Die Abgeordneten hinterfragen das neue Fremdenrecht   

erstellt am
14. 10. 09

Maria Fekter: Die Rechtsberatung wird weiter von den NGOs geleistet
Wien (pk) - In Fragerunde im Hohen Haus am 14.10. gestand Abgeordneter Peter Westenthaler (B) den Koalitionsparteien zu, sich um eine Verfahrensbeschleunigung zu bemühen. Das Ergebnis werde aber dasselbe sein wie bisher, meinte er und äußerte in diesem Sinn Zweifel, dass die Abschiebungen künftig konsequenter erfolgen. Alle Verfahrensbeschleunigungen nutzten nichts, wenn die Fremdenpolizei selbst bei aufrechten Abschiebebescheiden monatelang keine Abschiebungen vornehme, sagte Westenthaler.

Bei den Folgeanträgen habe man, so Westenthaler, das Problem zwar erkannt, aber zusätzliche Verfahrensschritte eingebaut. Warum könne man nicht generell von einem abgeschlossenen Verfahren ausgehen, fragte er. Weitere Kritikpunkte betrafen den Begriff der Straffälligkeit im Sinne des Gesetzes und fehlende Konsequenzen bei der Verweigerung von Untersuchungsmethoden zur Altersfeststellung. Von Innenministerin Fekter wollte Westenthaler wissen, wie es passieren konnte, dass die in Österreich aufgegriffenen 64 Kurden abtauchen konnten, und warum sie nicht sofort nach Slowenien abgeschoben worden seien. Für ihn ist der Vorfall kennzeichnend für den Umgang mit dem Fremdenrecht in Österreich.

Abgeordnete Alev Korun (G) brachte vor, dass es in Bezug auf die massivsten Kritikpunkte an den Fremdenrechtsgesetzen keine Änderungen in Aussicht genommen seien. Ihre Fragen an die Experten bezogen sich unter anderem auf die offenen Verfahren beim Asylgerichtshof, die Erschwerung von Familienverfahren, die zeitlich unbeschränkte Gebietsbeschränkung und die komplizierte Formulierung mancher Bestimmungen. Korun bezweifelt beispielsweise, dass ein Bearbeiter von Asylanträgen §12a des Asylgesetzes in Bezug auf den faktischen Abschiebeschutz bei Folgeanträgen verstehen und richtig anwenden kann.

Abgeordneter Günter Kößl (V) interpretierte die Stellungnahmen der Experten dahin gehend, dass die vorliegende Gesetzesnovelle verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Ziel der Novelle sei es, Missbrauch einzudämmen, sagte er. Kößl wies darauf hin, dass 90 % der Folgeanträge vom Höchstgericht abgelehnt würden.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) gab zu bedenken, dass sich viele Flüchtlinge eine DNA-Analyse zur Überprüfung des Verwandtschaftsverhältnisses zum Asylwerber nicht leisten könnten, und ortet in diesem Sinn einen einkommensabhängigen Zugang zum Recht. Die im Asylgesetz vorgesehene 18-Tages-Frist wertete er als willkürlich gesetzt. Unnötig ist ihm zufolge die Bestimmung, wonach jemand die österreichische Staatsbürgerschaft behält, auch wenn sich später bei einem Vaterschaftstest herausstellt, dass der österreichische Vater nicht sein leiblicher Vater sei. Bei Professor Yen erkundigte er sich danach, ob es durch eine DNA-Analyse zweifelsfrei möglich sei, zwischen einem Sohn und einem Neffen zu unterscheiden.

Abgeordnete Gisela Wurm (S) plädierte dafür, die Kosten für eine DNA-Analyse zu übernehmen, wenn das Ergebnis positiv im Sinne des Familienangehörigen ist.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) wollte wissen, ob Röntgenuntersuchungen, die ja nur für medizinische Zwecke erlaubt seien, in den gegenständlichen Fällen überhaupt zur Anwendung gelangen dürften. Zudem interessierte er sich für die Fehlerquoten dieser Untersuchungen. Abgeordnete Sonja Ablinger (S) verwies auf die Stellungnahme des UNHCR und erkundigte sich nach der Sichtweise der Ministerin zu deren Inhalt.

Georg Bürstmayr plädierte dafür, sich auch weiterhin an die europäischen Rechtsstandards zu halten, denen zufolge eine Glaubhaftmachung absolut ausreichend sei. Durch die Forderung nach einem "Beweis" durch den Asylwerber einen Paradigmenwechsel herbeizuführen, sei seines Erachtens nach nicht wünschenswert. Georg Lienbacher ging auf die Probleme bei der Verhängung von Schubhaft ein und thematisierte den Fragenkomplex beschleunigte Verfahren.

Harald Perl berichtete von den Auswirkungen der Verfahrensbeschleunigung. So sei es gelungen, die 23.600 Verfahren aus Vorjahren auf nunmehr 14.500 zu reduzieren. Von den neuen Verfahren konnten bereits 60 Prozent erledigt werden. Insgesamt konnten Ablauf und Entscheidungsgeschwindigkeit der Verfahren also nennenswert gesteigert werden.

Bernhard Raschauer wies darauf hin, dass Staatsbürger und Asylwerber hinsichtlich eines gesicherten Lebensunterhalts rechtlich nicht vergleichbar seien. Natürlich müsse man sich innerhalb der internationalen Rechtsordnung bewegen, doch ein Recht auf "körperliche Unversehrtheit" in diesem Sinne gebe es auch für österreichische Staatsbürger nicht, erinnerte er unter Bezugnahme auf vorgeschriebene Untersuchungen etwa bei Beamten oder Studierenden.

Christoph Riedl ortete eine massive Einschränkung des Rechtsschutzes durch den vorliegenden Entwurf, da nun die freie Anwaltswahl de facto nicht mehr gegeben sei. Auch stelle dieser einen Eingriff in verfassungsmäßig garantierte Rechte wie Religions- oder Vereinsfreiheit dar. Dass Bescheide nur noch in deutscher Sprache ausgefertigt würden, sei gleichfalls ein Rückschritt, so Riedl, schränke dies doch oftmals die Reaktionsmöglichkeit des Betroffenen ein.

Kathrin Yen konstatierte, dass Röntgenuntersuchungen tatsächlich nur zu medizinischen Zwecken erlaubt seien, weshalb in diesen Fällen nun meist auf Magnetresonanz zurückgegriffen werde. Die Fehlerquote sei vernachlässigbar, da bereits a priori einkalkuliert. Auch seien DNA-Untersuchungen ziemlich genau, wenngleich es immer vom Einzelfall abhänge.

Bundesministerin Maria Theresia Fekter hielt eingangs fest, dass die Rechtsberatung von dieser Novelle nicht tangiert werde. Diese werde weiter von den NGOs auf Basis der gültigen Verträge geleistet. In der Schubhaft gebe es gleichwohl keine Rechtsberatung mehr, lediglich begleitende, auch internationale, Kontrolle. Das Regierungsmitglied erklärte, wie es sich mit geduldeten, weil straffällig gewordenen, Asylwerbern verhalte und meinte, es sei nicht sinnvoll, diese von jedweder Arbeitsmöglichkeit, also auch jenen Tätigkeiten, für die es eine Remuneration gebe, auszuschließen, da sie sonst aus dem Sozialnetz unterstützt werden müssten. Zuständig für diese Gruppe sei jedenfalls das Sozialministerium.

Weiters erklärte die Ministerin, weshalb es Sinn mache, den Staatsbürgerschaftspassus in der Vorlage zu haben, weil dadurch auf unbürokratische Weise gesichert werde, dass jemand seine Staatsbürgerschaft nicht verliere, der in Österreich aufgewachsen sei, nur weil sich beispielsweise herausstelle, dass der Vater gar keinen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft habe.

Zu den Ereignissen von Zöbern sagte Fekter, dass sechs der Aufgegriffenen sich in Schubhaft befänden, da sie im Gegensatz zu den anderen 58 keinen Asylantrag gestellt hätten. Die 58 seien nach Traiskirchen gebracht worden und konnten sich gemäß geltendem Recht frei bewegen, eine andere Vorgangsweise sei rechtlich gar nicht möglich gewesen. Insgesamt zeige sich hier die ganze Problematik des Themas, werde doch deutlich erkennbar, wie in solchen Fällen von den Akteuren vorgegangen werde.

Die Sitzung wurde sodann auf Donnerstag (15.10.) vertagt, wo die politische Bewertung der Thematik erfolgen soll.
     
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