Niedriges Geldmarktniveau in Euroraum und USA bis zum Jahresende – Kein festerer US-Dollar in
Sicht, osteuropäische Währungen holen gegenüber Euro auf
Wien (bank austria) - Die Konjunkturpakete und Liquiditätsspritzen der verschiedenen Staaten
und Notenbanken zeigen Wirkung. Mit scheinbar unbegrenzten Mitteln ist es gelungen, einen sich selbst verstärkenden
Feedbackprozess aus sinkenden Ausfallswahrscheinlichkeiten einzelner Staaten, steigenden Aktienkursen, festeren
osteuropäischen Währungen und einer verbesserten Unternehmensstimmung in Gang zu setzen. "Wirft
man einen Blick auf Vorlaufindikatoren wie die globalen Einkaufsmanagerindizes, drängt sich tatsächlich
die Hoffnung auf eine V-förmige Konjunkturerholung auf. Selbst die US-Häuserpreise, Auslöser der
Finanzmarktkrise und damit der Ursprung allen Übels, bekommen wieder Boden unter die Füsse", sagt
Helmut Bernkopf, Bank Austria Vorstand Corporate & Investment Banking.
Betrachtet man heute die Ertragsentwicklung der verschiedenen Assetklassen im bisherigen Jahresverlauf erscheint
die Krise als ein böser Traum. Mit Ausnahme diverser Indizes für den Kunstmarkt haben alle Investmentkategorien
den Umschwung geschafft und weisen positive Renditen aus.
"Prinzip Hoffnung" – Viele Indizien deuten auf wirtschaftliche Erholung hin
Auch die sogenannten "Staff Forecast" der Europäischen Zentralbank spiegeln sehr gut die "schöne,
neue Welt" wider. Erstmals seit etlichen Quartalen sind wieder positive Wachstumsrevisionen zu sehen. "Besonders
erfreulich daran ist, dass die positiven Revisionsdeltas nicht von heute auf morgen ihre Richtung ändern,
sondern über die nächsten Wochen und Monate anhalten dürften", hält Michael Rottmann,
Leiter Globale Zins- und Währungsstrategie der UniCredit Group, fest, "Behalten unsere Volkswirte mit
ihrer Wachstumsprognose für Euroland von plus 0,8 Prozent 2010 Recht, dann ist auch in den kommenden Monaten
jede Menge Potenzial für einen anhaltenden positiven Revisionstrend gegeben."
Dieser Optimismus wird zudem von der Absicht der Notenbanken, nicht übereilt eine Leitzinsnormalisierung bzw.
Exitstrategie einzuschlagen, unterstützt. Das niedrige Geldmarktniveau im Euroraum und in den USA dürfte
damit auch am Jahresende noch gelten. Den 3M Euriborsatz sieht das Global Research der UniCredit Group demnach
unter 1 Prozent, der 3M Eurodollarsatz sollte deutlich unter 0,5 Prozent liegen. Die 10-jährigen Swapsätze
dürften nur wenige Basispunkte über dem aktuellen Niveau liegen.
US-Notenbank wird Exitstrategie vermutlich im 2. Halbjahr 2010 ankündigen
2010 dürfte der Trend hingegen nach oben gerichtet sein. Obwohl es in den ersten sechs Monaten noch keine
Leitzinsanhebungen geben sollte, wird die US-Notenbank die Marktteilnehmer wohl rhetorisch auf den Beginn des Normalisierungsprozesses
im zweiten Halbjahr vorbereiten. Die EZB wird wahrscheinlich erst im 1. Quartal 2011 mit der Umsetzung ihrer Ausstiegsstrategie
beginnen. Trotzdem werden sich die Geldmarkt- und Swapsätze zum Ende des 1. Halbjahres 2010 auf einem deutlich
höheren Niveau bewegen. Im Euroraum erwartet Rottmann den 3M Euriborsatz bei knapp über 1 Prozent, in
den USA ist mit einem Anstieg auf 0,85 Prozent zu erwarten. Die 10-jährigen Swapsätze dürften im
Euroraum auf 4 Prozent, in den USA auf 4,2 Prozent anziehen.
Entsprechend wird auch die Währungsentwicklung verlaufen. "Beflügelt von einem anhaltenden Optimismus
und damit steigenden Risikoappetit wird die im sicheren Hafen der Staatsanleihen geparkte Liquidität wieder
nach und nach in risikoreichere Assetklassen geleitet werden. Einen Großteil dieser Bewegung haben wir zwar
schon in den vergangenen Monaten gesehen, weitere Shifts werden aber folgen", meint Bernkopf. Dies ist gleichbedeutend
mit einer anhaltenden Befestigung der Rohstoffpreise, von Aktienkursen und dem Carry-Trade-Ansatz im Währungsbereich.
Der CHF und JPY werden sich in den kommenden Monaten sukzessive in Richtung 1,55 und 140 gegenüber dem EUR
abschwächen. Die osteuropäischen Währungen werden hingegen nicht nur analog mit dem EUR aufwerten,
sondern dürften ihrerseits gegenüber dem EUR nochmals leicht an Boden gewinnen. Ein Sonderfall wird der
EUR-USD Wechselkurs bleiben. Die USD-Argumentation des Global Research der UniCredit Group geht über den monokausalen
Einfluss von Carry-Aspekten hinaus. "Auch wenn die weltweite ‚konjunkturelle Heilung’ in den USA ihren Ausgang
nehmen wird, ist die Schlussfolgerung eines festeren USD verfrüht. Die Trends des USD sollten anders interpretiert
werden", sagt Michael Rottmann, "Schlechte Neuigkeiten, aus welchem Teil der Welt auch immer, sind gute
Neuigkeiten für den USD. Denn die meisten Währungen haben unter apokalyptischen Szenarien mehr zu verlieren,
ihre Kreditwürdigkeit oder gar ihre Existenz."
Der Euro ist dafür das schillerndste Beispiel. So wurde der Euro seit der Lehman Pleite bis ins 1. Quartal
2009 hinein weniger als gemeinsames Ganzes, sondern als seine am stärksten angeschlagenen aktuellen und potenziellen
Mitgliedsländer wahrgenommen. Der negative Ratingdrift innerhalb des Euroraums und die massiv gestiegenen
impliziten Ausfallswahrscheinlichkeiten für Osteuropa – ablesbar an den CDS-Levels – machen dies anschaulich.
Mit dem Stimmungsumschwung in Richtung einer "globalen Heilung" hat sich das Bild umgekehrt. Dieser Trend
sollte sich in einem EUR-USD Wechselkurs manifestieren, der sich Richtung 1,55 bewegt. |