WKÖ-Präsident: „Wer heute keine Verwaltungsreform angeht, ist verantwortlich für
die Steuern von morgen“- IHS skeptisch gegenüber weiteren Belastungen bei Vermögenssteuern
Alpbach (pwk) - „Die Diskussion über höhere Steuern muss im Vorfeld beendet werden, denn
sie ist schädlich für den Wirtschaftsstandort“, forderte WKÖ-Präsident Christoph Leitl den
Stopp einer neuerlichen Steuerdiskussion in Österreich bei einer Pressekonferenz am dritten Tag der Alpbacher
Reformgespräche 2009. Auch Bundeskanzler Werner Faymann habe kürzlich öffentlich in einem Interview
versprochen, „die Steuern in dieser Regierungsperiode nicht zu erhöhen“ und stattdessen auf Einsparungen in
der Verwaltung – 3,5 Milliarden Euro bis 2013 - zu setzen. Leitl begrüßte diese Festlegung des Bundeskanzlers:
„Ich weiß, dass auch der Vizekanzler und Finanzminister auf Einsparungen in der Verwaltung setzt. Das ist
ein richtiger Weg, wie wir die Wirtschaftskrise bewältigen können.“
Der WKÖ-Präsident nannte Wachstum und Vollbeschäftigung als notwendige und gemeinsame Ziele, die
es mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen zu erreichen gelte. Und er sagte klar: „Wer heute keine
Verwaltungs- und Bürokratiereform angeht, ist verantwortlich für die Steuern von morgen und belastet
die Zukunft der Jungen in unserem Land.“
Gesundheitsreform, Verwaltungsreform, moderne Schulverwaltung
„Wir erwarten bereits bei der Regierungsklausur Mitte September erste konkrete Ergebnisse, insbesondere beim vorliegenden
Entwurf zur Sanierung der Gebietskrankenkassen“, so Leitl. Weiters müsse Mitte September ein Prozess eingeleitet
werden, mit dem anstehende Reformprojekte konkret angegangen werden: So müssen im Rahmen einer Gesundheitsreform
II das Einsparungspotenzial in den Krankenhäusern erhoben, eine moderne Schulverwaltung in die Wege geleitet
und in einer groß angelegten Verwaltungsreform bis 2013 drei Milliarden eingespart werden.
Ein „9er-Kreis“ (bestehend aus Bundes- und Vizekanzler, zwei Landeshauptleuten, zwei Vertretern des Städte-
bzw. Gemeindebunds, zwei wissenschaftlichen Experten und dem Rechnungshofpräsidenten) solle als politische
Steuerungsgruppe den Prozess begleiten und die rasche Umsetzung der Einsparungsziele durchsetzen, schlug der WKÖ-Präsident
vor. Darunter sollte und müsste es Arbeitsgruppen von Experten geben, die als professionelle Manager mit einem
zeitlichen Limit konkrete Umsetzungsvorschläge erarbeiten statt sich in punktuellen Diskussionen zu verlieren.
Einnahmenpotenzial durch europäisch koordinierte Finanztransaktionsteuer
IHS-Chef Bernhard Felderer stellte in Alpbach eine neue Vermögenssteuer-Studie vor. Deren Fazit: Vermögenssteuern
seien nur bei einem Teil des nicht betrieblich genutzten Grund und Bodens (der Immobilien) sowie beim Vermögenszuwachs
denkbar, aber nur gering ergiebig. Eine Lösung für die jetzt eingegangene zusätzliche Staatsverschuldung
seien sie in keinem Fall. „Die Illusion, durch sie 45 Mrd. Euro zurückzahlen zu können, sollte man nicht
haben“, so der IHS-Chef. Ein theoretisch gutes Einnahmenpotenzial hätte laut Felderer allein eine Finanztransaktionsteuer,
die allerdings europäisch koordiniert werden müsste: „Wenn Österreich allein eine solche Steuer
einführen würde, wäre das nicht nur ein Schuss ins Knie, sondern einer in den eigenen Kopf.“
Um die gestiegene Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen, müsse man vor allem ein hohes Wirtschaftswachstum
erreichen und die Staatsausgaben bremsen. Dabei verwies er auf die verfassungsrechtlich verankerte „Schuldenbremse“
in Deutschland.
Laut Felderer ist die Einkommensverteilung in Österreich im internationalen Vergleich relativ gleichmäßig:
„Trotz höherer Vermögensbesteuerung haben verschiedene Staaten, die keine Sozialsysteme nach dem skandinavischen
Modell aufweisen, eine größere Ungleichheit der Verteilung. Vermögenssteuern allein sind nicht
im Stande, für eine ‚gerechtere‘ Einkommens- bzw. Vermögensverteilung zu sorgen“, so der IHS-Chef. |