Erbschaften und Schenkungen leisten wichtigen Finanzierungsbeitrag – OeNB-Studie analysiert die
Immobilienfinanzierung privater Haushalte in Österreich
Wien (oenb) - Die Verschuldungssituation privater Haushalte stellt einen wichtigen Aspekt der Finanzmarktstabilität
und der Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen dar, wie nicht zuletzt die aktuelle Krise deutlich gemacht
hat. In Österreich sind 22% der privaten Haushalte aufgrund der Wohnraumbeschaffung verschuldet, wobei dieser
Anteil bei jungen bzw. einkommensstarken Haushalten signifikant höher liegt. Mittel der Wohnbauförderung,
aber auch alternative Finanzierungsformen, wie etwa Erbschaften und Schenkungen, spielen bei der Finanzierung von
privatem Immobilienbesitz eine durchaus bedeutende Rolle. Immobilien werden in Österreich jedoch kaum als
Veranlagungsinstrument, sondern überwiegend für Wohnzwecke verwendet.
22% der österreichischen privaten Haushalte sind aufgrund der Beschaffung von Wohnraum verschuldet, wobei
dies auf junge und einkommensstarke Haushalte signifikant häufiger zutrifft. Dabei erfreuen sich Fremdwährungskredite
trotz ihrer Risiken großer Beliebtheit: 29% aller verschuldeten privaten Haushalte haben zumindest einen
aushaftenden Wohnbaukredit in fremder Währung. Die Häufigkeit, mit der einkommensstarke Haushalte einen
Fremdwährungskredit bzw. einen variabel verzinsten Kredit haben, ist signifikant höher als bei einkommensschwachen
Haushalten. Allerdings ist die Schuldenhöhe in Relation zum Wert des Immobilienvermögens (Loan-to-Value-Ratio)
bei einkommensstarken Haushalten niedriger. Hinsichtlich der Art und Höhe der Verschuldung zeigt sich ein
deutliches West-Ost-Gefälle: In den westlichen Bundesländern, wo endfällige Fremdwährungskredite
stark genutzt werden, sind die privaten Haushalte durchschnittlich stärker und mit höheren Loan-to-Value-Ratios
verschuldet als im Osten.
Euroraum-Vergleich zeigt niedrige Schuldentragfähigkeit einkommensschwacher Haushalte
Einkommensschwache Haushalte bedienen sich bei der Wohnraumbeschaffung überdurchschnittlich oft gar keiner
Verschuldungsfinanzierung, was auf eine eingeschränkte Verschuldungsbereitschaft bzw. auf eingeschränkte
Verschuldungsmöglichkeiten hindeutet.
Hinsichtlich ihrer Verschuldungssituation scheinen einkommensschwache Haushalte mit einem aushaftenden Wohnbaukredit
besonders risikoanfällig. Sowohl ihre Loan-to-Value-Ratios als auch ihr Schuldendienst sind relativ zum Einkommen
überdurchschnittlich hoch. So verwenden verschuldete einkommensschwache Haushalte aus dem untersten Einkommensquartil
(also die 25% aller Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen) pro Jahr 50% ihres verfügbaren Einkommens für
die Rückzahlung von Krediten zur Finanzierung der Hauptwohnsitzimmobilie. Dieser Anteil beträgt im Durchschnitt
von sechs Euroraum-Ländern (Deutschland, Griechenland, Spanien, Italien, Niederlande, Portugal) lediglich
35% (siehe Grafik). Auf einkommensschwache Haushalte entfallen allerdings nur 10% der gesamten aushaftenden Wohnbaukredite,
wodurch die Risiken für die Finanzmarktstabilität eingeschränkt sind. Demgegenüber hält
das oberste Einkommensquartil der Haushalte (also die 25% mit dem höchsten Einkommen) 39% der gesamten Wohnbauverschuldung.
Alternative Finanzierungsformen wie Erbschaft oder Unterstützung durch Familie bzw. Freunde spielen
beim Immobilienerwerb eine beachtliche Rolle
Von jenen Haushalten, die beim Erwerb ihrer Hauptwohnsitzimmobilie eine Finanzierung benötigten, finanzierte
rund die Hälfte diesen ausschließlich mit Krediten. Die andere Hälfte der Haushalte griff zumindest
teilweise auf alternative Finanzierungsformen zurück. Beim Kauf der Hauptwohnsitzimmobilie wurden durchschnittlich
61% des Kaufpreises kreditfinanziert. Bei Haushalten, die den Kauf mit Erbschaften finanzierten, betrug deren Anteil
am Kaufpreis 43%; bei Haushalten, die den Kauf mit einer Unterstützung durch Familie bzw. Freunde finanzierten,
machte diese 16% des Kaufpreises aus.
Ein ausgeprägter Mietermarkt mit sozial geförderten Wohnungen trägt zu einer im internationalen
Vergleich moderaten Entwicklung der Miet- und Immobilienpreise bei
50% aller österreichischen privaten Haushalte mieten ihre Hauptwohnsitzimmobilie, die in 60% der Fälle
eine Genossenschafts- oder Gemeindewohnung ist. Dieser stark geförderte Vermietungsmarkt dürfte unter
anderem ein Grund für die im europäischen Vergleich eher niedrige Eigentümerquote in Österreich
sein: Privateigentümer verwenden ihre Immobilien hauptsächlich zu Wohnzwecken und nicht als Veranlagungsinstrument.
52% der Haushalte, die sich für eine Nebenimmobilie verschulden, verwenden diese für eigene Wohn- bzw.
Nutzzwecke, 26% vermieten sie, nicht ganz ein Viertel hält sie als Wertanlage. Das österreichische System
der Wohnbauförderung dürfte mit ein Grund für die moderate Entwicklung der österreichischen
Immobilien- und Mietpreise sein. Die jeweiligen Instrumente der Wohnbauförderung wirken auf verschiedene Einkommensgruppen
unterschiedlich stark: Während höhere Einkommensgruppen von der direkten Wohnbauförderung (Darlehen)
stärker profitieren, werden Haushalte im unteren Einkommensbereich durch die Nutzung von geförderten
Miet- und Genossenschaftswohnungen unterstützt.
Das gesamte Immobilienvermögen der privaten Haushalte in Österreich beträgt rund 690 Mrd Euro
Die Schätzung des durchschnittlichen Werts des Hauptwohnsitzes liegt bei 130.000 Euro, jene des durchschnittlichen
Gesamtimmobilienvermögens eines österreichischen Haushalts beträgt 250.000 Euro. Das gesamte Immobilienvermögen
aller privaten Haushalte erreicht eine Untergrenze von rund 690 Mrd Euro. |