Nach Interview Rücktritt Nationalratspräsident Graf gefordert  

erstellt am
27. 07. 09

Interview in "Die Presse am Sonntag"
Graf fordert Volksabstimmung zur Rückkehr Südtirols zu Österreich
Wien (die presse) - Der Dritte FPÖ-Nationalratspräsident Martin Graf will sich nicht damit abfinden, dass Südtirol zu Italien gehört. Das Selbstbestimmungsrecht müsse auch für die "deutsche Bevölkerung" Europas gelten.

Martin Graf, Dritter Nationalsratspräsident der FPÖ, fordert eine Volksabstimmtung zur Rückkehr Südtirols zu Österreich. Das sagt er in einem Interview mit der "Presse am Sonntag".

"Südtirol ist ein Teil des gesamten Tirol", so Graf, das "derzeit" eben italienisches Territorium sei. Dennoch glaube er an das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" und sei der Meinung, dass den Südtirolern seit dem Zuschlag an Italien nach dem Ersten Weltkrieg das Selbstbestimmungsrecht vorenthalten werde. Es sei an der Zeit, die Bevölkerung zu fragen, "ob es ein Tirol geben soll".

Indirekt vergleicht Graf im Gespräch mit der Zeitung Italien mit der DDR zur Zeit des Mauerfalls. Auch im Frühjahr 1989 sei man noch der festen Überzeugung gewesen, dass der Arbeiter- und Bauernstaat nicht mehr zur Bundesrepublik gehöre. Im Gegenzug sei das Verhalten des demokratischen Italien gegenüber der deutschen Bevölkerung in Südtirol durchaus mit jenem nichtdemokratischer Staaten vergleichbar.

Die Stellung Österreichs als "Schutzmacht" der deutschen Mehrheitsbevölkerung in Südtirol will Graf mit der Einrichtung eines dauerhaften Südtirol-Ausschusses im Parlament ausbauen.

   
Rudas: Provokationen haben System
Permanente Unruhestiftung muss beendet werden
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas sieht sich durch die neuerlichen entbehrlichen Wortspenden des Dritten Nationalratspräsidenten in ihrer ablehnenden Haltung zu Martin Graf bestätigt. "Seine Provokationen haben System und sind inakzeptabel." Rudas begrüßt daher, dass mit Ex-Nationalratspräsident Andreas Khol nun auch ein prominenter ÖVP-Politiker klare Worte findet und Graf zum Rücktritt auffordert. "Ich würde mir wünschen, dass auch der Rest der ÖVP eine so klare Haltung einnimmt und die permanente Unruhestiftung des Herrn Graf endlich beendet", so Rudas gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Weder die Nord-, noch die Südtiroler würden für ihre Anliegen die Zurufe eines populistischen Politikers benötigen, der damit nur politisches Kleingeld wechseln wolle. "Niemand in Österreich hat Interesse an politischen Zündeleien", so Rudas abschließend.

 

Gahr: Volksabstimmungen stehen nicht zur Diskussion und entbehren jeder Realität
Eckpunkte unserer Südtirol-Politik sind das Autonomiestatut und die Schutzmachtfunktion Österreichs
Wien (övp-pk) - "Die Forderungen nach Volksabstimmungen stehen nicht zur Diskussion und entbehren jeder Realität", betont ÖVP-Südtirol-Sprecher und Abg.z.NR Hermann Gahr zu den Aussagen des Dritten Nationalratspräsidenten Graf im "Presse"-Interview. "Die Eckpunkte unserer Südtirol-Politik sind das Autonomiestatut und die Schutzmachtfunktion Österreichs. Österreich nimmt diese auch sehr ernst und wird diese auch in Zukunft wahrnehmen", stellt Gahr weiters klar.

Der ÖVP-Südtirol-Sprecher verweist dabei auch auf die Aussagen des Südtiroler Landeshauptmannes Luis Durnwald, der die Ansichten von Graf als "unrealistisch und unverantwortlich" zurückgewiesen hat. "In den vergangenen Jahren wurde über das Autonomiestatut in Südtirol sehr viel erreicht", betont Gahr, und ergänzt weiter: Südtirol habe heute eine Situation, wo sie viele Vorteile mitnehmen könne, wie beispielsweise bei Steuererrückflüssen und Eigenverantwortung in der öffentlichen Verwaltung. "Durch die gemeinsame EU-Mitgliedschaft und die gemeinsame Währung hat die Grenze darüber hinaus an Bedeutung verloren. Wir leben in einem gemeinsamen Europa, dabei soll das Gemeinsame vor das Trennende gestellt werden und nicht umgekehrt", schließt Gahr.

 

Graf empfiehlt Politikerkollegen vor Rücktrittsaufforderungen Lektüre seines Interviews
Recht auf Selbstbestimmung muss für alle gelten - für Tibeter, Kurden und Südtiroler
Wien (fpd) - Bestürzt über die politischen Reaktionen auf sein "Presse"-Interview zum Thema Südtirol zeigte sich der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf. Der journalistische Trend des ungeprüften Voneinander-Abschreibens halte abgewandelt nun auch in den politischen Parteien Einzug, so Graf: "Offenbar kommt es hier zu reflexartigen Rücktrittsaufforderungen, für die schon das Auffinden des Namens Graf in einer Zeitungs-Überschrift ausreicht.

Gelesen dürfte das Interview kaum jemand haben. Das ist schade, gehört "Die Presse" doch zu Österreichs Qualitätszeitungen, deren Lektüre Politikern grundsätzlich empfohlen werden kann."

Graf betonte, dass er in dem Interview mit keinem Wort die Rückkehr Südtirols zu Österreich gefordert habe. Dies komme so nur im Titel vor, den der Presse-Redakteur gemacht habe. "Trotzdem verwundert es mich, zu welch allergischen Reaktionen eine mögliche Rückkehr Südtirols in Österreichs politischen Parteien führt, wo doch Österreich die Schutzmacht der deutschen und ladinischen Bevölkerung ist", so Graf, der weiterhin betont, dass das Recht auf Selbstbestimmung ein unteilbares Recht sei, das für alle Völker dieser Welt gelten müsse. "Weder Grüne noch SPÖ, die jetzt schon wieder gegen mich hetzen, werden in der Lage sein zu erklären, warum man für die Selbstbestimmung von Tibetern und Kurden sein soll, den Südtirolern dieses Recht aber getrost noch weitere 90 Jahre vorenthalten kann", so der Dritte Nationalratspräsident.

Graf forderte einen seriösen Diskussionsprozess zur Wahrung der Selbstbestimmung für Südtirol. Der Südtiroler Landeshauptmann Durnwalder habe Recht mit der Aussage, dass eine Volksabstimmung sorgsam vorbereitet werden müsse. Er habe auch in seinem Interview mit keinem Wort verlangt, dass sie morgen stattfinden müsse, so Graf. "In einer friedlichen Europäischen Union und nach Etablierung einer schwer erkämpften Autonomie ist nun aber der Zeitpunkt gekommen, den letzten Schritt zur Aufarbeitung der Südtiroler Geschichte zu setzen", erklärte der Dritte Nationalratspräsident.

 

Strutz: ÖVP hat Graf in Geiselhaft
FPÖ ist wegen Graf in Oppositionsarbeit gelähmt
Wien (bzö) - "Dass der 3. Nationalratspräsident Graf als Person des Parlamentspräsidiums untragbar geworden ist, ist mittlerweile ein Faktum. Der einzige Grund, warum Graf jedoch noch nicht abgelöst wurde, ist, weil die ÖVP ihre schützende Hand über seine Abwahl hält", stellte BZÖ-Generalsekretär Abg. Martin Strutz zur Graf-Forderung nach einer Wiedervereinigung Tirols fest.

Die ÖVP habe damit die FPÖ in Geiselhaft genommen. Ebenso seien den Freiheitlichen in einer notwendigen kritischen Oppositionsarbeit alle Hände gebunden. Das zeige sich auch im Abstimmungsverhalten der FPÖ bei den letzten aktuellen Themen im Parlament. "Ob Spekulationsverluste, ob Vorsitzführung im Untersuchungsausschuss oder beim Bankgeheimnis die FPÖ wird immer mehr zum Steigbügelhalter von einer von Problemen gebeutelten rot-schwarzen Koalition. Der Preis dafür ist, dass der untragbare 3. Nationalratspräsident von der ÖVP im Amt gehalten wird", meinte Strutz.

Die ÖVP habe es schon immer verstanden, sich neben ihrem offiziellen Koalitionspartner andere Optionen und Mehrheiten offenzuhalten, umso den Partner unter Druck zu setzen. Daran ändere auch eine halbherzige Kritik eines Seniorenobmannes an Graf wenig. "Die ÖVP hat mit den Spekulationsverlusten in Millionenhöhe, den Pannen in der ÖIAG, den katastrophalen Vorgängen im Innen- und Justizministerium so viele Baustellen am Hals, dass sie gerne bereit ist, den Preis "Graf" zu zahlen, um sich das willfährige Verhalten im Parlament zu erkaufen", schloss Strutz.

 

  Lunacek: "Graf ist schwarze-rote Schande"
ÖVP und SPÖ müssen Weg für Abwahl Grafs freimachen
Wien (grüne) - Die stellvertretende Klubobfrau der Grünen, Ulrike Lunacek, bezeichnet die jüngsten Äußerungen von FP-Graf zu Südtirol als "dumpfe, aber gezielt gesetzte Provokation". "Graf zeigt mit diesen Äußerungen einmal mehr, wessen Geistes Kind er ist. Graf legt es nur auf Provokation an und macht seine deutsch-nationale und anti-europäische Gesinnung einmal mehr deutlich. Wie lange ÖVP und SPÖ noch zusehen wollen, dass Graf als 3. Nationalratspräsident durch solche Äußerungen Österreich massiv schadet, ist mir schleierhaft. Solange Graf im Amt ist, bleibt er die Schande von schwarz-rot. ÖVP und SPÖ müssen im Nationalrat endlich den Weg für die Abwahl Grafs freimachen."
 
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