Außenminister in der ORF-"Pressestunde" / "Ja" von Irland  

erstellt am
05 10. 09

Spindelegger sieht Erklärungsbedarf bei Blockierern des EU-Reformvertrags
Zustimmung der Iren "großer Schritt" - Außenminister: Druck auf den Iran aufrechterhalten
Wien (övp-pd/apa) - Für Außenminister Michael Spindelegger ist die Frage des künftigen österreichischen EU-Kommissars in greifbare Nähe gerückt. Dazu werden auch laufend Gespräche mit Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sowie mit den Außenministerkollegen in der EU geführt, wie er in der ORF-"Pressestunde" am 04.10. betonte: "Mir ist wichtig, dass Österreich ein wirklich wichtiges Gestaltungsressort bekommt."

Spindelegger sieht in der Zustimmung der Iren zum EU-Reformvertrag von Lissabon einen "großen Schritt". Wer den Prozess jetzt noch blockiere, habe "Erklärungsbedarf", meinte der Außenminister am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" in Anspielung an die Situation in Tschechien. Dort habe das Parlament dem Vertrag bereits zugestimmt. Jetzt müsse noch das Verfahren vor dem Verfassungsgericht abgeschlossen werden. Auch die Unterschrift des EU-kritischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus steht noch aus.

In Bezug auf die Haltung der britischen Konservativen, deren Chef David Cameron den Briten im Fall eines Wahlsiegs ein Referendum versprochen hat, wenn der Vertrag zu diesem Zeitpunkt nicht von allen EU-Ländern ratifiziert sein sollte, sagte Spindelegger, jetzt noch zu verzögern, sei "nicht fair". Das Parlament in Großbritannien habe dem Vertrag von Lissabon bereits zugestimmt. Das müsse man zur Kenntnis nehmen.

Sollte es tatsächlich zu einer Verzögerung und einer Ablehnung des EU-Reformvertrages durch die Briten kommen, gebe es "keine Hoffnung mehr" für den Vertrag von Lissabon. In diesem Fall würde das bestehende Regelwerk - der Vertrag von Nizza - weiter gelten. Das wäre zwar "keine Katastrophe", aber "suboptimal", meinte Spindelegger.

In der Frage des Atomstreits mit dem Iran äußerte der Außenminister die Ansicht, dass der Druck auf Teheran aufrecht bleiben müsse. "Da dürfen wir nicht lockerlassen." Es gebe "erste positive Anzeichen", doch es sei klar, dass die Geduld "bald ein Ende" habe. Der Iran werde auch Thema bei seinem Besuch in Moskau am Montag sein, sagte Spindelegger. Im Mittelpunkt seiner dortigen Gespräche stehe jedoch die Vorbereitung des österreichischen Vorsitzes im UNO-Sicherheitsrat im November.

 

Muttonen: Irisches "Ja" zu Lissabon ein Erfolg für die EU
Friedensprojekt EU wieder auf Schiene ´
Wien (sk) - SPÖ-Europasprecherin Christine Muttonen sieht das irische "Ja" zum neuen Vertrag von Lissabon als Erfolg für die EU: "Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Vertrag in Kraft treten kann." Sie hob hervor, dass nun die Fortsetzung des Friedensprojektes und der Ausbau der Zusammenarbeit zügig vorankommen kann. Auch betonte sie erneut, dass "der Vertrag als Zwischenschritt zur Sozialunion geeignet ist."

Zudem wird die Aufwertung des EU-Parlaments und das damit einhergehende Mehr an Demokratie stärkeres Interesse an Europaparlamentswahlen wecken, zeigt sich Muttonen zuversichtlich. Besonders wichtig sei ihr auch der Ausbau der Demokratie in einem zweiten Punkt, dre Einführung von EU-weiten Volksbegehren. "Auch die Schaffung einer Möglichkeit für EuropäerInnen, ihre Rechte beim Europäischen Gerichtshof einklagen zu können, sorgt für mehr Transparenz. Diese Stärkung von demokratischen Grundrechten ermöglicht - so hoffe ich - ein stärkeres europäisches 'wir-Gefühl'", so Muttonen abschließend.

 

Strache: Vertrag von Lissabon ist verpflichtend einer Volksabstimmung zu unterziehen!
FPÖ wird Verfassungsklage einbringen - Österreichische Außenpolitik erschöpft sich in Personaldiskussionen und Bücklingen vor Brüssel
Wien (fpd) - Außenminister Spindelegger habe leider einmal mehr gezeigt, dass diese Bundesregierung ganz und gar nichts von der direkten Demokratie und der Einbindung der Bevölkerung in Entscheidungen halte, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache zur ORF-"Pressestunde". Offenbar wolle man die Menschen auch weiterhin von wichtigen Zukunftsentscheidungen ausschließen. Gerade der Vertrag von Lissabon, den Spindelegger mit Zähnen und Klauen verteidigt habe, wäre einer verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen gewesen, da es sich um eine Gesamtänderung der Bundesverfassung handle, erklärte Strache. Die FPÖ werde daher bei Inkrafttreten des Vertrags eine Verfassungsklage einbringen. "Wir werden unseren Widerstand gegen den Brüsseler Zentralismus nicht aufgeben." Die FPÖ stehe nicht nur in dieser Frage als einzige Partei bedingungslos auf der Seite der Österreicher und der österreichischen Souveränität und Neutralität.

Strache sprach sich auch entschieden gegen einen EU-Beitritt der Türkei aus. Eine Volksabstimmung darüber hätte schon vor Beginn der Beitrittsverhandlungen erfolgen müssen. Die Bundesregierung hingegen vertröste die Menschen mit einer Volksabstimmung am Sankt-Nimmerleinstag.

Insgesamt habe sich in der Pressestunde die tiefe Hilflosigkeit der österreichischen Außenpolitik gezeigt. Von einer aktiven und mutigen Neutralitätspolitik wie unter Kreisky sei schon seit langem keine Rede mehr, bedauerte Strache. Stattdessen erschöpfe sich die österreichische Außenpolitik in Personaldiskussionen und Bücklingen vor Brüssel.

 

Scheibner: Regierung unterstützt keine mutige und aktive Außenpolitik
"SPÖ und ÖVP bringen keine klaren Lösungsvorschläge bei aktuellen Problemen ein
Wien (bzö) - Der außenpolitische Sprecher des BZÖ, Abg. Herbert Scheibner, meinte heute zur ORF-"Pressestunde" mit Außenminister Spindelegger, "dass der Minister wohl sachorientiert agiere, die österreichische Bundesregierung insgesamt aber keine mutige und aktive Außenpolitik unterstütze".

"SPÖ und ÖVP bringen keine klaren Lösungsvorschläge bei aktuellen Problemen ein", so Scheibner und nannte in diesem Zusammenhang das "Herumdoktern an den Strukturen der EU", dabei wäre "ein klares Nein zu einem Vollbeitritt der Türkei zur EU" notwendig, damit man über Alternativen verhandeln könnte. "Es muss auch eine Diskussion über eine Neuordnung Europas mit einer Anbindung von einem "Kerneuropa" - wie wir das fordern - bis hin zu maßgeschneiderten Partnerschaften für Länder, die eine EU-Vollmitgliedschaft nicht wollen beziehungsweise der EU nicht beitreten können, gestartet werden", forderte Scheibner.

Wenn man Österreich als Drehscheibe für Dialog und Frieden etablieren möchte, dann sei das zu unterstützen, aber auch da sei es notwendig, dass Österreich klare Positionen beziehe, sagte Scheibner. "Diese klaren Positionen Österreichs fehlen etwa beim Nahost-Konflikt oder beim Krisenherd Irak", schloss Scheibner.

 

  Lunacek: Widersprüchliche Haltung Spindeleggers zu Volksabstimmungen
"Europapolitischer Ansatz wenig ambitioniert"
Wien (grüne) - Die Europa-Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, ortet in der Haltung von Außenminister Spindelegger zu Volksabstimmungen Widersprüche. "Spindelegger verwickelt sich selbst in Widersprüche, wenn er für den Türkeibeitritt eine nationale Volksabstimmung fordert, aber gleichzeitig generell gegen Volksabstimmungen eintritt und sich damit auch gegen europaweite Volksabstimmungen ausspricht. Spindelegger hält die europäischen BürgerInnen offenbar nicht für mündig genug, wichtige Entscheidungen zu treffen. Damit steht Spindelegger im Widerspruch zum europapolitischen Sprecher der ÖVP, Wolfgang Schüssel, der in den vergangenen Jahren immer wieder europaweite Volksabstimmungen gefordert hat. Insgesamt ist Spindeleggers europapolitischer Ansatz wenig ambitioniert geblieben", so Lunacek zu Spindeleggers Auftritt in der heutigen Pressestunde.

Die zögerliche Vorgangsweise der ÖVP bei der Nennung eines EU-Kommissars könnte laut Lunacek "langsam Schaden anrichten". "Die ÖVP hat sich in den letzten Monaten allzusehr mit der Frage der Personen beschäftigt und die Ressortfrage in den Hintergrund gerückt. Ich hoffe sehr, dass dies nicht dazu führt, dass Österreich mit einem kleinen, eher weniger zentralen Ressort vorlieb nehmen muss", so Lunacek.

Anlässlich der bevorstehenden Russlandreise fordert Lunacek Spindelegger auf, dort unbedingt die Frage der Menschenrechte und der Medienfreiheit zu thematisieren. "Nach den jüngsten Morden an Kritikern und JournalistInnen ist die Lage der Menschenrechte in Russland noch dramatischer geworden", so Lunacek.
 
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