Milchgipfel soll Klärung für Bauern bringen  

erstellt am
09 10. 09

 Berlakovich lädt für Montag zu EU-Milchgipfel in Wien
Zahlreiche EU-Agrarminister erarbeiten Forderungen an Brüssel
Wien (bmlfuw/aiz) - Um die "sehr schwierige Situation" auf dem Milchmarkt zu entschärfen, lädt Österreichs Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich für kommenden Montag (12.10.) zu einem Milchgipfel in Wien, bei dem unter anderem die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner und der französische Ressortchef Bruno Le Maire teilnehmen werden. Bis zum Mittag des 09.10. haben laut APA weitere sieben EU-Agrarminister ihre Teilnahme am Arbeitstreffen zugesagt.
Österreich, Frankreich und Deutschland federführend

Die Zusammenkunft in Wien soll der Startschuss für eine gemeinsame Diskussion auf Ministerebene sein, bei dem ein Forderungskatalog an die EU-Kommission erstellt werden soll. Federführend sollen dabei Österreich, Frankreich und Deutschland sein. Man erwarte sich, "dass die Kommission in einer schwierigen Situation ihre Anstrengungen verstärkt und den Milchbauern hilft", sagte Berlakovich heute bei einer Pressekonferenz in Parndorf und bekräftigte seine Forderung nach kurzfristigen Maßnahmen seitens der Kommission.

Im Agrarbereich gebe es momentan eine sehr schwierige Situation - nicht nur bei der Milch, sondern auch im Bereich des Getreides und in anderen Sektoren. "Man kann eindeutig sagen, dass auch die Landwirtschaft mittlerweile voll erfasst ist von der Wirtschaftskrise", so Berlakovich. Man spüre Nachfrage- und Preiseinbrüche, Märkte würden wegbrechen.

Im Bereich der Milch habe man die EU "dorthin gebracht, dass sie in den Markt eingreift". Seit Monaten werde Milch vom Markt genommen, um Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen. Es gebe zwar erfreulicherweise einen steigenden Erzeugerpreis, dieser sei aber noch nicht dort, wo die Bauern sicher existenzsichernd wirtschaften könnten. "Hier muss noch mehr passieren", so der Minister. Er habe vor Monaten mit einer Initiative auf europäischer Ebene begonnen. Nach anfänglich sechs Ländern würden mittlerweile 20 der 27 Mitgliedstaaten von der Kommission konkrete Maßnahmen für die Milchbauern fordern. Leider habe EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel dem bisher noch nicht stattgegeben.

Von Kommission bisher getroffene Maßnahmen unzureichend
Die Maßnahmen, die die Kommission bisher getroffen habe, seien "zu wenig". Österreich habe vorgeschlagen, zusätzlich Anreize zu geben, damit Milchpulver in der Futtermittelindustrie verwendet werde. Eine andere Möglichkeit sei, Motivationen zu schaffen, damit die Milch wieder in der Lebensmittelindustrie - bei Speiseeis, Keksen und anderen Produkten - verwendet werde. Dies habe die Kommission abgeblockt, man wolle aber an dem Thema dranbleiben.

"Wenn 20 Mitgliedstaaten von 27 ein Programm präsentieren, das Sinn hat, dann erwarten wir uns, dass die Kommission wesentliche Teile - wenn nicht das Ganze - übernimmt", so Berlakovich. Bei den Staaten, die Österreich nicht unterstützen - etwa Großbritannien, die Niederlande, Dänemark und Schweden - handle es sich um solche, die traditionell für eine völlige Liberalisierung eintreten würden.

Weitere Impulse von Expertengruppe erwartet
Auf EU-Ebene soll - wie berichtet - außerdem eine Expertengruppe nächste Woche ihre Arbeit aufnehmen. Auch von dort erwarte man Impulse, es seien jedoch auch kurzfristige Maßnahmen nötig. Hier müsse die Kommission agieren. Das Thema könne "nur europaweit gelöst werden", nationale Einzelwege würden hier nichts bringen, sagte der Minister. "Die Kommission kann sich hier nicht aus ihrer Verantwortung stehlen, sondern muss Maßnahmen für die Bauern setzen. Das erwartet die gesamte europäische Landwirtschaft", erklärte der Ressortchef.

Um die österreichischen Milch- und Getreidebauern zu unterstützen, habe man bereits Pakete geschnürt, wie etwa die vorzeitige Auszahlung der Förderungen oder die Stundung von Agrarinvestitionskrediten. Auch die ab 2010 laufende Milchkuhprämie werde die Bauern unterstützen.

 

Kaufmann: ÖVP-Landwirtschaftsminister auf Tauchstation
SPÖ-Bundesbauernvorsitzende Monika Kaufmann: Das Problem der Milchbauern ist längst ein Gesellschaftsproblem!
Wien (sk) - Anlässlich des Milchgipfels der EU-AgrarministerInnen in Wien, zu dem Landwirtschaftsminister Berlakovich am 12. Oktober lädt, fordern ihn die SPÖ-Bundesbauern dazu auf, konkrete Maßnahmen für die Milchbäuerinnen und Milchbauern zu ergreifen: "Entscheidend ist, Maßnahmen auch für die Milchbauern und nicht nur für den Handel und andere Sparten zu setzen. Wir erwarten konkrete Vorschläge, die schnell umgesetzt werden", so SPÖ-Bundesbauernvorsitzende Monika Kaufmann am 09.10. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Die österreichische Milchwirtschaft ist stark gefährdet. Es gibt nur noch rund 35.000 Milchbäuerinnen und Milchbauern, vor knapp 15 Jahren waren es noch 84.000. Wenn sie streiken, dann sei das Ausdruck ihres Existenzkampfs. "Täglich hören zehn Milchbäuerinnen und Milchbauern auf zu existieren. Das Problem der Milchbauern ist längst kein rein landwirtschaftliches mehr, die gesamte Regionalpolitik, der Arbeitsmarkt und der Tourismus sind davon betroffen. Wenn landwirtschaftliche Betriebe zusperren, betrifft dies die ganze Gesellschaft", erklärte Kaufmann.

"ÖVP-Berlakovich, seines Zeichens Landwirtschaftsminister, will uns Bäuerinnen und Bauern Glauben machen, dass alleine die EU-Agrarpolitik am katastrophalen Milchpreis schuld ist", kritisierte Kaufmann und entgegnete: "Wer so wie die ÖVP Mehrheiten von mehr als 80 Prozent in allen für die österreichische Landwirtschaft wichtigen Gremien wie Landwirtschaftskammern, Sozialversicherung, Genossenschaften usw. hat, der kann und muss sofort helfen. Ein Ende der Saldierungsregelung, mittels der Landwirte geringere Milchmengen von Kolleginnen und Kollegen durch eigene Mengensteigerungen ausgleichen dürfen, was zu immer mehr Produktion und damit zu immer niedrigeren Preisen führt, wäre eine solche Hilfe, die sofort machbar wäre."

 

Jannach: Ideenlose ÖVP hat keine Lösungen für die Krise der Milchbauern
Für den bevorstehenden Agrarministerrat der EU verlangte die FPÖ im Ausschuss die klaren Standpunkte Österreichs Landwirtschaftsministers
Wien (fp) - Weit fern der Realität präsentierte sich die ÖVP mit Landwirtschaftminister Berlakovich einmal mehr im Landwirtschaftsausschuss. "Anstatt konkrete Lösungen für die betroffenen Milchbauern vorzuschlagen, agieren gewisse Bauernbundfunktionäre rund um Bundesminister Niki Berlakovich so, als hätten sie noch nie etwas von der momentanen katastrophalen Lage der Milchbauern gehört", kritisiert der FPÖ Agrarsprecher NAbg. Harald Jannach, für den diese Vorgehensweise keine Neuigkeit ist.

Für den bevorstehenden Agrarministerrat der EU verlangte die FPÖ im Ausschuss die klaren Standpunkte Österreichs Landwirtschaftsministers. "Das einzige was der Minister zum Besten gab, war, dass man den Milchmarkt besser organisieren wolle, Förderungen für Milchpulver und eine Erhöhung der Intervention erreichen wolle", ist Jannach erschüttert über die Ideen- und Visionslosigkeit des Landwirtschaftsministers. Konkretes wurde vom Minister überhaupt nicht vorgelegt.

"Man sollte endlich den Ernst der Lage erkennen und im Sinne der Betroffenen handeln, bevor tausende Landwirte aufgrund dieser rücksichtslosen und unfähigen Politik Berlakovichs ihre Pforten schließen müssen", so Jannach weiter. "Nur allein die IG-Milch zu beschimpfen wird zu wenig sein!"

"Wir müssen hin zu einer gerechten Mengensteuerung in Form einer Lieferquote, weg von diesem ungerechten EU-Förderungswahnsinn für reiche Großbetriebe und die Saldierung müsste sofort ausgesetzt werden", verlangt der FPÖ-Agrarsprecher.

"In einer solchen Krise muss man Taten setzen und nicht von abgehobener Funktionärsposition die Bauern ohne Hilfe sterben lassen", hält Jannach abschließend fest.

 

Moosbrugger: Immer mehr EU-Staaten fordern Milchmarkt-Entlastung
Bereits mehr als 20 Mitgliedsländer für weitere Maßnahmen
Wien (lk) - "Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich ist es im Verbund mit Deutschland und Frankreich gelungen, die Probleme des Milchmarktes auf europäischer Ebene zum Thema zu machen. Bis vor Kurzem war Österreich mit fünf weiteren Mitgliedstaaten in der Minderheit, wenn es um umfangreichere Maßnahmen zur Entlastung ging. Beim eigens wegen der dramatischen Lage am Milchmarkt einberufenen Sonder-Agrarministerrat am 05.10.2009 hat sich herausgestellt, dass die Zahl der Mitgliedstaaten, die eine existenzgefährdende Situation für die Erzeuger sehen und weitere Maßnahmen fordern, von ursprünglich sechs auf mittlerweile mehr als 20 Länder gestiegen ist", erklärte Josef Moosbrugger, Vorsitzender des Ausschusses für Milchwirtschaft in der Landwirtschaftskammer Österreich und Präsident der Landwirtschaftskammer Vorarlberg, anlässlich des Sonderagrarrates zur Milchmarktsituation. "Wenn die Minister von 20 EU-Mitgliedstaaten an der derzeitigen Systematik und Situation etwas verändern wollen und die Kommission bleibt stur, dann verstehe und akzeptiere ich das nicht. Ich werde weiterhin für eine Systemdiskussion kämpfen", so Moosbrugger.

Die Europäische Kommission geht mit dem jüngsten Sondertermin und dem Agrarministerrat am 19.10.2009 den Problemen am Milchmarkt auf den Grund und sucht weitere Möglichkeiten, die kurz- und mittelfristig zur Verbesserung der Marktlage beitragen. Jedoch ist die Kommission auch in der aktuell schwierigen Situation nicht bereit, die Ergebnisse des Health Checks zu diskutieren. "Aus Sicht der Milchbauern sind die noch 2008 so positiven Marktprognosen der Generaldirektion Landwirtschaft für den Milchmarkt auch mittelfristig nicht haltbar", so Moosbrugger.

Expertengruppe ist zwar positives Signal, aber ungenügendMoosbrugger sieht die Einsetzung einer Expertengruppe zwar positiv. "Allerdings werden die Vertreter der Milchbauern die Arbeit dieser Gruppe kritisch verfolgen, dass tatsächlich brauchbare Ergebnisse vorgelegt werden, um eine ähnlich negative Situation wie derzeit zu verhindern", ergänzt der LK- Milchsprecher. Darüber hinaus fordert Moosbrugger neben mehr Transparenz in der Lebensmittelkette vor allem auch eine Stärkung der Verhandlungsposition der Milcherzeuger. "Ich bin der Meinung, dass die Health Check-Beschlüsse in ihren Auswirkungen hinterfragt werden müssen. Adäquate weitere Begleitmaßnahmen durch den zukünftigen zuständigen Kommissar für Landwirtschaft sind unbedingt erforderlich", erklärte Moosbrugger.
 

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