Personaldebatte um Polizei und Justiz  

erstellt am
30. 06. 09

Bandion-Ortner: Mehr Anzeigen bedeuten mehr Strafverfahren
Es braucht daher ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis und einen geschlossenen Kreislauf zwischen den Behörden zum Schutz der Bevölkerung
Wien (bmj) - Laut Beamtenministerin Heinisch-Hosek sollen nicht mehr benötigte Bedienstete bei Post und Telekom für Verwaltungs- und Schreibtätigkeiten zur Exekutive wechseln. In diesem Fall gebe es die Bitte an Ministerin Heinisch-Hosek, "das Justizressort zu berücksichtigen", wurde der "Presse" im Büro der Justizministerin erklärt.

Das Justizministerium mit Ressortchefin Claudia Bandion-Ortner meldete angesichts der jüngsten Pläne von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ebenfalls die Forderung nach mehr Personal an, berichtete die "Presse" in ihrer Ausgabe vom 26.6. Wenn es mehr Beamte für das Innenministerium gibt, sieht auch das Justizressort seinen Wunsch nach zusätzlichen Bediensteten als berechtigt an. Konkret könnten damit die Justizwache und die Kanzleikräfte bei den Gerichten aufgestockt werden. Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) erteilte den Wünschen des Justizressorts eine Absage. "Nein, das steht nicht zur Debatte. Jetzt geht es um die Polizei", sagte sie der "Kleinen Zeitung" (Ausgabe vom 27.6).Der Justizstellenplan werde ohnehin "sehr moderat" abgebaut, ergänzt ihre Sprecherin in der "Wiener Zeitung".

Justizministerin Bandion-Ortner nahm in einer Presseaussendung am 28.6. zu den Aussagen von Heinisch-Hosek Stellung: "Effektive Kriminalitätsbekämpfung und wirksamer Schutz der Bevölkerung setzen einen geschlossener Kreislauf zwischen der Arbeit der Polizei und den Justizbehörden voraus" so Bandion-Ortner, die das Vorhaben, zum Schutz der Bevölkerung bis zum Jahr 2013 um 2000 statt der bisher im Regierungsprogramm vorgesehen Polizisten aufzustocken, unterstützt.

"Allerdings", so die Ministerin, "kann die höhere Sicherheit auf der Strasse nur dann erreicht werden, wenn Anzeigen nicht auf den Schreibtischen liegen bleiben, sondern von den Justizbehörden weiter bearbeitet werden und zu Verurteilungen führen. Die Arbeit der Polizei passiert nicht im Vakuum. Mehr Polizisten bedeuten mehr Anzeigen. Mehr Anzeigen bedeuten mehr Strafverfahren. Es braucht daher ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis und einen geschlossenen Kreislauf zwischen den Behörden zum Schutz der Bevölkerung und zum Nutzen der rechtsuchenden Bevölkerung. Dies wurde auch immer wieder durch diverse wissenschaftliche Studien untermautert."

Die Aussagen von Bundesministerin Heinisch-Hosek dass es nun nur um die Polizei ginge, zeugten von fehlendem Problembewusstsein: „Die Wirtschaftskrise verschärft die Situation zusätzlich. Hinzu kommen wieder steigende Häftlingszahlen, die die angespannte Lage in den Justizanstalten weiter verschärfen" so die Ministerin, die die Beamtenministerin eingeladen hat sich bei einem Besuch einer Justizanstalt am 6. Juli 2009 selbst davon zu überzeugen.

Schließlich sei die Justiz über die Jahre immer ein sehr sparsames Ressort gewesen. Hinzu komme, dass kürzlich bereits ein umfassendes Paket zur Steigerung der Effektivität und Beseitigung von Doppelgleisigkeiten zur Entlastung der Mitarbeiter der Justiz beschlossen wurde. „Das allein wird nicht ausreichen. Daher wird an weiteren justizinternen Maßnahmen gearbeitet, um den geforderten Abbau von 169 Planstellen bis 2013 bewältigen zu können" so die Bandion-Ortner: "Die Idee nicht benötigte Post- und Telekom Mitarbeiter für den Verwaltungsdienst einzusetzen darf sich daher nicht nur auf die Polizei beschränken. Alles andere wäre verantwortungslos" appellierte die Ministerin an ihre Kollegin Heinisch-Hosek.

Am 29.6. hat die Justizministerin anlässlich eines Arbeitsgesprächs mit dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll ihre Bitte wiederholt, "nicht auf die Justiz zu vergessen". Es gehe um die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Justiz, die als "Zwillingsressort" zum Innenministerium ebenfalls die Sicherheit gewährleiste. Protest gegen Heinisch-Hosek kam auch von der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter. Erforderlich seien Aufstockungen im Personalbereich und nicht "verantwortungsloses Reduzieren von Ressourcen nach dem Rasenmäherprinzip".

Bandion-Ortner verwies darauf, dass Straf- und Zivilverfahren, es gebe u.a. mehr Insolvenzen, ansteigen würden. Den Frieden innerhalb der Koalition sieht die Ministerin dadurch aber nicht gefährdet: "Es wird immer Diskussionen geben", sagte sie gegenüber der APA. Sie hoffe nun auf die Unterstützung der anderen Ressorts, denn die Sicherheit müsse im Vordergrund stehen. 

 

Heinisch-Hosek: Personal in anderen Ressorts aufzustocken, steht nicht zur Debatte
Mehr Polizistinnen und Polizisten zur Kriminalitätsbekämpfung auf die Straße bringen, hat oberste Priorität
Wien (bbd) - In Reaktion auf die Forderungen von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner nach Personal für die Justiz aus Post- und Telekom sagte Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, es gebe Spielraum für Notfälle im Stellenplan. Diesen Spielraum gelte es jetzt zu nützen, um mehr Polizistinnen und Polizisten zur Kriminalitätsbekämpfung auf die Straße zu bringen. "Dieser Auftrag des Bundeskanzlers hat oberste Priorität. Personal in anderen Ressorts aufzustocken, steht nicht zur Debatte", so die Ministerin weiter.

Heinisch-Hosek verwies auf den mit dem Budget beschlossenen Stellenplan. Die Personalverhandlungen mit dem Justizressort seien besonders schwierig gewesen. Man habe sich auf moderate Einsparungen von jährlich knapp 40 Planstellen bis 2013 geeinigt. Diese Vereinbarung sei auch einzuhalten. "Ich stehe zur gemeinsamen Vereinbarung und sehe keinen Grund, den Stellenplan aufzuschnüren", so die Ministerin weiter. Im Übrigen seien heute mehr Richterinnen und Richter in der österreichischen Justiz tätig als noch vor 10 Jahren.

Was die Lockerung des Versetzungsschutzes im öffentlichen Dienst anlangt, sagte Heinisch-Hosek, dass der Bund auf das Prinzip Freiwilligkeit setze. "Mit Zwang ist gar nichts zu erreichen. Auf- und Umsteigen im Bundesdienst ist schon heute eine Normalität. Dabei setzten wir auf gute Beratung, Motivation sowie entsprechende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen". Die bestehende Jobbörse werde laufend weiterentwickelt, Jobrotationen würden regelmäßig stattfinden und eine moderne nachhaltige Personalentwicklung habe oberste Priorität, sagte die Beamtenministerin abschließend.

 

Haimbuchner: "Mehr Flexibilität vom Beamtensystem einfordern!"
FPÖ unterstützt Aussagen des Rechnungshofpräsidenten
Wien (fpd) - "Von Beamten muss in Zukunft vermehrt Flexibilität eingefordert werden. Dort wo der Staat das Personal benötigt, werden die Staatsdiener ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden müssen. Die FPÖ unterstützt die dahingehenden Aussagen des Rechnungshofpräsidenten Dr. Moser voll und ganz", erklärte FPÖ-Rechnungshofsprecher NAbg. Dr. Manfred Haimbuchner.

"Beispielsweise wären zahlreiche Justizwachebeamte und Bundesheersoldaten bereit, zum Polizeidienst zu wechseln. Die Umschulung dieser Beamten würde nicht so lange dauern, wie die gänzliche Ausbildung neuer Polizisten. Trotz dieses Umstands war das System aufgrund der mangelnden Effizienz bis jetzt nicht in der Lage, diese Umschulungen zu organisieren", so Haimbuchner weiter.

"Angesichts der Wirtschaftskrise und der drohenden Rekordverschuldung des Staates müssten eigentlich Überlegungen dahingehend gemacht werden, gewisse Hemmnisse, wie zum Beispiel den Versetzungsschutz der Beamten, aufzuheben. Das wird besonders dann notwendig, wenn angesichts der Krise der Staat oft gleich flexibel und rasch reagieren muss, wie ein Unternehmen der Privatwirtschaft. Der Steuerzahler hat ein Recht auf eine effiziente und sparsame Verwaltung, sowie mehr Flexibilität in der öffentlichen Verwaltung", schloss Haimbuchner.
 

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