Ozon reagiert mit unserer Haut – Innsbrucker Forscher finden Zusammenhang
Innsbruck (universität/scinews) - Die natürlichen Fette in unserer Haut reagieren mit dem
Reizgas Ozon. Bei dieser Wechselwirkung entstehen erstmals nachgewiesene Oxidationsprodukte, die unsere Gesundheit
möglicherweise ebenso beeinträchtigen wie das Ozon selbst. Diese neuen Zusammenhänge haben Innsbrucker
Ionenphysiker gemeinsam mit amerikanischen Wissenschaftlern erstmals im Detail erforscht. Die renommierte Zeitschrift
„Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“ berichtet darüber in ihrer Internet-Vorabausgabe.
Menschen in der industrialisierten Welt verbringen etwa 90 Prozent ihrer Lebenszeit in Innenräumen. Über
geöffnete und gekippte Fenster, die Lüftungsanlage oder bauliche Undichtheiten gelangt Ozon in Büros
oder Wohnräume. Das Reizgas bildet sich bei intensiver Sonneneinstrahlung in der Außenluft aus flüchtigen
organischen Verbindungen und Stickoxiden. Es wird aber auch von bestimmten Laserdruckern oder Kopiergeräten
freigesetzt. „Ozon reagiert in Innenräumen mit einer in diesem Zusammenhang bisher kaum untersuchten Oberfläche,
der menschlichen Haut“, erklärt Dr. Armin Wisthaler vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik
der Universität Innsbruck.
Ozon reagiert mit Oberflächen
Wisthaler und der US-Chemiker Charles J. Weschler vom Environmental and Occupational Health Sciences Institute
in New Jersey zeigen in ihrer Studie erstmals, dass Ozon bevorzugt mit einem in den natürlichen Hautfetten
enthaltenen, mehrfach ungesättigten Kohlenwasserstoff (Squalen) reagiert. Als Folge entstehen zahlreiche einfache
und substituierte Carbonylverbindungen. Die Produkte dieses oxidativen „Luftangriffes“ bleiben entweder auf unserer
Körperhülle oder entweichen gasförmig von der Hautoberfläche. Sie reichern sich in weiterer
Folge in der Raumluft an und werden eingeatmet. „Diese Prozesse konnten wir auch bei niedrigen, für Mitteleuropa
typischen Innenraum-Ozonkonzentrationen nachweisen“, sagt Wisthaler.
Die Forscher haben bei ihrer Studie die Reaktionen und Folgereaktionen des Reizgases bei typischer Ozonkonzentration
in einem mit zwei Personen besetzten Büro simuliert. Laut den Ergebnissen reduziert die Anwesenheit einer
einzelnen Person die Ozonkonzentration in der Büroluft um zehn bis 25 Prozent. Davon wird nur ein geringer
Anteil (weniger als zwei Prozent) eingeatmet, der Großteil zersetzt sich an Haut, Haaren und Kleidung. „Daneben
reagiert Ozon insbesondere auch mit allem, das der Mensch berührt und dadurch mit seinen Hautfetten bedeckt“,
so Wisthaler. Da viele der entstehenden Oxidationsprodukte als reizend oder sensibilisierend für Haut und
Atemwege eingestuft werden, regen die Forscher Folgestudien zur genaueren Klärung der gesundheitlichen Auswirkungen
an.
Neue Technik
International gibt es zur Luftgüte in Innenräumen im Kontext Ozon bisher nur wenige Studien.
Traditionelle Messverfahren zur Feststellung der Luftgüte in Innenräumen weisen die Oxidationsprodukte
von Ozon nicht nach. Erst seit kurzem ist es möglich, die bei der Oberflächenreaktion von Ozon entstehenden
Oxidationsprodukte exakt zu messen. Ein am Innsbrucker Institut für Ionenphysik entwickeltes, hochsensibles
Messverfahren, bei dem mithilfe einer neuartigen Ionenquelle in einem Massenspektrometer schnell winzigste Spuren
flüchtiger Gase gemessen werden können, bietet die dafür nötige Technik.
Hochreaktives Molekül
Unterschieden wird grundlegend zwischen dem nützlichen stratosphärischen Ozon, das in 25 bis 40 Kilometer
Höhe vor der UV-Strahlung der Sonne schützt und dem bodennahen oder "troposphärischen"
Ozon, das für Menschen, Tiere und Pflanzen schädlich ist. Ozon ist eine spezielle Form des Sauerstoffes,
bei der drei Sauerstoffatome zu einem Molekül, O3, verbunden sind. Die hochreaktiven gasförmigen Moleküle
bilden sich durch komplexe photochemische Prozesse bei starker Sonneneinstrahlung. Das bodennahe Ozon ist deshalb
ein Hauptbestandteil des Sommersmogs. Ozon und dessen Reaktionsprodukte, wie zum Beispiel Aldehyde, stehen unter
dem Verdacht, Augenreizungen, Atembeschwerden, Kopfschmerzen, trockene Augen und trockene Lippen zu verursachen.
Publikation
Charles J. Weschler, Armin Wisthaler, Reactions of ozone with human skin lipids: Sources of carbonyls, dicarbonyls,
and hydroxycarbonyls in indoor air. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), PNAS 2009 Early Online
Edition. |