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Fristlösung wieder im Gespräch |
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erstellt am
28. 08. 09
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Kardinal Schönborn schreibt an Bürgermeister Häupl
Sorge über geplante Festfeier im Rathaus aus Anlass des 30-jährigen Bestehens
der Abtreibungsklinik "pro:woman"
Wien (kap) - Kardinal Christoph Schönborn hat in einem persönlichen Brief an Bürgermeister
Michael Häupl seine Sorge über eine im Wiener Rathaus geplante Festfeier aus Anlass des 30-jährigen
Bestehens der Abtreibungsklinik "pro:woman-Ambulatorium" zum Ausdruck gebracht. Durch eine solche Veranstaltung
werde deutlich gemacht, dass es "offenbar keinen Konsens im Hinblick auf den Schutz des menschlichen Lebens
von der Empfängnis an gibt".
Der Wiener Erzbischof stellte noch einmal die Überzeugung der Kirche klar: Niemand rufe nach Strafe für
verzweifelte Frauen. Aber Abtreibung sei keine Lösung. Das geltende österreichische Gesetz sage sehr
deutlich, dass Abtreibung Unrecht ist: "Es geht um die Tötung menschlichen Lebens. Das ist keine Bagatelle".
Zugleich erinnerte Kardinal Schönborn an die Worte von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 in der Wiener Hofburg:
"Ich verschließe nicht die Augen vor den Problemen und Konflikten vieler Frauen und bin mir dessen bewusst,
dass die Glaubwürdigkeit unserer Rede über das Menschenrecht auf Leben auch davon abhängt, was die
Kirche selbst zur Hilfe für betroffene Frauen tut". In der Erzdiözese Wien werde bereits seit 1973
durch den Diözesanen Hilfsfonds für Schwangere in Not dieses Wort des Papstes in die Praxis des Alltags
übersetzt. Kardinal Schönborn: "In den 36 Jahren seit der Gründung des Hilfsfonds konnte tausenden
Frauen geholfen werden - materiell und seelisch -, tausende Kinder wurden geboren, weil es diesen Fonds gibt".
Statt einer Festveranstaltung für ein Abtreibungsambulatorium wäre es an der Zeit, "dass wir uns
an einem 'Runden Tisch' zusammensetzen, um über die Verwirklichung jener 'flankierenden Maßnahmen' zur
Fristenregelung zu reden, die Bundeskanzler Bruno Kreisky 1974 (!) zusagt hat", so der Wiener Erzbischof wörtlich.
Bruno Kreisky habe 1974 auch gesagt, dass nur "sehr arme oder sehr ungebildete Gesellschaften" Abtreibung
als Mittel der Geburtenkontrolle einsetzen. Österreich sei "weder arm noch ungebildet, Gott sei Dank".
"Eine reiche Gesellschaft wie die österreichische, eine blühende Stadt wie Wien muss Rahmenbedingungen
schaffen können, damit Frauen sich nicht gedrängt fühlen, eine Abtreibung in Betracht zu ziehen",
so Kardinal Schönborn.
Dass mit dem 30-jährigen Bestehen von "pro:woman" offensichtlich auch das zehnjährige Bestehen
der österreichischen Sektion von "Marie Stopes International" begangen werden soll, sei für
ihn unverständlich. Denn Marie Stopes (1880-1958) sei auch eine entschlossene Vorkämpferin des "eugenischen"
Denkens gewesen, die für die Sterilisierung von "Erbkranken" eingetreten sei. Kardinal Schönborn
betonte sein Vertrauen auf die Sensibilität des Wiener Bürgermeisters "für ein zentrales Problem
unserer Gesellschaft wie das 'Recht auf Leben'" und unterstrich seine Gesprächsbereitschaft. Er hoffe,
dass es nicht zu der geplanten Veranstaltung im Rathaus komme. |
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Mautz: Fristenregelung steht nicht zur Debatte
Katholische Kirche muss Selbstbestimmungsrecht der Frauen respektieren
Wien (sk) - "Es ist höchste Zeit, dass die Katholische Kirche das Selbstbestimmungsrecht
der Frauen akzeptiert und die Fristenregelung nicht mehr in Frage stellt", so SPÖ- Bundesfrauengeschäftsführerin
Andrea Mautz in Reaktion auf den Brief von Kardinal Schönborn an Bürgermeister Michael Häupl, in
dem Schönborn verlangte, einen Empfang aus Anlass des 30-jährigen Bestehens des Ambulatoriums pro:woman
abzusagen. "Ich finde es unfassbar, dass die Katholische Kirche in der heutigen Zeit versucht, Veranstaltungen
zu verbieten. Damit überschreitet Schönborn definitiv eine Grenze, die nicht akzeptabel ist", meinte
Mautz.
"Die Fristenregelung steht nicht zur Debatte und wir werden keinerlei Rückschritte dulden", so die
SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin. "Keine Frau macht sich einen Schwangerschaftsabbruch leicht.
Ihre Entscheidung muss respektiert werden", so Mautz. "Es kann nicht sein, dass die Frauen kriminalisiert
werden".
Statt einer rückwärtsgewandten Diskussion würde ich mir einen Dialog mit der Katholischen Kirche
über Verhütungsmittel und Aufklärung wünschen, so Mautz. "Auch die Katholische Kirche
kann nicht ewig die Augen vor der Realität der Menschen verschließen. Statt verhärtete Fronten
zu bilden, wäre eine zukunftsweisende Auseinandersetzung mit Sexualität und Verhütung höchste
Zeit", so Mautz abschließend. |
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Marek: Zu ernst für Cocktailpartys
Familienstaatssekretärin: „An den flankierenden Maßnahmen arbeiten!
Wien (övp-pd) - Als „zu ernst für Cocktailpartys“ bezeichnet ÖVP-Familienstaatssekretärin
Christine Marek die geplanten Feierlichkeiten anlässlich des dreißigjährigen Bestehens einer Abtreibungsklinik
in Wien und äußert ihr Befremden über die Reaktion der SPÖ auf das Schreiben von Kardinal
Schönborn zur Fristenregelung: „Auch wenn man unterschiedlicher Meinung ist, so ist von einer Kanzlerpartei
gerade bei einem derart wichtigen Thema Respekt und Ernsthaftigkeit in der Diskussion zu erwarten.“ Kritisiert
werden von Marek die Aussagen der SPÖ-Frauen: „Wer vorgibt im Interesse der Frauen zu handeln, sollte in dieser
sensiblen Frage nicht mit Ignoranz und Grobheit antworten.“
Für die Familienstaatssekretärin stand und steht die Fristenregelung absolut außer Streit, allerdings
fehlt es bis dato an flankierenden Begleitmaßnahmen. „Keine Frau macht sich die Entscheidung über einen
Schwangerschaftsabbruch leicht – was ja auch die SPÖ so sieht. Allerdings frage ich mich dann, warum es bis
heute so schwierig ist, über Maßnahmen zu diskutieren, die Frauen bei dieser Entscheidung – und vor
allem auch in der Frage über Alternativen – zu unterstützen und zu begleiten.“, so Marek.
Als ersten Schritt wird die Familienstaatssekretärin daher im Herbst gemeinsam mit den Präsidenten der
Ärztekammer und der Apothekerkammer eine Informationsbroschüre präsentieren, die schwangere Frauen
über die unterschiedlichen Beratungsangebote informieren und Hilfestellung geben soll. Diese Broschüre
soll von ÄrztInnen und in Apotheken beim Kauf eines Schwangerschaftstests ausgegeben werden und soll dazu
beitragen, in einer schwierigen Situation einen Schwangerschaftsabbruch nicht als einzig möglichen Weg zu
sehen, ohne aber Druck auf die betroffenen Frauen auszuüben. Entwickelt wurde die Broschüre unter Mitwirkung
der Lebensschutzbeauftragten der Erzdiözese Wien, Dr. Stephanie Merckens sowie die „Aktion Leben“.
Als weitere Maßnahme wird das Familienstaatssekretariat gemeinsam mit der Ärztekammer im Spätherbst
eine Informationsveranstaltung durchführen, bei der Ärztinnen und Ärzte für den Umgang mit
Schwangeren in schwierigen Situationen sensibilisiert werden sollen, da gerade der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde
Ärztin hier der erste Ansprechpartner bzw. die erste Ansprechpartnerin ist. |
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Schwenter: Frauengesundheit nicht leichtfertig aufs Spiel setzen
Grüne: 30jähriges Bestehen der pro:woman-Ambulanz ist Grund zum Feiern
Wien (grüne) - Die Aussagen der Kirchenvertreter anlässlich des 30-jährigen Bestehens
des pro:woman-Ambulatoriums sind für die Frauensprecherin der Grünen, Judith Schwentner, nicht nachvollziehbar:
"Die Fristenlösung und das Selbstbestimmungsrecht der Frauen dürfen nicht angetastet werden. Das
pro:woman-Ambulatorium hat viel für die psychische und physische Gesundheit von Frauen getan, das ist ein
Grund zum Feiern. Denn Fälle, in denen Frauen an den Folgen von illegalen Abtreibungen unter unwürdigen
Bedingungen leiden, gehören in Österreich zum Glück seit über 30 Jahren der Vergangenheit an."
Es sei befremdend, dass sich zum Thema Abtreibung immer wieder zuallererst Vertreter der Kirche zu Wort melden,
die einen rückständigen und frauenfeindlichen Umgang mit dem Thema Sexualität propagieren.
Denn: "Keiner Frau fällt eine Abtreibung leicht. In manchen Fällen kann es für Frauen sogar
aus medizinischen Gründen lebensbedrohlich sein, keinen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Mit dem verbalen
Holzhammer auf eine derart sensible Materie einzuhauen, wie manche Kirchenvertreter dies medial tun, ist nur kontraproduktiv",
meint Schwentner.
Generell sei mehr Unterstützung für schwangere Frauen, unabhängig davon ob sie sich für oder
gegen eine Abtreibung entscheiden, notwendig. "Einen aktiven Einsatz für einen besseren und kostengünstigeren
Zugang zu Verhütungsmitteln und mehr Sexualaufklärung wird von der katholischen Kirche leider auch nicht
propagiert", so Schwentner. |
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