Jüdisches Museum zeigt umfassende Ausstellung zu Marcel Proust   

erstellt am
30. 09. 09

"Cher ami ... Marcel Proust im Spiegel seiner Korrespondenz"
Wien (rk) - "Marcel Prousts Opus magnum ´Auf der Suche nach der verlorenen Zeit´ gilt ähnlich wie Robert Musils ´Mann ohne Eigenschaften´ als singuläres Roman-Monument. Nur wenige haben es gelesen und noch weniger wissen über die vielschichtige Persönlichkeit Prousts in unseren Breiten Bescheid. Wir wollen mit dieser Ausstellung diese Wissenslücken schließen helfen", sagte Direktor Karl Albrecht-Weinberger in seinem Eröffnungsstatement. Der Botschafter der Republik Frankreich, Philippe Carré würdigte die mutige Entscheidung des Museums, die Ausstellung kurzfristig und außerhalb der ursprünglichen Programmplanungen zu zeigen und betonte die Bedeutung Prousts für die französische Literatur: "Die Universalität seines Schaffens berührt und bis zum heutigen Tage." Reiner Speck, Sammler, Leihgeber und Kurator der Ausstellung brachte den Ehrengästen der Eröffnung in pointierter Weise Leben und Werk Marcel Prousts näher. Seine Rede kann auf der Homepage des Museums unter www.jmw.at abgerufen werden.

Das Jüdische Museum Wien zeigt von bis 22. November 2009 im Palais Eskeles mit "Cher ami ... Marcel Proust im Spiegel seiner Korrespondenz" eine Ausstellung der Bibliotheca Proustiana Reiner Speck in Kooperation mit der Marcel Proust Gesellschaft Köln und dem Literaturhaus München, die dem berühmten französischen Schriftsteller gewidmet ist. Mit dieser Ausstellungsübernahme bietet sich dem literarisch interessierten Publikum erstmals in Österreich die Gelegenheit, einen umfassenden Einblick in Leben und Werk Marcel Prousts zu erhalten. Begleitet wird die Ausstellung von einem wissenschaftlichen Symposium über "Marcel Proust und die Musik", das von 5. bis 7. November 2009 in Wien im Institut Français de Vienne und in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften stattfindet.

Marcel Proust (1871-1922) zählt zu den größten literarischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Sein Hauptwerk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" (À la recherche du temps perdu) gilt als singuläres Romanmonument. Über die schriftstellerische Arbeit hinaus war der Sohn eines katholischen Vaters und einer jüdischen Mutter ein manischer, atemloser Briefschreiber. Seine umfangreiche Korrespondenz, von der er wünschte, sie möge nach seinem Tod vernichtet werden, lässt das vielfarbige Bild eines Autors entstehen, der sich Zeit seines Lebens mit Vorurteilen und schweren Krankheiten herumplagte und erst spät zu literarischen Ehren gelangte. Daher gehört die Arbeit an der "Recherche" auch immer wieder zu den Themen seiner Briefe. Den Charme und die Größe von Prousts Korrespondenz machen jedoch die persönlichen Beziehungen sowie die ausschweifenden und fein gesponnenen Freundschaftsbekundungen aus.

Die Bibliotheca Proustiana Reiner Speck in Köln hütet über 80 dieser Zeitdokumente, davon sind viele bisher unpubliziert und unübersetzt. Sie initiierte in Kooperation mit dem Literaturhaus München und der Marcel Proust Gesellschaft Köln diese Ausstellung, die weitere Proust-Autographen, seltene Fotografien, Porträtzeichnungen und -skizzen sowie Manuskripte und signierte Bücher präsentiert. Hinzu kommen persönliche Dokumente, Handschriften und Bücher der Briefadressaten - aus dem Kreis der Familie, der Freunde sowie der Kollegen und Kritiker. Wie ein Leitmotiv zieht sich auch sein Engagement für den zu Unrecht verurteilten jüdischen Offizier Alfred Dreyfus durch viele seiner Briefe.

Die Ausstellung ermöglicht dem Besucher, Marcel Proust im Spiegel seiner Korrespondenz und sein Werk im Kontext seiner Zeit kennen zu lernen. Die Briefe sind in verschiedene Themenbereiche eingebettet, filmische Dokumente und Kommentare von Zeitzeugen ergänzen sie. Mit dem Audioguide können die Besucher einen Großteil der Korrespondenz in deutscher Übersetzung hören. Die Ausstellung zeigt den großen Romancier Proust in einer unmittelbaren, authentischen und vielfältigen Weise, die sein ganzes Leben und Wirken umspannt. Jürgen Ritte, Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Professor an der Université de la Sorbonne Nouvelle, und Reiner Speck, Arzt, Sammler, Publizist, Begründer und Präsident der Marcel Proust Gesellschaft haben die Schau kuratiert. Beide sind auch Herausgeber des begleitenden Katalogbuchs "Cher ami... Votre Marcel Proust. Marcel Proust im Spiegel seiner Korrespondenz" (Snoeck Verlag, Köln 2009, Euro 49,80. ISBN 978-3-936859-04-9). Für die Ausstellungsarchitektur und -gestaltung zeichnen Costanza Puglisi und Florian Wenz vom Münchner Büro "unodue", unterstützt von Yvonne Borchert und Katharina Fiddeke, verantwortlich. Zur Ausstellung ist auch ein illustrierter Kurzführer des Literaturhauses München mit Texten und Abbildungen erschienen (Euro 5,-), der im Bookshop Singer im Jüdischen Museum Wien erhältlich ist.

"Cher ami ... Marcel Proust im Spiegel seiner Korrespondenz" ist von 30. September bis 22. November 2009 im Jüdischen Museum Wien (A-1010 Wien, Dorotheergasse 11) zu sehen.
     
Informationen: http://www.jmw.at    
     
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