Österreichs EU-Delegationen zur Wahl von Barroso  

erstellt am
10. 09. 09

Leichtfried und Swoboda: Sozialdemokratische EU-Delegation wird sich enthalten
Barroso ist S&D-Fraktion entgegengekommen, für Zustimmung sind Pläne jedoch nicht ausreichend
Wien (sk) - "Barroso war nicht restlos überzeugend, aber er ist uns weit entgegengekommen", betont der Delegationsleiter der SPÖ-EU-Abgeordneten Jörg Leichtfried am 09.09. nach dem Hearing mit Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso in der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten. Die SPÖ-EU-Abgeordneten seien jedenfalls zum Schluss gekommen, sich bei der Wahl Barrosos zu enthalten. "Obwohl es einige positiven Ansätze gibt, tendiert man auch in der Fraktion sehr stark zu einer Enthaltung bei der Wahl des Kommissionspräsidenten", ergänzt der Vizepräsident der S&D Fraktion Hannes Swoboda. Die Wahl Barrosos sei der erste Schritt, erst wenn die gesamte Kommission präsentiert und das Arbeitsprogramm vorgestellt wird, werde man endgültig über Zustimmung und Ablehnung entscheiden, so die EU-Abgeordneten.

Kompromissbereit habe sich der Kommissionspräsident vor allem in der Frage der Entsenderichtlinie gezeigt. Diese soll nun ergänzt werden, fundamentale soziale Rechte sollen nicht mehr untergraben werden können. Des Weiteren sei den Ausführungen Barrosos eine Stärkung der sozialen Marktwirtschaft zu entnehmen gewesen. Und auch die Aufwertung der Sozialpartnerschaft, vor allem im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, sei positiv zu bewerten. Darüber hinaus hat Barroso eine Arbeitszeitrichtlinie angekündigt und es sollen auch alle Gesetze auf ihre soziale Verträglichkeit überprüft werden.

Negativ aufgefallen sei, dass Barroso keine fundamentale Änderung der Finanzmarktordnung anstrebt, er möchte keinen neuen Sozialpakt, er hat keine Antworten auf die katastrophale budgetäre Situation der einzelnen Mitgliedstaaten und er unterschätzt die Arbeitsmarktkrise, kritisieren Leichtfried und Swoboda. "Dass Barroso bei Sozialthemen einen Schritt auf uns zugemacht hat, ist der jahrelangen Überzeugungsarbeit der europäischen Sozialdemokratie zu verdanken. Ohne den Druck der Sozialdemokratie wären wichtige Themen wie etwa die Überarbeitung der Entsendrichtlinie gar nicht erst von Barroso angedacht worden", unterstreicht der SPÖ-Delegationsleiter. "Für eine Zustimmung sind die Pläne Barrosos trotz allem nicht ausreichend. Jetzt kommt es darauf an, ob der Kommissionspräsident Mut und Stärke zeigt, sein verstärktes soziales Engagement in der Bildung und im Arbeitsprogramm der neuen Kommission durch -und umzusetzen. Das wird für die Fraktion der Test für den 'neuen Barroso' sein", so Swoboda abschließend.

 

Strasser: Barroso steht für Stabilität und Kontinuität
Seeber: Neue Antworten Barrosos auf Zukunftsherausforderungen geben Grund zur Zuversicht
Brüssel (övp-pd) - "Sozialdemokraten, Liberale und Grüne haben heute erneut eine Chance, Europa eine klare Perspektive und Planungssicherheit zu geben", sagte der Obmann des ÖVP-Europaklubs, Dr. Ernst Strasser, anlässlich der bevorstehenden Diskussionen des designierten Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso mit den drei politischen Fraktionen im Europaparlament. "Europa und seine Bürger brauchen Klarheit über den Kurs der kommenden Jahre. Europa braucht gerade in Zeiten der Krise Stabilität und Kontinuität. Poul Nyrup Rasmussen als Chef der Euro-Sozialisten liegt völlig daneben, wenn er Barroso dafür kritisiert, dass er sein Arbeitsprogramm als Fortsetzung des bisherigen erfolgreichen Kurses anlegt", so Strasser weiter.

Der ÖVP-Europaklubobmann wies auch alle Spekulationen nach einer Interimslösung für Barroso zurück. "Barroso soll und wird in der kommenden Woche vom Europaparlament gewählt. Der Kommissionspräsident muss auf einer sicheren rechtlichen Basis beginnen können, in Zusammenarbeit mit den nationalen Regierungen seine Kommission zusammen zu stellen. Diese Basis ist der gültige Vertrag von Nizza - auf dieser Basis wird Barroso gewählt", so Strasser.

Seeber: Neue Antworten Barrosos auf Zukunftsherausforderungen geben Grund zur Zuversicht
"Mit José Manuel Barroso an der Spitze der nächsten Kommission müssen wir gemeinsam unsere Anstrengungen fortsetzen, als Europäische Union in der Umwelt- und Klimaschutzpolitik weltweit Vorreiter zu bleiben. Angesichts der bevorstehenden Klimakonferenz in Kopenhagen hat die EU-Kommission die Aufgabe, gemeinsam mit der Ratspräsidentschaft und dem Europaparlament für eine geschlossene europäische Position zu sorgen. Wir brauchen ein weltweit verbindliches Abkommen mit klaren Zielvorgaben. Wir brauchen ein Abkommen, das die Umwelt gleichermaßen wie die Arbeitsplätze und unsere Unternehmen schützt", sagte heute der Umweltsprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Dr. Richard Seeber.

"Mit seinem Arbeitsprogramm beschreitet Barroso neue Wege. Im Bereich der Subsidiarität will Barroso mehr auf die Bedürfnisse und Rechte der Mitgliedstaaten Rücksicht nehmen und gemeinsam statt gegeneinander entscheiden", begrüßt Seeber die richtigen Ansätze Barrosos. "Die Anhörung des designierten Kommissionspräsidenten in dieser Woche haben in vielen Fragen gute Antworten ergeben. Wenn Barroso sagt, dass die EU dann am besten funktioniert, wenn sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentriert - also auf jene Fragen, die tatsächlich nur gemeinsam und auf europäischer Ebene gelöst werden können, dann geht er damit einer Hauptkritik vieler Menschen einen großen Schritt entgegen", so Seeber abschließend.

 

Mölzer: Barroso ist schwächster gemeinsamer Nenner von Fraktionen und Mitgliedstaaten
EU-Kommission ist Gremium gescheiterter Politiker - Gusenbauer oder Ferrero-Waldner wären im Vergleich zu Molterer die besser geeigneten österreichische Kandidaten
Wien (fpd) - EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der sich um eine Wiederwahl bemüht, sei der kleinste und schwächste gemeinsame Nenner von Fraktionen und Mitgliedstaaten, sagte der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer. "Einmal gibt sich der Portugiese neoliberal und konservativ, und dann entdeckt er seine Nähe zu Grünen und Sozialdemokraten. Überhaupt sind die politischen Wandlungen im Leben Barrosos bemerkenswert: Innerhalb nur weniger Jahre wurde aus dem Maoisten ein Christdemokrat", betonte Mölzer.

Zur EU-Kommission selbst merkte der freiheitliche EU-Mandatar an, daß es sich dabei um ein Gremium gescheiterter, abgewählter Politiker handle. "Offenbar ist es Voraussetzung für einen Posten in der EU-Kommission, daß der betreffende Kandidat in seinem Heimatland vom Wähler mit Mißtrauen bedacht wurde. Schließlich ist diese mächtige und einflußreiche Institution demokratisch nicht legitimiert, was ein bezeichnendes Licht auf die Europäische Union wirft", so Mölzer.

Zur bisherigen österreichischen EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner meinte Mölzer, sie habe ihre Arbeit als Außenkommissarin gut erledigt: "Im wesentlichen hat Ferrero-Waldner die Interessen Europas gut vertreten". Und bezüglich des künftigen österreichischen Kommissionsmitglieds sagte Mölzer, daß Altbundeskanzler Gusenbauer vielleicht doch eine Option wäre. "Im Vergleich zu Molterer, von dem man dem Vernehmen nach in Brüssel nicht besonders begeistert ist, wären Gusenbauer oder Ferrero-Waldner sicher die für diese Funktion besser geeigneten Kandidaten", schloß der freiheitliche EU-Abgeordnete.

 

 Lunacek zu SPE: "Enthalten heißt Zustimmung"
Österreichische Abgeordnete sollen ihr Wahlversprechen einhalten und gegen Barroso stimmen
Wien (grüne) - "Eine Stimmenthaltung bei der Wahl des Kommissionspräsidenten bedeutet Zustimmung", erklärte die Europasprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek zur Entscheidung der SPE-Fraktion. "Es ist ein fatales Zeichen, wenn der nächste Kommissionspräsident auf der Basis von Stimmenthaltung gewählt wird. Das ist Demokratieverweigerung", so Lunacek."Das Verhalten der SPE ist feig und inkonsequent. Wenn die Sozialdemokraten sich nicht entscheiden wollen, sollen sie abtreten. Politik zu machen, bedeutet schließlich Entscheidungen zu treffen."

Die österreichischen Abgeordneten in der SP-Fraktion forderte Lunacek auf, ihr eigenes, den ÖsterreicherInnen gegebenes Wahlversprechen einzuhalten und gegen Barroso zu stimmen. "Swoboda & Co sind damit angetreten. Wenn sie jetzt die Köpfe einziehen, können sie genauso gut abtreten", sagte Lunacek.  
 

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