EU-Kommission schlägt weitere Maßnahmen zur kurz-, mittel- und langfristigen Unterstützung
des Milchsektors vor
Brüssel (ec.europa) - Die für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige
Kommissarin Mariann Fischer Boel stellte am 17.09. im Detail die jüngste Etappe der laufenden Kampagne vor,
mit der die Kommission den Erzeugern in der Europäischen Union aus der derzeitigen Marktkrise heraushelfen
will. Das Maßnahmenpaket, das dem Europäischen Parlament heute vorgelegt wurde, folgt dem Bericht der
Kommission vom Juli dieses Jahres und umfasst sowohl kurzfristige Maßnahmen als auch solche, die die Zukunft
des Milchsektors längerfristig sichern sollen. Die Kommission hat bereits das Verfahren eingeleitet, mit dem
den Mitgliedstaaten vorübergehend die Zahlung von Beihilfen an die Landwirte in Höhe von bis zu 15 000
EUR gestattet werden soll. Ferner schlägt sie vor, für den Sektor eine Dringlichkeitsklausel einzuführen,
wie sie für andere landwirtschaftliche Sektoren bereits existiert, damit auf künftige Marktstörungen
rascher reagiert werden kann. Mit Änderungen der Funktionsweise der Regelungen für den Quotenaufkauf
durch die Mitgliedstaaten wird sichergestellt, dass aufgekaufte Quoten, die in der nationalen Reserve gehalten
werden, nicht länger als Teil der nationalen Quote gezählt werden, wenn darüber entschieden wird,
ob die Zusatzabgabe fällig ist. Wird die Zusatzabgabe erhoben, so kann der den aufgekauften Quoten entsprechende
Teil für die Umstrukturierung verwendet werden. Längerfristig wird die Kommission eine Arbeitsgruppe
von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten und der Kommission einsetzen, die sich unter anderem mit den
vertraglichen Beziehungen zwischen Landwirten und Milchwirtschaft, den Ergebnissen des Berichts über die Funktionsweise
der Versorgungskette für Milcherzeugnisse, der vor Jahresende veröffentlicht wird, sowie mit der Möglichkeit
eines Terminmarktes für Milcherzeugnisse befassen wird.
„Dieses Paket knüpft an die zahlreichen Maßnahmen an, die wir bereits getroffen haben und die offenbar
Wirkung zeigen“, erklärte die für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zuständige Kommissarin
Mariann Fischer Boel. „Wir sehen für unsere Milcherzeuger allmählich Licht am Ende des Tunnels. Ich bin
daher mehr denn je entschlossen, keine Kehrtwendung zu machen, die unserem Milchsektor langfristig schaden und
die Landwirte in völliger Ungewissheit lassen würde. Ein Rückgängigmachen der im Rahmen des
Gesundheitschecks gefassten Beschlüsse kommt nicht in Frage, und auch der Europäische Rat hat uns ausdrücklich
aufgefordert, einen solchen Schritt nicht in Erewägung zu ziehen. Ich bin davon überzeugt, dass wir unseren
Milcherzeugern mit den heute vorgeschlagenen Maßnahmen wirkliche konkrete Hilfe bieten. Außerdem müssen
wir uns Gedanken über mittel- und langfristige Maßnahmen machen. Hierzu liegen uns bereits konstruktive
Vorschläge von Frankreich und Deutschland vor.“
Kurzfristige Maßnahmen
Die Kommission wird in den kommenden Wochen die Regeln für staatliche Beihilfe ändern, um es den Mitgliedstaaten
im Einklang mit dem befristeten Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Überwindung der
Kreditklemme vorübergehend zu gestatten, den Landwirten Beihilfen in Höhe von bis zu 15 000 EUR zu gewähren.
Der Milchsektor wird künftig unter Artikel 186 der Verordnung über die einheitliche gemeinsame Marktorganisation
fallen, der es der Kommission gestattet, bei Marktstörungen in eigener Befugnis rasch befristete Maßnahmen
zu treffen.
Die Kommission schlägt vor, die Funktionsweise der Regelungen für den Quotenaufkauf durch die Mitgliedstaaten
zu ändern. Derzeit können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Umstrukturierung von den Landwirten Quoten
„kaufen“ und diese in die nationale Reserve stellen. Die nationale Reserve wird als Teil der Gesamtquote eines
Mitgliedstaats gezählt. Überschreiten einzelne Erzeuger ihre Quote, der Mitgliedstaat insgesamt aber
nicht (die nationale Reserve inbegriffen), so wird keine Zusatzabgabe erhoben. Die Kommission schlägt vor,
die aufgekauften Quoten in der nationalen Reserve nicht länger als Teil der nationalen Quote zu zählen,
wenn darüber entschieden wird, ob die Zusatzabgabe fällig ist. Wird die Zusatzabgabe erhoben, so kann
der den aufgekauften Quoten entsprechende Teil für die Umstrukturierung verwendet werden.
Mittel- und langfristige Maßnahmen
Die Kommission schlägt die Einsetzung einer Arbeitsgruppe von Sachverständigen aus der Kommission und
den Mitgliedstaaten vor, die sich intensiv u. a. mit folgenden Themen befassen würde:
- Möglichkeit der Schaffung eines Rechtsrahmens für die vertraglichen Beziehungen zwischen Erzeugern
und Milchwirtschaft, um Angebot und Nachfrage auf dem Markt besser aufeinander abzustimmen und zugleich einen fairen
Wettbewerb zu gewährleisten;
- Schlussfolgerungen des Berichts über die Funktionsweise der Versorgungskette für Milcherzeugnisse,
den die Kommission vor Jahresende vorlegen will;
- Untersuchung der Frage, ob ein Terminmarkt für Milcherzeugnisse in Europa langfristig zu mehr Preistransparenz
führen würde;
- Verbreitung bewährter Verfahren bezüglich Produktionskosten und Innovation im europäischen Milchsektor.
Jüngste Entwicklungen auf dem Milchmarkt
Die jüngsten Daten lassen eine allmähliche Erholung der Preise erkennen. Innerhalb eines Monats sind
die Butterpreise in Frankreich um 4 %, in Deutschland um 8 % und im Vereinigten Königreich noch stärker
angestiegen. Die Preise für Magermilch haben in der EU um durchschnittlich 2 bis 3 % angezogen. Die Preise
für Käse sind, seitdem die Ausfuhrbestimmungen im August geändert wurden, um 5 bis 7 % gestiegen.
Der durchschnittliche Milchpreis in der EU hat sich im August um beinahe 2 % erhöht, und die Interventionskäufe
wurden fast vollständig eingestellt.
Bereits getroffene Maßnahmen
Die Kommission erwartet in diesem Jahr zusätzliche Ausgaben in Höhe von 600 Mio. EUR für marktbezogene
Maßnahmen. 70 % der Direktzahlungen dürfen dieses Jahr bereits im Oktober, also früher als sonst
gezahlt werden. Im Rahmen des Gesundheitschecks und des Konjunkturprogramms stehen zusätzliche Mittel in Höhe
von 4,2 Mrd. EUR zur Bewältigung „neuer Herausforderungen“ zur Verfügung, zu denen auch die Umstrukturierung
des Milchsektors zählt. Diese Mittel werden zusätzlich zu den Geldern bereitgestellt, die im Rahmen der
Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums bereits verfügbar sind. Außerdem hat die Kommission
das Schulmilchprogramm und die Absatzförderungsmaßnahmen für Milcherzeugnisse intensiviert.
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Berlakovich: Vorschläge der Kommissarin sind erster Schritt - jedoch mehr Marktmassnahmen nötig
Nationaler Aufkauf der Quote vom Bauern soll Milchproduktion drosseln
Wien (bmlfuw) - In ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg hat EU-Kommissarin
Mariann Fischer-Boel am 17.09. Massnahmen für den Milchsektor vorgebracht. Neben rascherer Handlungsmöglichkeit
für die Kommission, mehr Kosten- und Preistransparenz erleichtert sie den Aufkauf von Lieferquoten durch den
Mitgliedsstaat. Das hat zur Folge, dass die Produktion reduziert wird und diese Menge nicht in der nationalen Reserve
und damit auch nicht am Markt wirksam wird."Es ist zumindest erfreulich, dass die Kommission reagiert und
Vorschläge zur Marktentlastung bringt, wenn ich mir auch mehr Maßnahmen am Markt direkt erwartet, wie
z.B.: verstärkte Exporterstattung und Intervention, Absatzförderung, Beihilfen für Futtermittel.
Konkrete Vorschläge dazu haben wir ja gemeinsam mit 18 Mitgliedsstaaten wiederholt und zuletzt vorgestern
beim Treffen der Agrarminister in Schweden vorgebracht. Wir sehen den Silberstreif am Horizont, die Zahlen am Weltmilchmarkt
belegen, dass die bereits getroffenen Maßnahmen eine leichte Entspannung bringen. Daher erwarte ich, dass
auch die Milchpreise die die Molkereien den Bauern zahlen in absehbarer Zeit wieder steigen. Ich werde aber weiterhin
nicht locker lassen und die Absatzförderung intensivieren. Konsumpatriotismus ist wieder gefragt und Milch
in den Rezepturen der Lebensmittelindustrie", so Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich.
Kommissarin Fischer-Boel hat auch die Einrichtung einer Expertengruppe aus Fachleuten der Mitgliedsstaaten und
der Kommission angekündigt, die sich mit diesen komplexen Vorhaben beschäftigen soll. "Österreich,
als zentraler Milchproduzent in Europa wird sich mit seiner Erfahrung in die neue Expertengruppe massiv und konstruktiv
einbringen. In einem gemeinsamen Europa mit einem gemeinsamen Markt bedarf es gemeinsamer Ansätze und Lösungen.
Wir haben national schon sehr viel unternommen, um den Milchbauern unter die Arme zu greifen. Das Milchkonjunkturpaket,
die Milchkuhprämie, das Einbehalten der Quote und Vorziehen der Direktzahlung in diesem Jahr führen zu
einer Entlastung der Landwirte", so Minister Berlakovich abschließend. |
Kaufmann solidarisch mit IG-Milch
SPÖ-Bundesbauernvorsitzende Monika Kaufmann fordert fairen Milchpreis
Wien (sk) - "Gute und beste Qualität liefern und dafür einen Preis erhalten, der nicht
zum Überleben reicht. So kann es mit unseren Milchbäuerinnen und Milchbauern nicht weitergehen",
kritisiert SPÖ-Bundesbauernvorsitzende Monika Kaufmann und zeigt sich solidarisch mit der IG-Milch. "Wir
müssen das Überleben unserer Milchbäuerinnen und Milchbauern sichern. Daher unterstütze ich
die Proteste der IG-Milch", so Kaufmann am Donnerstag gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.
"Ein geregeltes Einkommen ist von großer Bedeutung und muss genug zum Auskommen sein, auch für
unsere Milchbäuerinnen und Milchbauern. Hier spielt der Produktpreis eine wesentliche Rolle", so Kaufmann,
die weiter ausführte, dass, falls der Milchpreis weiterhin so niedrig bleibe, die Gefahr bestünde, dass
viele Bäuerinnen und Bauern ihre Betriebe schließen müssen. Daher verstehe Kaufmann auch die Proteste
der Milchbauern, "die mit diesen Demonstrationen um ihre Existenz kämpfen."
"Jetzt ist sofortiges Handeln gefordert. Landwirtschaftsminister Berlakovich und auch die Landwirtschaftskammer
müssen Verhandlungen mit Molkereien und Handel führen, damit es endlich einen gerechtfertigten und fairen
Milchpreis gibt", betonte die SPÖ-Bundesbauernvorsitzende abschließend. |