Prammer: "Weg frei für weitere Geste an Opfer des NS-Regimes"
Wien (pk) - In der Sitzung des Kuratoriums des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer
des Nationalsozialismus wurden am 07.07. von den Mitgliedern einstimmig die endgültigen Auszahlungsquoten
festgelegt. Diese Quoten regeln den Anteil der festgestellten Verluste, die tatsächlich ausbezahlt werden.
Diese belaufen sich – je nach Verfahrensart – auf insgesamt 10,5 % im Forderungsverfahren, auf 20,74 % für
Versicherungen und auf 17,16 % im Billigkeitsverfahren. Im Forderungsverfahren konnten Ansprüche für
Betriebe, Liegenschaften, Kapital und bewegliches Vermögen geltend gemacht werden. Im Billigkeitsverfahren
konnten berufs- und ausbildungsbezogene sowie sonstige Verluste nach erleichterten Beweisstandards beantragt werden.
Insgesamt wurden Forderungen in Höhe von rund 1,5 Milliarden US-Dollar angemeldet.
Die Schlusszahlungen bilden die letzte Zahlung, die Opfer des Nationalsozialismus bzw. deren Erben aus dem mit
210 Millionen US-Dollar dotierten Allgemeinen Entschädigungsfonds erhalten. Dieser war 2001 im Zuge des Washingtoner
Abkommens von der Republik Österreich eingerichtet worden und leistet Entschädigungszahlungen in unterschiedlichen
Kategorien.
"Obwohl ich mich sehr freue, dass wir endlich mit den Schlusszahlungen beginnen können, bleibt auch diese
aliquote Zahlung eine bloße Geste, die im übrigen viel zu spät kommt", stellt Nationalratspräsidentin
und Vorsitzende des Kuratoriums Barbara Prammer fest. Die für den Fonds bereitgestellten Mittel würden
es nicht ermöglichen, alle Verluste, die berechnet wurden, an die Opfer auszubezahlen. "Leider war das
Ausmaß der nicht entschädigten Vermögen im Jahr 2001 in dieser Form nicht bekannt, auch die Rückstellungsgesetzgebung
der Nachkriegszeit ist hier sehr mangelhaft", erläutert Prammer.
Sie plädiere daher dafür, diese monetäre Leistung nicht als vollständige Entschädigung
zu sehen. "Wir können diesen Menschen niemals das zurückgeben, was ihnen genommen wurde. Die Republik
Österreich setzt mit dieser Zahlung – nach den Zahlungen aus dem Nationalfonds sowie der Mietrechtsentschädigung
– ein weiteres Zeichen der Verantwortung gegenüber den Opfern. All das basierend auf dem antifaschistischen
Konsens dieser Republik, der nicht in Frage gestellt werden darf", so Prammer weiter.
Bereits 2005 waren Vorauszahlungen ermöglicht worden, für die unterschiedlichen Verfahrensformen wurden
damals so genannte Vorauszahlungsquoten festgelegt. Diese werden bereits seit 2005 an die Antragstellerinnen und
Antragsteller ausgezahlt.
Prinzipiell sieht der Fonds laut Gesetz eine aliquote Auszahlung der 210 Millionen US-Dollar nach Entscheidung
aller eingelangten Fälle vor. Derzeit sind noch rund 160 von insgesamt rund 20.700 Anträgen offen. "Wir
standen Anfang diesen Jahres vor der Situation, dass diese wenigen noch nicht abgeschlossenen Fälle uns Schlusszahlungen
im Rahmen des Gesetzes nicht möglich machten", erklärt Prammer.
Da diese wenigen Fälle aber hochkomplex und oft nur durch internationale Recherchen zu lösen seien, hätte
dies eine unverhältnismäßige Verzögerung für die hoch betagten Antragsteller/innen bedeutet.
"Ich bin sehr froh, dass alle Fraktionen daher zugestimmt haben, die Schlusszahlungen für alle entschiedenen
Fälle bis zum Stichtag 1. Juli 2009 ab sofort anzuweisen", so Prammer. Hierzu war es notwendig, die endgültige
Quote im Vergleich zu den Vorauszahlungsquoten zu ermitteln. Diese wurde heute im Kuratorium, dem sowohl das Präsidium
des Nationalrats und Vertreter/innen der Bundesregierung als auch Opferverbände und Repräsentanten der
Religionsgemeinschaften angehören, nach Vorlage eines Berichts des Antragskomitees beschlossen.
Einmal mehr wies die Präsidentin des Nationalrats in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit von Gedenkprojekten
und Initiativen an Schulen und gerade auf kommunaler Ebene hin, um diese Zeit nicht in Vergessenheit geraten zu
lassen. "Die Geschichte des Nationalsozialismus ist unsere Geschichte. Wir müssen uns dieser Geschichte
stellen und daraus jede Verantwortung übernehmen. Vor allem wird es darum gehen, aus dieser Geschichte für
unser heutiges Zusammenleben und die weitere Entwicklung unserer Demokratie zu lernen", so Prammer abschließend.
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