproduktionstechniken. So konfrontiert er gestische Malweisen spielerisch leicht mit hyperrealistischem, fotografischem Computerdruck und verschränkt Bezüge auf klassische Werke der Kunstgeschichte mit neuen Medien und populären Ästhetiken wie Fantasy, Psychedelik oder Comic.

Am Vorplatz des Innsbrucker Hauptbahnhofs ist darüber hinaus bis Ende Februar 2010 Hans Weigands Arbeit für das Kunstprojekt "7,44 x 2,60 : screen" der Tiroler Landesmuseen im öffentlichen Raum zu sehen, in welchem KünstlerInnen jeweils für mehrere Monate eine Werbefläche bespielen. Die 7,44 x 2,60 Meter große und von innen beleuchtete Fläche dient als Schauplatz eines künstlerischen Innehaltens. Es geht um die Positionierung von Kunst an einem Ort des Ankommens und Wegfahrens, einem Ort, an dem geworben und beworben wird. Eine Drehscheibe der Kommunikation und Präsentation, ein Fenster zur Stadt. Nach Erik Steinbrecher, Ernst Caramelle, Thomas Feuerstein und Christine S. Prantauer hat Weigand dafür eine eigene Arbeit geschaffen, in der er - in Anlehnung an das Panorama im Ferdinandeum - den Betrachter in Sekundenschnelle in ein animalisch beherrschtes und mit Denkmälern aus dem "Tiroler Freiheitskampf" besetztes und apokalyptisch anmutendes Kriegsszenario katapultiert.

Hans Weigand wurde 1954 in Hall in Tirol geboren, er lebt und arbeitet in Wien, Berlin und Absam bei Innsbruck. 1978-1983 studierte er an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Oswald Oberhuber. Sein Werk wird seit 1978 kontinuierlich in internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen in Galerien und renommierten Museen gezeigt. Auswahl: 1998 Museum Abteiberg, Mönchengladbach; 1999 MAK-Schindler House, Los Angeles; 2000 Museum Haus Lange, Krefeld; 2001 Gabriele Senn Galerie, Wien; Secession, Wien; 2002 Sammlung Hauser und Wirth, St. Gallen; Museum Ludwig, Köln; 2003 Galerie Ascan Crone Andreas Osarek, Berlin; Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien; 2005 Gallery 500 und PICA - Portland Institute of Contemporary Art, Portland/USA; Kunstraum Innsbruck; 2008 Museum der Moderne Salzburg; Malmö Konsthall; 2009 Kunsthaus Zug.
     
Informationen: http://    
     
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