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Familienrecht den gesellschaftlichen Realitäten anpassen |
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In ihrer Rede vor dem Plenum des Nationalrates umriss Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner
die Grundzüge des Familienrechtsänderungsgesetzes. Wien (bmj) - Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauerrängen! Familienrecht ist nichts Statisches, sondern etwas Bewegliches; es muss sich den gesellschaftlichen Realitäten anpassen. Die Zahlen wurden heute schon von Frau Abgeordneter Binder-Maier genannt; ich möchte zwei wiederholen: Es gibt insgesamt über 300 000 Lebensgemeinschaften und es gibt fast 76 000 Patchworkfamilien, also Familien mit Kindern aus früheren Beziehungen. Genau dieser Realität entspricht jetzt die Reform: Patchworkfamilien werden sozusagen vom Gesetzgeber aufgenommen, sie werden akzeptiert. Den verheirateten Patchworkeltern werden gewisse Rechte und Pflichten, die im Alltag erforderlich sind, eingeräumt. In den letzten Wochen wurde immer wieder deponiert, dass es doch nicht sein könne, dass der Lebensgefährte, der leibliche Vater, der mit der Kindesmutter in Lebensgemeinschaft lebt, weniger Rechte hat als der verheiratete Stiefvater. – Ja, diese Kritik klingt auf den ersten Blick gesehen eigentlich plausibel, nur muss man sich das jetzt genauer anschauen. Einerseits ist es ja so, dass man natürlich die gemeinsame Obsorge für das gemeinsame leibliche Kind beantragen kann – und dann hat man noch viel mehr Rechte, als der verheiratete Stiefvater oder die verheiratete Stiefmutter –, andererseits muss man sich fragen, wieso man eigentlich nicht heiratet, wenn man zusammen leben will. – Es ist deswegen, weil die Leute eben ungebunden sein wollen, vor allem keine Pflichten haben wollen, aber daher natürlich auch keine Rechte haben. Man kann wirklich darüber diskutieren, wie es mit der Lebensgemeinschaft weitergeht – eine Definition im ABGB finden et cetera –, aber es ist keine einfache Sache, und ich glaube, man muss auch herausfinden, was die Leute eigentlich wollen. Ich habe gestern zufälligerweise auf einer Postkarte einen Spruch gelesen, der sehr gut zu der Thematik passt. Darauf stand: Heirate oder heirate nicht, du wirst beides bereuen. – Insofern wird man also sehen, was die Zukunft bringt. Wir werden uns das noch genau anschauen. Jedenfalls wurde den Lebensgemeinschaften auch durch die Reform mehr Wertigkeit zuerkannt, und zwar deswegen, weil nun Lebensgefährten die Möglichkeit haben, sich zum Beispiel in einem Zivilprozess der Aussage zu entschlagen, genauso wie Patchworkkinder jetzt diese Möglichkeit haben. Was hat sich noch geändert? – Es wurde auch schon angeführt: Im Adoptionsrecht hat es Änderungen gegeben, aber ich will nicht alles wiederholen, was ohnehin schon gesagt wurde. Ganz wichtig ist auch die Modernisierung der Ehepakte: Bis jetzt war es nur möglich, Vorausvereinbarungen zu treffen, was die ehelichen Ersparnisse betrifft, jetzt kann man auch über das eheliche Gebrauchsvermögen Vereinbarungen treffen und auch über die Ehewohnung, und trotzdem ist gewährleistet, dass der schwächere Teil nicht unter die Räder kommt. Das Gericht kann unter bestimmten Umständen – in einer unzumutbaren Situation – diesen Ehepakt auflösen. Außerdem wird das ABGB ein bisschen entrümpelt – das ist der erste Schritt, würde ich einmal sagen: Die Morgengabe, die Widerlage, der Witwengehalt sind Dinge, die jetzt aus dem Gesetzt entfernt wurden, weil sie einfach totes Recht waren. – Es hindert Sie natürlich niemand, wenn Sie heiraten wollen, Ihrer Ehegattin am Morgen ein Geschenk zu überreichen! Die Beratung im Zuge von Scheidungen ist auch noch ein wesentlicher Punkt: Es soll jetzt, wenn jemand sich noch nicht hat beraten lassen, diese Person die Möglichkeit erhalten, doch noch eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Das Gericht muss daher die Verhandlung zu diesem Zweck vertagen. Das waren die wichtigsten Eckpunkte des Familienrechtspaketes. Es war sicherlich ein erster Schritt und ich gebe zu, da ist noch einiger Bedarf vorhanden. Was den Unterhaltsvorschuss betrifft, Herr Abgeordneter Scheibner, fällt mir gerade Folgendes ein: Es wird immer verlangt, Unterhaltsvorschuss auch dann zu gewähren, wenn kein Unterhaltsanspruch besteht. Das kann ich nicht machen! Das ist eine Frage der Mindestsicherung, der Grundsicherung, und dafür sind die Länder zuständig. Insgesamt allerdings ist dieses Paket, so glaube ich, ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch bei meinen Vorgängerinnen, bei Karin Gastinger und Maria Berger, bedanken, die gemeinsam mit meinen sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesministerium für Justiz sehr viele Vorarbeiten geleistet haben. – Danke vielmals. |
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Informationen: http://www.bmj,gv,at | ||
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