Bank Austria Konjunkturindikator steigt im Juni weiter, jedoch noch immer im Minus – Lage in der
Exportwirtschaft entschärft sich erstmals seit einem halben Jahr
Wien (ba) - Die Stabilisierung der Konjunkturlage in Österreich schreitet voran. "Im Juni ist
der Bank Austria Konjunkturindikator auf minus 1,7 Punkte gestiegen und hat damit innerhalb eines Monats die deutlichste
Aufwärtsbewegung seit mehr als 15 Jahren vollzogen. Nur nach der Rezession 1993 ist die Zunahme noch etwas
stärker ausgefallen", sagt der stellvertretende Chefökonom der Bank Austria Stefan Bruckbauer. Doch
nicht nur die Stärke des aktuellen Trends versprüht zumindest vorsichtigen Optimismus, sondern auch,
dass alle Teilkomponenten des Indikators nach oben zeigen. Besonders deutlich hat sich die Stimmung der österreichischen
Konsumenten verbessert. Nach dem dramatischen Einbruch im Winter hat sie sich nun wieder, begünstigt durch
die Steuerreform, auf das Niveau vom Herbst vorigen Jahres eingependelt, als der Ausbruch der Wirtschaftskrise
einsetzte. Auch die internationalen Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft beginnen sich kontinuierlich
zu verbessern. Die europäische Industrie blickt mit mehr Zuversicht nach vorne. Vor allem in den wichtigsten
Abnehmerländern österreichischer Exportgüter, allen voran Deutschland, aber auch Italien und Frankreich
hat sich das Industrievertrauen verbessert. Auch in einigen osteuropäischen Nachbarländern wie in Slowenien
und der Slowakei ist das Stimmungsbarometer der Sachgütererzeuger wieder nach oben geklettert. Die Entwicklung
der heimischen Geschäftserwartungen hinkt jener in anderen europäischen Ländern zwar etwas hinterher,
dennoch ist mittlerweile den dritten Monat in Folge eine Verbesserung zu erkennen. "Der Bank Austria Konjunkturindikator
hat sein historisches Tief vom ersten Quartal 2009 mittlerweile überwunden und steigt kontinuierlich und kräftig
an. Der Konjunkturtiefpunkt steht der österreichischen Wirtschaft zwar noch bevor, der Rückgang der Wirtschaft
bremst sich mittlerweile jedoch bereits kräftig ein", so Bruckbauer.
Auslandsnachfrage vor Trendwende
Hinter der verbesserten Stimmung in der Industrie stehen bereits erste handfeste Zahlen. "Die jüngsten
saisonbereinigten Exportdaten vom April zeigen erstmals seit mehr als einem halben Jahr nach oben. Die Nachfrage
aus dem Ausland beginnt sich langsam zu erholen, nachdem das Ausfuhrvolumen seit September vorigen Jahres Monat
für Monat gesunken und mittlerweile auf das Niveau von Anfang 2005 gefallen ist", sieht Bank Austria
Ökonom Walter Pudschedl einen ersten Silberstreifen am Konjunkturhorizont. Der asiatische Raum ist dabei auf
dem Weg sich als Konjunkturlokomotive vor den globalen Zug zu spannen. Die österreichischen Exporte nach Indien,
China aber auch Korea entwickeln sich jedenfalls relativ günstig. Zwar muss sich in den kommenden Monaten
die Trendwende im Außenhandel erst noch bestätigen, die Erwartung, dass sich in der laufenden Jahreshälfte
die Konjunkturlage stabilisiert und ihren Tiefpunkt erreicht, haben sich mit den jüngsten Daten jedoch eindeutig
erhöht.
Eine nachhaltige Verbesserung der Exportsituation ist für den weiteren Konjunkturverlauf entscheidend, da
mit zunehmender Dauer der Krise die Gefahr steigt, dass der private Konsum seine bisherige Rolle als stabilisierender
Faktor nicht mehr länger wahrnehmen kann. Trotz der Tiefstwerte beim Verbrauchervertrauen hat sich der private
Konsum bzw. der Einzelhandel als Indikator bislang als Fels in der Konjunkturbrandung erwiesen. Im Mai haben sich
jedoch Schwächesignale gezeigt, der Einzelhandel ist saisonalbereinigt erstmals im laufenden Jahr zurückgegangen.
Der Rückenwind durch die Steuerreform und die Öko-Prämie für KFZ-Neukauf wird schwächer
bzw. hat ganz aufgehört. Die Verschärfung der Lage am Arbeitsmarkt wird zur immer stärkeren Belastung
für den privaten Konsum. "Für 2009 erwarten wir eine durchschnittliche Zunahme der Anzahl der Arbeitslosen
um rund 60.000 und 2010 um weitere 40.000. Die Arbeitslosenquote wird damit auf 7,6 Prozent 2009 bzw. 9 Prozent
im nächsten Jahr steigen", meint Pudschedl. Der private Konsum wird angesichts dieser Rahmenbedingungen
2009 sogar sinken, zumal aus Vorsichtsgründen mit einem Anstieg der Sparquote zu rechnen sein wird.
Die niedrige Inflation wird vorläufig die reale Einkommenssituation unterstützen. In den nächsten
Monaten werden die Verbraucherpreise im Durchschnitt weiter stagnieren bzw. im Jahresvergleich sogar geringfügig
sinken. "Vorläufig ist die niedrige Inflation positiv für die Konjunktur und kein Zeichen von Deflation.
Mittelfristig gibt es jedoch weiterhin ein Deflationsrisiko für Europa, was sich dann fatal auf die Konjunktur
auswirken würde", meint Bruckbauer.
Rezession nähert sich nur langsam dem Ende
Nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria wird die Rezession in der österreichischen
Wirtschaft noch einige Monate andauern. Im Spannungsfeld erster günstigerer Zahlen aus der Exportwirtschaft
und des durch sinkende Beschäftigung und zurückhaltende Realeinkommensentwicklung zunehmend geschwächten
Konsums ist eine rasche und kräftige Erholung unwahrscheinlich. "Da sich der Aufwärtstrend des Bank
Austria Konjunkturindikators in den vergangenen zwei Monaten bereits in harten Konjunkturdaten widerspiegelt, erwarten
wir, dass nach dem starken Einbruch der Wirtschaft um 2,6 Prozent zum Jahresbeginn, der Rückgang des BIP im
zweiten Quartal nur noch 0,5 Prozent zum Vorquartal betragen hat", meint Bruckbauer und ergänzt: "Erst
nach dem Jahreswechsel wird die internationale Nachfrage ausreichen, um die österreichische Wirtschaft wieder
auf einen – allerdings zähen - Wachstumspfad zu bringen." Da die jüngsten Daten das bisherige Konjunkturbild
bestätigen, gehen die Ökonomen der Bank Austria weiterhin von einem Schrumpfen des BIP um 3,5 Prozent
2009 und 0,3 Prozent im nächsten Jahr aus. |