Direktinvestitionen 2009 deutlich schwächer   

erstellt am
18. 09. 09

Aktuelles aus der Direktinvestitionsstatistik
Wien (oenb) - "Die Wirtschaftskrise hat die Direktinvestitionsströme aus und nach Österreich 2009 stark reduziert", stellte Aurel Schubert, Direktor der Hauptabteilung Statistik, anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz von Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) und UNCTAD fest. Rekord hohe Direktinvestitionen im Jahr 2007 hatten dazu geführt, dass sich der Gesamtbestand an strategischen Firmenbeteiligungen österreichischer Investoren im Ausland per Jahresende 2007 auf 103 Mrd Euro belief und der Bestand ausländischer Unternehmensbeteiligungen in Österreich 108 Mrd Euro erreichte - so das Ergebnis der jüngsten Direktinvestitionsbefragung der OeNB. Obwohl Österreich laut UNCTAD im Jahr 2008 mit seinen aktiven Direktinvestitionen einen Platz unter den 20 größten Investoren weltweit erreichen konnte, bremste der Einbruch der Börsen das weitere Wachstum der Bestände im Verlauf des Jahres 2008 deutlich. Im ersten Halbjahr 2009 hielten sich Zufuhr und Abzug von Kapital durch die Eigentümer annähernd die Waage, so dass die Netto-Kapitalströme nahezu zum Erliegen kamen. "Zuwächse beschränken sich derzeit auf das Volumen der nicht ausgeschütteten Gewinne", erläuterte Dr. Schubert.

Der Wert vieler Unternehmen ist drastisch gesunken, wodurch Beteiligungskäufe mit deutlich geringeren Beträgen in der Statistik aufscheinen. Die Hauptursache für die aktuelle Entwicklung liegt laut OeNB jedoch neben der allgemeinen Unsicherheit in der Schwierigkeit große Übernahmen zu finanzieren. Die Flaute ist in erster Linie die Folge des Ausbleibens von "Megadeals" im dreistelligen Millionenbereich und darüber hinaus - kleine Investitionsprojekte und Erweiterungen bestehender Beteiligungen gebe es in ähnlichem Umfang wie im Vorjahr.

Österreich bleibt Osteuropaspezialist
Die Ergebnisse der jährlich von der OeNB durchgeführten Direktinvestitionsbefragung bestätigten erneut die herausragende Rolle Österreichs als Investor in Zentral-, Ost- und Südosteuropa: Vom gesamten Bestand an Direktinvestitionen in Höhe von 102,6 Mrd Euro entfielen zu Jahresende 2007 51,1 Mrd Euro, also nahezu 50% auf die MOEL-20. Bezieht man sich auf die Beschäftigtenzahlen, die ein besonders guter Indikator für die realwirtschaftliche Bedeutung von Direktinvestitionen sind, so zeigt sich, dass 71% der Auslandsbeschäftigten auf diesen Raum entfallen (408.000 von 573.000 Personen): Unter diesem Gesichtspunkt waren die Tschechische Republik, Ungarn und Rumänien mit 73.000, 68.000 und 61.000 Auslandsbeschäftigten die drei wichtigsten Zielländer österreichischer Direktinvestitionen. Deutschland war 2007 mit 50.000 Beschäftigten auf Platz vier das einzige "westliche" Land auf den ersten zehn Rängen. Auf den Plätzen 5 bis 7 folgen die Slowakei (35.000 Beschäftigte), Russland (30.000 Beschäftigte) und die Ukraine (27.000 Beschäftigte). Mit 18.000 bis 23.000 Beschäftigten unter österreichischem Einfluss folgen auf den Plätzen 8 bis 11 Polen, Serbien - wo sich die Beschäftigtenzahl im Jahr 2007 beinahe verdoppelt hatte -, Kroatien und Bulgarien.

Osteuropa: Chance oder Risiko
Die besondere Rolle Österreichs als "Ostinvestor" spiegelt sich auch in den Statistiken der Partnerländer wider. In fünf Ländern (Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien und Bulgarien) war Österreich der wichtigste Auslandsinvestor. Das könnte mittlerweile auch für Serbien gelten, wo Österreich 2007 noch hinter Griechenland auf Platz 2 lag. In Ungarn, der Tschechischen und der Slowakischen Republik liegt Österreich seit vielen Jahren auf Rang 3 unter den Auslandsinvestoren.

Seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise wird dieser Erfolgsbericht allerdings auch unter dem Gesichtspunkt eines möglicherweise besonderen Risikos gelesen. Dazu führte Dr. Schubert aus: Insgesamt sei das Auslandsengagement Österreichs im internationalen Vergleich keineswegs überhöht; die auffallende Konzentration österreichischer Aktivitäten auf den Raum Zentral-, Ost- und Südosteuropas sei eine quasi "natürliche" Folge seiner Lage. Der Nachholbedarf bei Infrastruktur, Investitionen und Konsum stelle ein Nachfragepotenzial dar, das sich die österreichische Wirtschaft nicht habe entgehen lassen dürfen. Diese Chance habe z.B. Österreichs Banken davon abgehalten sich in großem Stil in anderen Krisenregionen (Island, Spanien, Irland) zu engagieren oder in "toxische assets" zu investieren. Außerdem seien die österreichischen Investments breit gestreut und die MOEL-20 seien ihrerseits ein heterogenes Gebiet - von Euroraum-Mitgliedern bis zu Staaten mit tatsächlich erheblichem Risiko. Die österreichischen Investoren verfolgen eine langfristige Strategie: Nach Überwindung der Krise sei wieder mit überdurchschnittlichem Wachstum zu rechnen. Abschließend verwies Direktor Schubert auf die Rekorderträge von 9,7 Mrd Euro, die die österreichischen Auslandstöchter im Berichtsjahr 2007 erwirtschafteten. Nachdem die heimischen Investoren zu Beginn der 1990er-Jahre noch Verluste eingefahren hatten, habe sich die Situation seither entscheidend verbessert: In der Dekade 1998 bis 2007 haben die Investoren in Summe 37 Mrd Euro an Erträgen aus ihren Auslandsbeteiligungen lukriert. Die 20 Mrd Euro, die davon aus Zentral-, Ost- und Südosteuropa stammen, seien ein Polster, mit dem man Rückschläge in der Krise abfedern könne.
     
zurück