Letzte Phase der EU-Weinreform soll am 1. August in Kraft treten
Brüssel (ec.europa) - Die zweite und letzte Phase der von den Landwirtschaftsministern im Dezember
2007 beschlossenen Weinreform 1 der Europäischen Union beginnt am 1. August 2009. Die weitreichende Reform,
deren erste Phase am 1. August vergangenen Jahres angelaufen ist, dürfte den Weinmarkt ins Gleichgewicht bringen,
überzogene und kostspielige Marktinterventionsmaßnahmen nach und nach beenden und es ermöglichen,
dass die Mittel für positivere, proaktive Maßnahmen eingesetzt werden, die die Wettbewerbsfähigkeit
europäischer Weine verbessern. Die Reform sieht eine schnelle Umstrukturierung des Weinsektors vor, indem
als Alternative für nicht wettbewerbsfähige Erzeuger eine freiwillige, dreijährige Rodungsregelung
eingeführt und überschüssiger Wein vom Markt genommen wird. Zuschüsse für die Dringlichkeitsdestillation
und die Trinkalkoholdestillation werden nach und nach abgeschafft und die im Rahmen nationaler Finanzrahmen zugeteilten
Mittel können für Maßnahmen wie Absatzförderung von Wein auf Drittlandmärkten, Umstrukturierung
und Investitionen in die Modernisierung von Rebflächen und Kellereien eingesetzt werden. Die Reform wird den
Umweltschutz in Weinbaugebieten fördern, traditionelle und bewährte Qualitätspolitiken beibehalten
und zum Nutzen von Erzeugern und Verbrauchern zugleich die Etikettierungsvorschriften vereinfachen. Das restriktive
Pflanzrechtsystem wird ab dem 1. Januar 2016 auf EU-Ebene ebenfalls abgeschafft, wobei die Mitgliedstaaten jedoch
die Möglichkeit haben, die Regelung bis Dezember 2018 beizubehalten, sofern sie dies wünschen.
Mariann Fischer Boel, Kommissarin für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, führte hierzu aus:
"Mitgliedstaaten und Erzeuger haben die Möglichkeit, die neue Weinregelung zu nutzen, um Europas internationales
Exzellenzimage zu verbessern. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir an einem Wendepunkt unserer Weinbaugeschichte
stehen. Ich fordere die Mitgliedstaaten jedoch nachdrücklich auf, die neuen Mittel so schnell wie möglich
zu verwenden. Gelder aus nationalen Finanzrahmen müssen bis 15. Oktober ausgeschöpft werden, oder sie
verfallen."
Diese zweite Phase der Reform beinhaltet dreierlei Vorschriften betreffend
- geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und geschützte geografische Angaben (g.g.A.), traditionelle
Bezeichnungen, Etikettierung und Aufmachung von Weinen ,
- Weinbereitungsverfahren und
- das Rebflächenregister, obligatorische Erklärungen sowie das Einholen von Informationen zur Überwachung
des Weinmarktes, die Begleitdokumente für Sendungen von Weinerzeugnissen und die vom Weinsektor zu führenden
Register.
Die neuen Etikettierungs- und Aufmachungsvorschriften werden die Kommunikation mit dem Verbraucher verbessern.
Die Verordnung regelt den Schutz von g.U./g.g.A und traditionelle Bezeichnungen und sieht Verfahrensvorschriften
für die Prüfung, Annullierung bzw. Änderung von Schutzanträgen und für Einwände gegen
Schutzanträge vor. Es wird gewährleistet, dass bewährte nationale Qualitätspolitiken erhalten
bleiben. Auch bestimmte traditionelle Bezeichnungen und Flaschenformen können weiterhin geschützt werden.
Die Angabe des Jahrgangs und der Rebsorten ist künftig auch für Weine ohne g.U./g.g.A möglich.
Die Verordnung über Weinbereitungsverfahren garantiert, dass bewährte Weinbereitungstraditionen der Gemeinschaft
erhalten bleiben, sich jedoch eine Innovationsperspektive öffnet.
Das Verfahren für die Anwendung neuer önologischer Verfahren und zur Änderung existierender Techniken
ist flexibler geworden. Die Kommission hat nunmehr vom Rat das Mandat erhalten, die Liste der von der Internationalen
Organisation für Rebe und Wein (OIV) zugelassenen önologischen Verfahren zu prüfen, ausgenommen
Fragen der Anreicherung und Säuerung, und wird diese Verfahren erforderlichenfalls in die Liste der zugelassenen
EU-Techniken aufnehmen.
Die erste Phase der Weinreform ist bereits angelaufen. Sie betrifft nationale Förderprogramme und nationale
Finanzrahmen, den Handel mit Drittländern, das Produktionspotenzial einschließlich einer Rodungsregelung
und einer Kontrollregelung für den Weinsektor.
In den nationalen Finanzrahmen für 2009 bereitgestellte Mittel, die bis zum 15. Oktober nicht ausgezahlt sind,
verfallen. Bisher wurden nur 30% der für dieses Jahr bereitstehenden Mittel ausgezahlt. Alle EU-Erzeugerländer
erhalten Gemeinschaftsmittel, um Maßnahmen finanzieren zu können, die den lokalen Erfordernissen gerecht
werden. Die Mitgliedstaaten können zwischen den folgenden Maßnahmen wählen:
Betriebsprämienregelung (Direktzahlungen an Erzeuger), Absatzförderung auf Drittlandmärkten,
grüne Ernte, offene Investitionsfonds, Ernteversicherung und Investitionen; Umstrukturierung und Umwidmung
von Rebflächen, Destillation von Nebenprodukten, Trinkalkoholdestillation, Dringlichkeitsdestillation und
Beihilfen zur Verwendung von konzentriertem Traubenmost. Mittel für die Trinkalkoholdestillation, die Dringlichkeitsdestillation
und die Verwendung von konzentriertem Traubenmost können bis spätestens 31. Juli 2012 aus den nationalen
Finanzrahmen bewilligt werden.
Die zur Verfügung stehenden Mittel werden von Jahr zu Jahr erhöht, beginnend mit 794 Mio. EUR im Jahr
2009 bis 1.231 Mrd. EUR im Jahr 2013.
Die freiwillige Rodungsregelung hat eine Laufzeit von drei Jahren und betrifft eine indikative Gesamtfläche
von 175 000 ha. Die Mittelzuwendungen für die Rodungsmaßnahme für 2009-2011 belaufen sich auf 464
Mio. EUR, 334 Mio. EUR bzw. 276 Mio. EUR. Aufgrund der übermäßigen Teilnahme an der Regelung erhielten
in diesem Jahr vor allem jene Erzeuger Vorrang, die ihre gesamten Rebflächen roden, sowie Erzeuger, die über
55 Jahre alt sind.
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