Kommission nicht zu weiteren Hilfsmaßnahmen bereit
Wien (bmlfuw/aiz) - Trotz großer Bemühungen ist es den EU-Mitgliedstaaten nicht gelungen,
die EU-Kommission von der Notwendigkeit zusätzlicher Hilfsmaßnahmen für die Milchproduzenten zu
überzeugen. Auf dem EU-Agrarministerrat in Brüssel am 08.09. bemängelte zwar eine Mehrheit der Länder,
dass ihnen die im Milchbericht der EU-Kommission angeregten Maßnahmen nicht weit genug gingen. Da sich die
Minister untereinander jedoch zu wenig einig waren, was in dieser Situation zu tun sei, konnten sie kaum Druck
auf Brüssel ausüben.
Quotenfrage erscheint festgefahren
Keine Bewegung gibt es insbesondere in der Quotenfrage. Deutschland, Frankreich, Österreich und drei weitere
EU-Mitgliedstaaten hatten mit Nachdruck gefordert, die geplanten Kontingenterhöhungen in den Jahren 2010 und
2011 auszusetzen. Dies wäre ein wichtiges politisches Signal für die unter schwachen Preisen leidenden
Milcherzeuger, unterstrich auch der österreichische Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich. Wirtschaft sei
zudem eine Frage von Stimmungen. Deshalb würde eine von der EU ausgesetzte Quotenerhöhung auf den Märkten
zu einer Stabilisierung beitragen, obwohl viele EU-Mitgliedstaaten ihre Kontingente nicht ausnutzten, führte
der Minister aus. Im Vorfeld des Rates hatten sich sogar acht europäische Länder für ein Einfrieren
der Quote ausgesprochen, doch die Front bröckelte. "Die Quotenfrage ist festgefahren, weshalb an dieser
Stelle nichts zu erreichen ist", gab der französische Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire nach der
Debatte zu. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel machte sofort klar, dass sie über die beschlossene Quotenerhöhung
nicht mit sich reden lässt. "Das wäre ein vollkommen unakzeptabler Richtungswechsel nach den Health
Check-Beschlüssen", betonte Fischer Boel.
16 EU-Mitgliedstaaten hatten in einem gemeinsamen Papier unter anderem höhere Interventionspreise für
Butter und Magermilchpulver verlangt. Doch auch mit diesen Forderungen verschafften sie sich bei der Kommission
kaum Gehör. "Wir werden den Molkereien keine Anreize geben, Milchpulver für die Intervention zu
erzeugen", meinte Fischer Boel. Die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner zeigte sich nach dem Rat
tief enttäuscht. "Die Kommission ist auf keine unserer Forderungen eingegangen", resümierte
Aigner. Auch Berlakovich hatte sich im Vorfeld des Rates mit Nachdruck für europäische Lösungen
zur Marktstabilisierung ausgesprochen. Der schwedische EU-Ratspräsident Eskil Erlandsson hielt fest, die EU-Mitgliedstaaten
wollten auf Grundlage des Milchberichtes der Kommission weiterarbeiten. Mögliche zusätzliche Forderungen
sollen im Sonderausschuss Landwirtschaft und im EU-Agrarministerrat im Oktober besprochen werden. Mit größeren
Änderungen ist aber nach der gestrigen Aussprache kaum zu rechnen.
Im Hinblick auf ebenso geforderte höhere Exporterstattungen für Butter, Milchpulver und Käse meinte
Fischer Boel, dass dies eine Kehrwendung wäre, vor allem, da es "erste Anzeichen einer Verbesserung auf
dem Milchmarkt" und eine "leichte Erholung" gebe. Berlakovich meinte wiederum, dass die Talsohle
der Krise in der Landwirtschaft zwar erreicht sei, es gebe auch schon leichte Preissteigerungen bei Milchprodukten,
doch "es ist noch nicht der Silberstreifen am Horizont", weshalb er für weitere Unterstützungsmaßnahmen
und eine Aussetzung der Quotenerhöhung eingetreten sei.
Nulltoleranz bei Sojaimporten diskutiert
Weiters forderten acht EU-Mitgliedstaaten beim Rat, dass der US-amerikanische Sojamarkt den Importeuren der EU
in den kommenden Monaten unbedingt offen stehen müsse. Das Problem von Spuren nicht zugelassener gentechnisch
veränderter Organismen (GVO) brauche deshalb eine rasche Lösung. Spanien, Belgien, die Niederlande, das
Vereinigte Königreich, Dänemark, Rumänien, Tschechien und Portugal drängten die Kommission
auf eine Abkehr von der Nulltoleranz. Fischer Boel warnte vor "beunruhigenden Entwicklungen" auf dem
Futtermittelmarkt wegen der weiterhin asynchronen GVO-Genehmigungen in der EU und in den USA. Sie spielte den Ball
an die EU-Mitgliedstaaten zurück. Diese hätten es im Juli 2009 versäumt, den GV-Maissorten MON88017
und MIR604 die Zulassung zu erteilen. Eine positive Entscheidung hätte hingegen verhindert, dass in der Zwischenzeit
sechs Schiffe mit 200.000 t Soja aus den USA blockiert werden mussten. Erlandsson sagte zu, er werde die Genehmigung
von MON88017 möglichst rasch den Ministern vorlegen.
Fischer Boel kann sich Selbstbestimmung beim Anbau vorstellen
Fischer Boel hofft, dass die EU-Mitgliedstaaten zukünftig deutlicher zwischen dem Anbau und der Einfuhr von
GVO unterscheiden werden. Für den Import müsse die EU GVO schneller zulassen, um Wettbewerbsnachteile
zu vermeiden. Beim Anbau kann sich Fischer Boel hingegen vorstellen, dass zukünftig - wie von Berlakovich
gefordert - die einzelnen EU-Mitgliedstaaten das letzte Wort haben. Das Thema Nulltoleranz sprach die Kommissarin
diesmal nicht als Lösung für die Sojaimporte an. Hier wartet sie auf einen Vorschlag von EU-Gesundheitskommissarin
Androulla Vassiliou.
Kommission ortet keinen Handlungsbedarf am Gerstenmarkt
Auf dem Gerstenmarkt sieht Fischer Boel zurzeit keinen Handlungsbedarf. Polen blitzte in Brüssel mit seiner
Forderung nach zusätzlichen Stützungen der schlechten Preise für Futtergetreide ab. Das Land hatte
ein Vorziehen der im November beginnenden Intervention gefordert. Zudem sollten nach dem Wunsch des Agrarministers
Marek Sawicki besondere Ausfuhrausschreibungen für EU-Mitgliedstaaten eröffnet werden, die von den Exportmärkten
abgeschnitten sind. Polen wurde im Rat von Österreich, Finnland, Bulgarien, Estland, Griechenland und der
Slowakei unterstützt.
Tiertransportzeiten sollen besser überwacht werden
Die EU-Agrarminister setzten sich auch mit den Tiertransporten auseinander. Die Niederländer hatten
eine schärfere Überwachung der Transportzeiten gefordert. Dazu sollten die Frächter, die ohnehin
mit Navigationssystemen ausgestattet sein müssten, ihre Daten zuverlässiger an die zuständigen Überwachungsbehörden
weiterleiten, führte die niederländische Landwirtschaftsministerin Gerda Verburg aus. EU-Verbraucherministerin
Vassiliou begrüßte die Mahnung der Niederländer und kündigte eine neue Regelung der Transportzeiten
an. Es gebe inzwischen wissenschaftliche Belege, dass die Tiere litten, je länger die Überstellung dauere,
erklärte Vassiliou. Ein Datum für ihren Vorschlag nannte sie jedoch nicht. |