Die Zukunft des Autos ist elektrisch. Der Strom dafür soll schon bald von unseren Hausdächern
kommen, meint Günther Brauner, Professor an der TU Wien.
Wien (tu) - 20 Quadratmeter Solarkollektor auf einem Hausdach genügen, um ein Elektroauto pro
Jahr 10.000 Kilometer weit fahren zu lassen. Sogar in Ballungszentren stünde dafür genügend Dachfläche
zur Verfügung. Zu diesen Ergebnissen kommen Günther Brauner, Professor und Vorstand des Instituts für
Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft, und sein Team an der Technischen Universität Wien in einer schon
2008 erschienenen Machbarkeitsstudie. Derzeit entsteht in ganz Vorarlberg eine Modellregion, in der die Ideen der
Studie in die Wirklichkeit übersetzt werden sollen. "Unser Team begleitet das Projekt mit umfassendem
Fahrzeug- und Lademonitoring und erarbeitet Szenarien für eine mögliche Logistik, um die Autobatterien
aufzuladen", erklärt Brauner.
Speckgürtel wachsen
Schon heute leben 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten, im Jahr 2050 sollen es laut Prognosen bis
zu 70 Prozent sein. Gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen in Gebiete außerhalb der Stadtzentren, dort entstehen
so genannte suburbane Flächensiedlungen. Auch verbannen immer mehr Städte den Individualverkehr aus ihren
Zentren. "Mit diesen Entwicklungen werden für Städterinnen und Städter die Wege zur Arbeit
immer länger, eine attraktive Versorgung der neuen Siedlungegebiete mit öffentlichem Verkehr ist jedoch
schwierig", weiß Brauner. Seiner Meinung nach wird das Auto deshalb weiterhin eine große Bedeutung
als Transportmittel haben.
Umstieg auf Strom
Hier setzt die Studie von Brauners Team mit dem Titel "Solare Mobilität 2030" an. Laut der Studie
wäre es möglich, diese Mobilitätsbedürfnisse mit rein elektrisch betriebenen Autos abzudecken,
die allein von Strom aus Sonnen- und Windenergie angetrieben werden. "Eines dieser Autos könnte, schon
mit der heute verfügbaren Technologie an die 10.000 Kilometer im Jahr fahren", sagt er. Für die
Nutzung von Elektroautos in dieser Form des Nahverkehrs sind laut Brauner schon heute alle konzeptuellen und technischen
Probleme gelöst. Mit der neuen Generation von Lithium-Ionen-Batterien, an deren Entwicklung gerade weltweit
mit Hochdruck gearbeitet wird, wäre sogar eine noch größere Speicherleistung möglich als mit
den bisher in Elektroautos verwendeten so genannten Hochtemperatur-Zebra-Batterien.
Genügend Dachfläche vorhanden
Mit dem Wachsen der suburbanen Flächensiedlungen entsteht quasi als Nebenprodukt auch die Fläche, die
man für das Aufstellen der Solaranlagen brauchen würde. Man müsste sie lediglich auf den Hausdächern
montieren, schon 20 Quadratmeter Solarpaneel würde für den Betrieb eines Autos ausreichen. Die Solarkollektoren
würden die Autobatterien aufladen, wenn das Auto gerade nicht benutzt wird. Brauner: "Unsere Autos stehen
heute 95 Prozent der Zeit und länger still, diese Zeit würde zum Aufladen der Batterien bei weitem genügen."
Schon heute steht laut Brauner auch mehr Dachfläche zur Verfügung, als für den Betrieb reiner Elektroautos
gebraucht würde. "Sogar in urbanen Ballungszentren wie der Wiener Innenstadt würde die Dachfläche
zum vollständigen Umstieg auf Elektroautos ausreichen", ist Brauner überzeugt.
TU-Forschung in der Modellregion Vorarlberg
Im gesamten Land Vorarlberg entsteht derzeit eine Modellregion, in der der vollständige Umstieg auf Elektroautos
erprobt wird. In diesem Projekt mit dem Namen VLOTTE werden elektrisch betriebene Kleinwagen verschiedener Autohersteller
im alltäglichen Betrieb getestet. Brauners Team von der TU Wien begleitet das Projekt als Forschungspartner,
die TU-Forschenden sammeln Daten von den Autos selbst und von den Ladestationen, um in einem weiteren Schritt mögliche
Szenarien für eine Infrastruktur zu entwerfen, die ein möglichst effizientes Laden der Autobatterien
ermöglicht. Die Vorarlberger Kraftwerke AG sorgt für die Bereitstellung von reinem Ökostrom, der
aus Wasserkraftwerken und auch aus Solarzellen kommen soll, dafür werden für jedes Elektroautor 20 Quadratmeter
Solaranlagen installiert. "Wichtig ist für uns, eine genaue Vorstellung davon zu bekommen, wie die Menschen
die neue Technologie nutzen und wie die gesamte begleitende Infrastruktur aussehen muss, um alle Bedürfnisse
der Autofahrerinnen und Autofahrer zu befriedigen", erklärt Brauner. |