Finanzverhalten privater Haushalte Geldvermögensbildung und Finanzierung im ersten Quartal
2009
Wien (oenb) - Private Haushalte investierten im ersten Quartal 2009 in Finanzanlagen in Höhe
von 4,5 Mrd Euro bzw. in den letzten vier Quartalen 18,8 Mrd Euro - dies signalisiert eine anhaltend hohe Bereitschaft
zum Sparen. Das Finanzvermögen der privaten Haushalte stieg bis Ultimo März 2009 auf fast 420 Mrd Euro.
Vor die Wahl gestellt in welche Veranlagungsformen private Haushalte investieren sollten, entschied sich die Mehrzahl
der Anleger im ersten Quartal 2009 für die Erhöhung von Bargeld- und Einlagenbeständen (3,8 Mrd
Euro), gefolgt von einer Erhöhung der Ansprüche gegenüber Lebensversicherungen und Pensionskassen
(0,8 Mrd Euro) und dem Kauf von börsennotierten Aktien (0,2 Mrd Euro). Netto verkauft wurden hingegen von
den Privatanlegern verzinsliche Wertpapiere einschließlich Bankanleihen und Investmentzertifikate. Die Neuverschuldung
der privaten Haushalte war per Saldo leicht rückläufig (-0,6 Mrd Euro), wobei vor allem Konsum- und sonstige
Kredite netto getilgt wurden. Die Verschuldung der privaten Haushalte lag Ende März 2009 bei rund 148 Mrd
Euro.
Die Höhe der Geldvermögensbildung im ersten Quartal 2009 reflektierte den hohen Zuwachs der Ersparnisse
in Relation zum verfügbaren Einkommen vor dem Hintergrund einer geringen Inflation (HVPI März 0,6%),
aber einer gegenüber 2008 steigenden Arbeitslosequote (März 4,3% nach EU-Konzept). Private Haushalte
investierten in Finanzanlagen 4,5 Mrd Euro, das ist ein Prozent des Geldvermögens zum Jahresultimo 2008. Die
Veranlagungstätigkeit im ersten Quartal 2009 fand im Umfeld fallender Leitzinsen statt, die auch auf die Interbankzinssätze
und auf die Bankenzinssätze im Kundenneugeschäft wirkten. Die internationalen Aktienmärkte gaben
weiter nach, wenngleich einzelne Aktien an der Wiener Börse im Laufe des ersten Quartals sogar deutliche Zugewinne
verzeichnen konnten.
Der "Sicherheitsgedanke" dürfte ein vorherrschendes Motiv für die Wahl der Veranlagungsform
gewesen sein, weshalb Bankeinlagen um insgesamt 3,6 Mrd Euro stiegen und damit 80% der Neuveranlagung in dieses
Segment flossen. Die intensive Nutzung dieser Veranlagungsform seit Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2007 setzte
sich damit fort. Seit Mitte 2007 wurden in Bankeinlagen 21,8 Mrd Euro bzw. 70% der gesamten Geldvermögensbildung
platziert. Die privaten Haushalte veranlagten - im Gegensatz zu 2008 - verstärkt in Sichteinlagen (zum Teil
aus Umschichtungen von Termineinlagen). Der Zuwachs betrug zwischen Jänner und März 2009 2,0 Mrd Euro.
Zusätzlich wurden die Spareinlagen im ersten Quartal 2009 um 3,0 Mrd Euro (inklusive aufgelaufener Einlagenzinsen)
erhöht. Die sinkende Inflation ermöglichte trotz des nominellen Rückgangs der Zinsen eine reale
Verzinsung zwischen 1,5% und 2% im ersten Quartal 2009.
Weit weniger waren private Haushalte an handelbaren Wertpapieren interessiert, die von den privaten Investoren
im ersten Quartal 2009 per Saldo um 0,8 Mrd Euro verkauft wurden. Damit setzte sich der Nettoverkauf aus dem vierten
Quartal 2008 fort. Seit Ausbruch der Finanzkrise wurden Wertpapiere per Saldo im Umfang von 1,7 Mrd Euro erworben.
Private Haushalte verkauften im ersten Quartal 2009 verzinsliche Wertpapiere - vor allem Bankanleihen - in Höhe
von 0,6 Mrd Euro. Dami t gaben Privatanleger seit der Verschärfung der Finanzkrise im Oktober 2008 per Saldo
Bankanleihen ab, die in den Quartalen zuvor noch als zweites Standbein neben Einlagen in das Portefeuille aufgenommen
wurden. Gleichzeitig wurden im ersten Quartal 2009 Bundesschatzscheine im Wert von 100 Mio Euro wieder verkauft,
die noch im vierten Quartal 2008 massiv gekauft wurden. Ungeachtet der laufenden Talfahrt auf den internationalen
Aktienbörsen, kauften Privatinvestoren bis zum ersten Quartal 2009 tendenziell Aktien zu. So wurden diese
Titel im ersten Quartal 2009 um 200 Mio Euro und seit Ausbruch der Finanzkrise kumuliert um rund 1,2 Mrd Euro gekauft.
Die größten Kauforders kamen für inländische Unternehmensaktien. Wie schon seit Ausbruch der
Finanzkrise wurden auch im ersten Quartal 2009 Investmentzertifikate verkauft (600 Mio Euro), wobei der größte
Teil auf Anteile von inländischen gemischten Fonds (300 Mio Euro) entfiel.
Das Wertpapierportefeuille der Privatanleger verzeichnete - im Vergleich zum zweiten Semester 2008 - einen moderaten
Bewertungsverlust von 0,8 Mrd Euro (rund 1% des gesamten Marktwertes) , der vor allem auf Kursverluste von Aktien
und Aktienfonds zurückzuführen ist. Kursanstiege auf den Aktienmärkten im zweiten Quartal 2009 glichen
allerdings Teile der in den letzten Quartalen verzeichneten buchmäßigen Kursverluste wieder aus.
Die für die langfristige Absicherung (einschließlich als Tilgungsträger) für endfällige
Kredite verwendeten Ansprüche aus Lebensversicherungen und gegenüber betrieblichen Pensionskassen stiegen
transaktionsbedingt im ersten Quartal 2009 um 0,8 Mrd Euro an.
Das Finanzvermögen der österreichischen Privatanleger erreichte zum Ultimo März 2009 einen Marktwert
von rund 419,4 Mrd Euro, ein Plus von knapp einem Prozent gegenüber dem Ultimo Dezember 2008.
Private Haushalte tilgten im ersten Quartal 2009 volumenmäßig mehr Kredite als sie neu aufnahmen, wodurch
per Saldo die Kreditfinanzierung um 0,6 Mrd Euro zurückging. Der größte Teil ist auf Nettotilgungen
von Bankkrediten im Inland zurückzuführen. Wie die Zahlen zum Neukreditgeschäft der Banken zeigen,
sind die Kreditaufnahmen allerdings nicht zum Erliegen gekommen: Private Haushalte nahmen im ersten Quartal 2009
Wohnbaukredite um rund 2,2 Mrd Euro neu auf (und tilgten in nahezu gleicher Höhe ausstehende Kredite), während
Konsum- und sonstige Kredite zwar ebenfalls um rund 2,1 Mrd Euro erhöht wurden, die Tilgungen aber 2,7 Mrd
Euro ausmachten.
Die Verpflichtungen der privaten Haushalte erreichten zum Ultimo März 2009 einen Wert von 148,2 Mrd Euro bzw.
53% des BIP. Sowohl die Nettotilgungen als auch der gesunkene Wechselkurs bei aushaftenden Krediten in Schweizer
Franken und japanischen Yen führten zu einem Rückgang der Verpflichtungen um 1,4 Mrd Euro. Wohnbaukredite
dominierten mit einem Anteil von 63% die Verschuldungsposition der privaten Haushalte. Von den aushaftenden Bankkrediten
zum Ultimo März 2009 in Höhe von 126 Mrd Euro entfielen 36,7 Mrd Euro auf in Fremdwährung denominierte
Kredite. Endfällige Kredite machten zu diesem Stichtag 44,3 Mrd Euro aus, wovon 30,6 Mrd Euro auf Kredite
in Fremdwährungen entfielen. Kredite, die mit Tilgungsträgern - zu 80% in Form von Lebensversicherungen
- unterlegt sind, hatten zum Ultimo März 2009 ein Volumen von 30,6 Mrd Euro (davon rund 27 Mrd Euro in aushaftenden
Fremdwährungskrediten).
Die Nettovermögensposition erhöhte sich von 266,4 Mrd Euro zum Jahresultimo 2008 um knapp 2% auf 271,2
Mrd Euro zum Ultimo März 2009. |