Metropolit Staikos: "Bibel in kurzen Erzählungen" ist "Zeugnis des Lebens
und des Glaubens der Orthodoxie in Österreich" - Sturm: "Gesamtökumenisches Ereignis"
Wien (pew) - Alle Beteiligten waren sich einig: es war ein besonderes ökumenisches Ereignis,
als am 28.09. das erste deutschsprachige orthodoxe Schulbuch in Österreich präsentiert wurde. Das im
Auftrag des Orthodoxen Schulamtes von der Österreichischen Bibelgesellschaft herausgegebene Schulbuch "Bibel
in kurzen Erzählungen" richtet sich insbesondere an orthodoxe Volksschulkinder und möchte ihnen
einen leicht verständlichen und zugleich bunt illustrierten Zugang zu den Texten der Heiligen Schrift bieten.
Nachdem im Vorjahr der neue Lehrplan für den orthodoxen Religionsunterricht an Volksschulen erlassen wurde,
stellt das heute präsentierte Buch einen konsequenten weiteren Schritt dar, betonte der griechisch-orthodoxe
Metropolit Michael Staikos im Gespräch mit "Kathpress". Zugleich sei es Ausdruck auch der guten
innerorthodoxen Zusammenarbeit. So trägt das Schulbuch im Geleitwort die Unterschriften aller großen
orthodoxen Kirchen in Österreich: des griechisch-orthodoxen Metropoliten Staikos, des Administrators der russisch-orthodoxen
Diözese von Wien und Österreich, Bischof Mark (Golowkow), des serbisch-orthodoxen Bischofs Konstantin
(Djokic), des Metropoliten der rumänisch-orthodoxen Diözese, Serafim (Joanta), sowie des Vikarbischofs
der bulgarisch-orthodoxen Diözese, Tichon (Ivanov).
Das Buch enthält die wichtigsten biblischen Texte des Alten und Neuen Testaments in vereinfachter Sprache.
Die Illustrationen stammen von der Künstlerin Martha Kapetanakou-Xynopoulou und greifen bewusst die Bildtradition
der Ikonen auf. Im Anhang des Buches finden sich zentrale Gebete der orthodoxen Kirche, aber auch Informationen
zu den wichtigsten Festen und der orthodoxen Liturgie.
Staikos: Zeugnis des orthodoxen Glaubens
Staikos würdigte das Schulbuch als "ein Zeugnis des Lebens und des Glaubens der Orthodoxie in Österreich"
und zugleich als "ein Zeichen der Integration des orthodoxen Glaubens in Österreich bei gleichzeitiger
Wahrung seiner Identität". Er zeigte sich außerdem zuversichtlich, dass das Buch als erstes deutschsprachiges
orthodoxes Schulbuch auch in Deutschland sowie in der deutschsprachigen Schweiz Verwendung finden werde.
In seinem Festvortrag unterstrich Metropolit Staikos die Bedeutung der Heiligen Schrift für die Orthodoxie.
Sie sei "Fundament und Ausgangspunkt jeder Theologie". Daher sei orthodoxer Glaube "immer biblischer
Glaube". In ihrem biblischen Fundament unterscheide sich die Orthodoxie jedoch von der Konzeption einer von
der Tradition losgelösten "sola scriptura", was für die protestantische Theologie prägend
war. Vielmehr bilde das Schriftzeugnis und die Tradition in der Orthodoxie "eine untrennbare Einheit",
ebenso wie auch das Alte und das Neue Testament in der Orthodoxie stets als Einheit der einen Offenbarung gelesen
werden, so Staikos.
Die "Kontinuität der Tradition" stellt laut Staikos den Grund dafür dar, dass die orthodoxe
Kirche ein "lebendiger und wachsender Organismus" sei. Es sei jedoch zugleich auch diese "ganzheitliche
Dimension", die er im Blick auf den ökumenischen Dialog hin und wieder vermisse, so Staikos weiter. Einer
Ökumene, die allein auf theologischen Diskurs- und Einigungspapieren basiere, die jedoch an der Basis weder
rezipiert noch umgesetzt würden, drohe letztlich die Kraftlosigkeit.
Dura: "Kompass für christliche Werte"
Als einen "Kompass für die Vermittlung christlicher Werte" bezeichnete der rumänisch-orthodoxe
Bischofsvikar Nicolae Dura die "Bibel in kurzen Erzählungen". Die enthaltenen Texte stellen "ausgewählte
Blumen aus dem Garten der Heiligen Schrift" dar, so Dura. Sie werden ergänzt durch die gerade für
den Religionsunterricht praktische Sammlung von orthodoxen Grundgebeten.
Sturm: "Gesamtökumenisches Ereignis"
Der evangelische Altbischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich
(ÖRKÖ), Herwig Sturm, bezeichnete die Präsentation des Buches als ein "gesamtökumenisches
Ereignis" und einen "wichtigen Baustein" im europäischen Integrationsprozess, der auch die
orthodoxen Kirchen betrifft.
In seinem Grußwort verwies Sturm insbesondere auf das "einzigartige Projekt" der in gemeinsamer
Trägerschaft von evangelischer, orthodoxer, orientalisch-orthodoxer, altkatholischer und katholischer Kirche
stehenden Religionslehrerausbildung an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems. Dies sei ein weiteres
Zeichen gelingender Ökumene in Österreich.
Die Rektorin der Katholisch Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, Prof. Ulrike Greiner, wies auf die Parallelität
von Ökumene und internationaler Forschung hin. Wie in der Ökumene, so gelte auch in der Forschung, dass
Universitäten nur bestehen können, wenn sie sich als "offene Institutionen" präsentieren,
Netzwerke bilden und "Partnerschaften mit Handschlagqualität" eingehen - ein Prinzip, auf dem auch
ökumenische Begegnung basieren. |