Österreich arbeitet an EU-Strategie für GAP nach 2013 mit
Wien (bmlfuw/aiz) - Einen harten Verteilungskampf um die EU-Finanzmittel und somit auch um die Agrargelder
für die Zeit nach 2013 erwartet Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, wie er bei einem Pressegespräch
gemeinsam mit Sektionsleiterin Edith Klauser in Wien betonte. Laut Berlakovich werden die Begehrlichkeiten der
anderen Sektoren und Länder zunehmend größer. Da die Diskussion bereits in die heiße Phase
gekommen sei, setze eine breit aufgestellte Arbeitsgruppe unter der Federführung des Ministers in Zusammenarbeit
mit den EU-Kommissionsdienststellen alles daran, an den Entscheidungen mitzuwirken und die österreichische
Position entsprechend einzubringen, so Klauser.
Unterschiedliche Interessen der Mitgliedstaaten
"An allen Ecken und Enden wird gezerrt", betonte Berlakovich im Hinblick auf die künftigen
Agrarfinanzen. "Natürlich hätten wir gerne mehr Mittel", so der Minister. Allerdings wäre
schon eine Beibehaltung des derzeitigen Niveaus ein massiver Erfolg, betonte der Ressortchef - auch im Bezug auf
die Folgen der Wirtschaftskrise. Hintergrund ist zudem, dass liberal eingestellte Mitgliedsländer, wie die
amtierende Ratspräsidentschaft Schweden sowie Dänemark und Großbritannien, eine Kürzung beziehungsweise
Umverteilung der ersten Säule der GAP (Marktordnungsmaßnahmen) in die zweite Säule (Ländliche
Entwicklung) fordern. Auf der anderen Seite verlangen die neueren Mitgliedsländer im Osten bei den Direktzahlungen
das gleiche Niveau wie in der alten EU-15. Während in Frankreich derzeit EUR 280,- pro ha gezahlt werden,
sind es in Ungarn EUR 88,-. Österreich liegt mit rund EUR 204,- knapp über dem Durchschnitt.
Die Forderung der Oststaaten sei eine "verständliche Position", betonte Berlakovich. Man müsse
allerdings die Auswirkungen bedenken, wenn ein Bauer in Rumänien beispielsweise im Vergleich zu einem Arbeiter
plötzlich unverhältnismäßig mehr verdiene. Dies könnte zu sozialen Verwerfungen im Hinblick
auf die anderen Sektoren führen, gab der Minister zu bedenken. Er sieht Sinn darin, sich an dem Einkommensniveau
der einzelnen Länder zu orientieren.
Prämien als Ausgleich für geringe Erzeugerpreise notwendig
Insgesamt betrachtet, fordert Berlakovich weiterhin eine starke erste und eine starke zweite Säule. "Ich
bin für eine kontinuierliche Weiterentwicklung, nicht für eine Kippung, weil sich das System bewährt
hat - gerade in der Krise", so Berlakovich. Die beiden Säulen seien "Träger eines Daches, unter
dem die Bauern Schutz und Sicherheit finden". Die Marktordnungsmaßnahmen seien weiterhin von großer
Bedeutung, um eine flächendeckende und nachhaltige Bewirtschaftung sicherzustellen, die gesellschaftliche
Akzeptanz finde. Auch die zweite Säule sei eine solide Basis beispielsweise mit einer Unterstützung für
die Bergbauerngebiete, die nicht über dieselben Produktionsbedingungen verfügen, wie etwa die Gunstlagen.
"Ich will eine wettbewerbsfähige, nachhaltige Landwirtschaft, die sich auf dem Heimmarkt behauptet, aber
auch im Export erfolgreich ist", so der Minister. "Wenn der Erzeugerpreis nicht genug hergibt, muss es
Prämien geben."
Im Hinblick auf wachsende globale Herausforderungen ortet der Minister gerade im Klimaschutzbereich, in der Erhaltung
der natürlichen Vielfalt, in der Versorgungssicherheit sowie in der Landschaftspflege zur Forcierung des Tourismus
wesentliche Zukunftsfelder für die Bauern.
Nur 1% der öffentlichen Ausgaben fließt in den Agrarbereich
Die vielfältigen Leistungen sollen der Bevölkerung nun verstärkt kommuniziert werden. Wichtig ist
dem Minister auch zu betonen, dass der Vorwurf, dass 50% der öffentlichen Gelder in die Landwirtschaft fließen,
nicht stimmt. Es sei zwar richtig, dass 42% der EU-Haushaltsmittel in die beiden GAP-Säulen fließen,
allerdings sei der Agrarbereich neben der Regionalpolitik der einzige EU-Sektor, der vergemeinschaftet sei. Deswegen
dürfe man die nationalen Budgets nicht außer Acht lassen. Insgesamt wird laut dem Minister nämlich
nur 1% der öffentlichen Ausgaben in Europa für die Landwirtschaft aufgewendet, in der immerhin zwischen
2 bis 4% der Bevölkerung arbeiten, ganz abgesehen von den vor- und nachgelagerten Bereichen. "Meiner
Meinung nach werden diese 1% sehr gut ausgegeben", so Berlakovich, der eine möglichst hohe Agrarbudgetausstattung
auch für 2013 erzielen will.
Derzeit gibt die Europäische Union EUR 40 Mrd. für die erste und EUR 11,3 Mrd. für die zweite GAP-Säule
aus. In Österreich sind es EUR 750 Mio. beziehungsweise EUR 1,1 Mrd., wovon EUR 800 Mio. in die Ausgleichszulage
für Bergbauern und das Agrarumweltprogramm ÖPUL fließen.
GAP-Zukunft, EU-Finanzen und benachteiligte Gebiete bis 2013 verhandeln
Dass bereits jetzt über die Agrarförderungen in der Zeit nach 2013 diskutiert wird, ergibt sich aus dem
Verhandlungsrahmen. Laut Sektionsleiterin Klauser werden grundsätzlich drei Bereiche parallel bearbeitet:
die finanzielle Vorausschau, die Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und die Gebietskulisse der sonstigen
benachteiligten Regionen. Hintergrund ist zudem, dass das Europäische Parlament (EP) durch den Lissabon-Vertrag
volles Mitspracherecht erhalten und somit in die Entscheidungen eingebunden werden soll. Um Beschlüsse zu
setzen, ist eine Verfahrensdauer von etwa 18 Monaten erforderlich, bei schwierigen Entscheidungen sogar 26 Monate.
Damit die angepasste GAP und der neue Finanzrahmen am 01.01.2014 in Kraft treten können, müssen die Rechtstexte
Mitte 2013 verabschiedet werden. Um das Mitspracherecht zu garantieren, müssen die Vorschläge wiederum
zwei Jahre zuvor und daher Mitte 2011 unterbreitet werden. "Derzeit wird ein Optionenpapier erarbeitet, das
nächstes Jahr präsentiert werden soll. Deshalb befinden wir uns bereits jetzt in der heißen Phase
der Verhandlungen", so Klauser.
Ergebnisse von "Zukunftsfeld Bauernhof" mitberücksichtigt
Der Minister wies zudem darauf hin, dass in die heimische Strategie auch die Ergebnisse der Veranstaltungen
der Initiative "Zukunftsfeld Bauernhof" eingearbeitet werden, an denen sich insgesamt rund 5.000 Bäuerinnen
und Bauern beteiligt haben. Doch nicht nur auf österreichischer Ebene laufen die Vorbereitungen, sondern auch
auf europäischer. Das Ministerium legt im Rahmen einer eigenen Arbeitsgruppe großen Wert darauf, die
heimische Position auch in Brüssel in Zusammenarbeit mit den Kommissionsdienststellen mit Nachdruck zu vertreten
und zu verankern. |