Ergebnisse des 2. Kreditberichts der Oesterreichischen Nationalbank
Wien (oenb) - Das Jahreswachstum des aushaftenden Kreditvolumens der österreichischen Banken
an die Unternehmen hat sich seit Jahresbeginn abgeschwächt. Bis Jahresende 2008 war das Kreditwachstum mit
einer Jahreswachstumsrate von durchschnittlich 8% noch erstaunlich robust. Seither gibt es insgesamt weiter Zuwächse,
die Wachstumsrate hat sich allerdings sukzessive auf 5,5% (April 2009) reduziert. Eine Zusatzinformation liefert
die seit Ende April 2009 von der OeNB erhobene Neukreditstatistik. Sie zeigt, dass auf Basis der Meldung von 106
Banken durchschnittlich im Monat seit Jänner 2009 etwa 7 Mrd EUR Kredite neu an den Unternehmenssektor vergeben
wurden; Tilgungen und Zinskapitalisierung sind hier nicht berücksichtigt. Etwa 80% der an den Unternehmenssektor
neu vergebenen Kredite wiesen eine Laufzeit von bis zu 6 Monaten auf.
Entwicklung nach Branchen
Mit starker Reduktion im monatlichen Kreditwachstum waren die Verkehrswirtschaft und der Sektor Immobilien
konfrontiert. Moderate Abschwächung verzeichneten die Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen
sowie der Handel. In allen anderen Branchen stagnierte die Kreditvergabe oder sie wurde sogar ausgeweitet, wie
in der Energiewirtschaft, im Bereich Information und Kommunikation oder bei den freiberuflichen, wissenschaftlichen
und technischen Leistungen.
Zinsentwicklung für Unternehmenskredite
Laut Zinssatzstatistik hat sich im Durchschnitt die Zinsbelastung der Unternehmen im Einklang mit den seit
Oktober 2008 erfolgten Zinssenkungsschritten der EZB reduziert. Betrachtet man die Zinsentwicklung nach Zinsbindungsfristen,
zeigt sich ein differenziertes Bild. Eine fast vollständige Weitergabe der Zinssenkungen ist nur bei den kurzfristigen
Zinssätzen zu beobachten. Je länger die Fristigkeit, desto stärker ist die Bedeutung von vor allem
liquiditäts- und risikobestimmten Margenanstiegen, wobei Margen als Aufschläge auf den 3-Monats-EURIBOR
gemessen werden. Bei neu aufgenommenen Krediten mit einer Laufzeit von über fünf Jahren wurden die Zinssenkungen
zur Gänze durch steigende Margen kompensiert. Neben dem Umstand, dass sich die Banken selbst langfristig teuer
refinanzieren müssen, mag hier auch ein stärkeres Bedachtnehmen auf die Bonität der Unternehmen
von Seiten der Banken eine gewisse Rolle spielen.
Kreditvergabekonditionen
Die vorliegenden bei Unternehmen durchgeführten Umfragen deuten darauf hin, dass sich für einen
Teil der Unternehmen die Kreditvergabekonditionen auch in den letzten Monaten weiter verschlechtert haben. Dazu
zählen die Kreditnebenkosten, die Sicherheiten- und Informationserfordernisse sowie die Zusatzvereinbarungen
bei Kreditverträgen. Auch Beschränkungen der Kredithöhe bzw. der Kreditlinien wurden registriert.
Entwicklung des Unternehmensanleihemarktes
Aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit kostengünstiger langfristiger Kreditfinanzierungs-mittel
sehen sich einige große Unternehmen mit der Situation konfrontiert, dass sie langfristige Projekte kurzfristig
finanzieren müssten und aufgrund des damit verbundenen Risikos der Fristentransformation Investitionen erst
gar nicht tätigen. Die in den letzten Monaten beobachtbare Belebung des Unternehmensanleihenmarktes hat hier
für einige große Unternehmen eine spürbare Entlastung gebracht. Einige Unternehmen haben seit Jahresbeginn
den nun wieder relativ kostengünstigen Rentenmarkt als Alternative zum längerfristigen Bankenkredit in
Anspruch genommen. Die österreichischen Unternehmen emittierten brutto seit Jahresbeginn an die 8 Mrd EUR,
der Großteil davon wurde seit April begeben. Die Beanspruchung des Rentenmarktes steht jedoch nur wenigen
Unternehmen mit gutem Rating offen. Die Eigenmittelaufnahme über den Aktienmarkt ist de facto seit Mitte 2008
zum Erliegen gekommen und auch in den letzten Monaten waren keine nennenswerten Neuemissionen zu verzeichnen.
Kreditnachfrage
Der Umstand, dass laut Umfragen bei einem Teil der Unternehmen trotz rückläufiger Investitionen
die Nachfrage nach Krediten noch immer steigt - zur Finanzierung von Lager und Betriebsmittel bei rückläufigem
Cash Flow sowie zur Refinanzierung (Tilgung von abreifenden Anleihen und Krediten) -, deutet darauf hin, dass die
Abschwächung in der Kreditvergabe nicht ausschließlich auf eine abnehmende Kreditnachfrage zurückzuführen
ist, sondern möglicherweise auch Kreditangebotsbeschränkungen widerspiegeln, die aber durchaus mit Risikoüberlegungen
im Zusammenhang mit der Bonität des Unternehmens sowie mit hohen Refinanzierungskosten der Banken im langfristigen
Laufzeitensegment erklärt werden können.
Die Oesterreichische Nationalbank wird angesichts des weiterhin schwierigen Finanzmarktumfelds - zusätzlich
zu den monatlich veröffentlichten statistischen Informationen (Kreditmonitor) - die Entwicklung der Kreditmärkte
verstärkt im Detail analysieren und die entsprechenden Ergebnisse der Wirtschaftspolitik und der Öffentlichkeit
zur Verfügung stellen. |