Heimische Nahrungsmittelerzeugung ist relativ krisenfest, Produktion könnte auch 2009 leicht
zulegen
Wien (ba) - Im Sog der internationalen Wirtschaftskrise hat sich die Stimmung in der Nahrungsmittelerzeugung
auch schon gegen Ende 2008 verschlechtert. Im Vergleich zu anderen Industriebranchen wurde die Produktionsleistung
allerdings nur moderat und erst Anfang 2009 zurückgefahren. Das geht aus dem jüngsten Branchenbericht
der Bank Austria Volkswirtschaft hervor. "Während einzelne Investitionsgüterbranchen 2009 mit um
20 Prozent weniger Output rechnen müssen, sind die Produktionserwartungen der Nahrungsmittelhersteller bereits
für die nächsten Monate wieder etwas optimistischer", sagt Bank Austria Ökonom Günter
Wolf. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres verbuchte die Branche ein Produktionsminus von vorläufig
2 Prozent - wenig im Vergleich zum Produktionsrückgang im Industriedurchschnitt von rund 16 Prozent. Im Gesamtjahr
2009 ist für die Nahrungs- und Genussmittelindustrie durchaus noch ein leichtes Produktionsplus möglich,
die sich damit einmal mehr als relativ krisenfest erweist.
Maßgeblich für die relativ stabile Branchenentwicklung ist die geringe Konjunktursensibilität der
Lebensmittelnachfrage: Der Einzelhandelsumsatz und die Exporte zeigen, dass die Lebensmittelnachfrage im ersten
Halbjahr 2009 weder im In- noch im Ausland stärker gesunken ist. Von Jänner bis Mai ist der Einzelhandelsumsatz
mit Lebensmittel in Österreich nominell sogar um rund 4 Prozent gestiegen im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum,
preisbereinigt noch um rund 2 Prozent. Gleichzeitig ist der Wert der Nahrungsmittelexporte auf Grund starker Preisrückgänge
bei Agrarprodukten um 8 Prozent gesunken, die Exportmenge jedoch in etwa demselben Ausmaß gestiegen. Die
Exportentwicklung ist zudem ein Hinweis auf die Konkurrenzfähigkeit vieler österreichischer Nahrungsmittelerzeuger
und -verarbeiter. Insgesamt wird die Lebensmittelnachfrage in Österreich 2009 und 2010 jedoch nominell kaum
steigen und preisbereinigt um etwa 1 bis 2 Prozent sinken. Die Krise auf dem Arbeitsmarkt und das schwache Einkommenswachstum
werden sich negativ auswirken. Es muss mit Substitutionseffekten gerechnet werden, wobei die Konsumenten in Summe
billiger einkaufen und essen.
Die Nahrungsmittelerzeugung steht damit vor zwei weiteren schwachen Wirtschaftsjahren. Bereits 2008 ist die Produktionsleistung
der Branche nur mehr um 0,4 Prozent gestiegen. Dass der Branchenumsatz zugleich um fast 9 Prozent auf 17,2 Milliarden
Euro zulegte war durch Preis-steigerungen bedingt, denen Kostensteigerungen voran gegangen sind. Der Ertragsdruck
in der Branche hat sich damit vermutlich nicht gelockert. "Problematischer als das schwache Nachfrage-wachstum
sind für viele Hersteller der Preis- und Ertragsdruck in der Branche", so Wolf. Trotzdem die Nahrungsmittelerzeugung
seit Jahren kräftige Produktivitätsgewinne erzielt, sind ihre Erträge im Branchendurchschnitt sogar
leicht gesunken. Maßgeblich ist der Druck von Seiten des Lebensmitteleinzelhandels, der in Österreich
zu den am stärksten konzentrierten Märkten Europas zählt. So haben die Top-3 Lebensmittelhändler
einen Marktanteil von 79 Prozent.
Die Rezession werden die österreichischen Lebensmittelerzeuger weitgehend unbeschadet überstehen. Ihre
Wachstumsperspektiven im Inland sind aber beschränkt, insbesondere durch zunehmende Sättigungstendenzen
und das schwache Bevölkerungswachstum bei gleichzeitig höherer Lebenserwartung, die in Summe den Kalorienbedarf
und damit den Lebensmittelverbrauch verringern. Wachstumsperspektiven sieht Branchenanalyst Günter Wolf in
Nischen im Inland und vor allem im Export. "Die heimischen Nahrungsmittelproduzenten haben massiv vom EU-Beitritt
und der Erweiterung der Gemeinschaft profitiert. Das Exportwachstum beschleunigte sich vom niedrigen einstelligen
Bereich vor 1994 auf durchschnittlich 13 Prozent jährlich bis 2008", sagt Branchenanalyst Günter
Wolf, "Deutschland und Italien sowie Ungarn, Slowenien und Tschechien werden auch in Zukunft wichtige Zielmärkte
für Exporteure sein." |