Bandion-Ortner: "Zeitgemäße Lösung für geschworengerichtliche Verfahren"   

erstellt am
25. 09. 09

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner startet Reform der Laiengerichtsbarkeit und untertreicht Reformbedarf bei der Schwurgerichtsbarkeit
Wien (bmj) - "Die Laiengerichtsbarkeit muss reformiert werden. Sie ist nicht mehr zeitgemäß. Da sie zum Selbstverständnis unserer demokratischen Rechtsordnung gehört, möchte ich diese Tradition auch weiterhin bewahren, jedoch weiterentwickeln und reformieren" so Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner, die nun das Startsignal zur Reform der Laiengerichtsbarkeit gab.

Eine mit hochrangigen Experten besetzte Arbeitsgruppe soll bis Anfang 2010 verschiedene Reformmöglichkeiten ausloten und vorhandene Meinungen zusammenfassen. "Meine Ziele der Reform der Geschworenengerichtsbarkeit sind eine hohe Qualität der Rechtsprechung, gute Urteilsbegründungen und ein wirksamer Rechtsschutz. Es geht um eine moderne Lösung für die österreichische Rechtsordnung," so die Ministerin.

Bandion-Ortner bedankte sich bereits im Vorfeld bei jenen Experten und Expertinnen, die sich bereit erklärt haben, in der Arbeitsgruppe mitzuwirken:

  • Mag. Friedrich Forsthuber, Richter des Oberlandesgerichtes
  • Wien und Mitglied der Fachgruppe Strafrecht der Österreichischen Richtervereinigung
  • O.Univ.Prof. Dr. Helmut Fuchs, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht und Vorstand des Instituts für Strafrecht und Kriminologie
  • Dr. Christoph Kotanko, Chefredakteur Kurier, ehemaliger Laie in einem Geschworenengericht
  • Dr. Rudolf Mayer, Strafverteidiger und Vorstandsmitglied der Vereinigung österreichischer Strafverteidiger
  • Mag. Christian Pilnacek, Vorsitzender der Arbeitsgruppe; Leitender Staatsanwalt im Bundesministerium für Justiz und Strafrechtsexperte Dr. Elisabeth Rech, Strafverteidigerin und Vizepräsidentin der
  • Wiener Rechtsanwaltskammer
  • Dr. Wolfgang Swoboda, Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt und Präsident der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte


Gerade bei Verfahren, die sich mit den schwersten Verbrechen und politischen Delikten befassen, müssen Laien derzeit ganz allein über die Schuldfrage entscheiden. "Ich möchte, dass in Schwurgerichtsfällen zukünftig Berufs- und Laienrichter gemeinsam über Schuld bzw. Schuldlosigkeit von Angeklagten entscheiden und ihr Urteil auch begründen müssen" so Bandion-Ortner, die darauf verwies, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erst vor einigen Tagen in Bezug auf ein belgisches Urteil die mangelnde Begründung von Urteilen als Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren eingestuft habe.

Schwurgerichtsbarkeit: Bandion-Ortner unterstreicht Reformbedarf
Im Rahmen eines dreitägigen Seminars der Richtervereinigung zum Thema Laiengerichtsbarkeit im steirischen Fohnsdorf unterstrich Bundesministerin Bandion-Ortner die ihrer Ansicht nach unausweichliche Notwendigkeit einer Reform der Geschworenengerichtsbarkeit.

"Das Geschworenengericht. Bereicherung oder Bürde des Rechtsstaats?" lautete das Motto des Seminars, bei dem die Justizministerin betonte, dass die Laiengerichtsbarkeit in der Form "nicht mehr zeitgemäß" sei. Bandion-Ortner: „Die Geschworenen sind überfordert, das habe ich in meiner 15-jährigen Tätigkeit als Strafrichterin immer wieder festgestellt.“

Dass Laienrichter bei Kapitalverbrechen und politischen Delikten allein über die Schuldfrage zu entscheiden haben bringe mit sich, dass diese einer großen Belastung ausgesetzt seien, meinte Bandion-Ortner. Sie habe sogar Nervenzusammenbrüche erlebt.

Noch dazu würden die Rechtsfragen, mit denen Laien konfrontiert seien, immer schwieriger. „Oder können Sie beurteilen, ob ein Putativnotwehrexzess vorliegt?“

Sie habe sich viele Jahre lang gedacht, wenn sie einmal etwas zu sagen habe, wolle sie das ändern: „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen", so Bandion-Ortner, die in Schwurgerichtsfällen künftig Berufs- und Laienrichter gemeinsam entscheiden lassen will.

Das brächte mit sich, dass das Urteil in Zukunft auch begründet werde, sagte Bandion-Ortner. Dass Geschworene ihren Wahrspruch nicht begründen müssen, hat erst vor kurzem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Bezug auf ein belgisches Urteil als gravierendes Manko gerügt.

Die Justizministerin kündigte in diesem Zusammenhang den "Startschuss" für die beabsichtigten Reformen der Schwurgerichtsbarkeit an. Bis Anfang 2010 soll eine mit hochrangigen Experten bestückten Arbeitsgruppe an, die "beste Lösung" erarbeiten.

     
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