Sieben Schritte zur Schule der Zukunft   

erstellt am
21. 10. 09

Landeshauptfrau Gabi Burgstaller startet Untersuchung der Arbeitsplätze von Lehrern
Salzburg (lk) - "Die Herausforderungen im Bildungsbereich sind breit gestreut. Es gilt, sie im Interesse der Kinder und damit der Zukunft unseres Landes anzupacken und umzusetzen, um auf diese Weise eine echte ‘Nachwuchs-Offensive‘ in Gang zu bringen. In diesem Sinn werte ich es als Hoffnungsschimmer, dass in die Reformdebatte auf Bundesebene wieder frischer Wind gekommen ist", erklärte Salzburgs Bildungsreferentin Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller am 21.10. in einem gemeinsamen Informationsgespräch mit dem Amtsführenden Präsidenten des Landesschulrates für Salzburg, Prof. Mag. Herbert Gimpl. Die anstehenden Verhandlungen über ein neues Lehrer-Dienstrecht bezeichnete Burgstaller dabei als "Schlüssel, um die Schule reif für das 21. Jahrhundert zu machen".

"Eine grundlegende Bildungsreform muss zum Ziel haben, so viel Mittel und Engagement wie möglich auf die Kinder zu konzentrieren. Und sie muss sicherstellen, dass die Lehrerinnen und Lehrer die bestmöglichen Rahmenbedingungen für ihre Arbeit haben. In der neuen Schule des 21. Jahrhunderts ist Lehrer mehr denn je der Zukunftsberuf schlechthin. Das Bundesland Salzburg wird seinen Beitrag zur Schul- und Bildungsreform leisten", betonte Burgstaller, die hier unter anderem eine landesweite Evaluierung des Bestands an Lehrer-Arbeitsplätzen an Salzburgs Schulen ankündigte.

Bei dem Informationsgespräch mit Präsident Gimpl skizzierte Burgstaller Salzburgs Positionen und Forderungen in der laufenden Bildungsreformdebatte. Die wesentlichen Schwerpunkte sieht Gabi Burgstaller hier bei der Vertiefung des Modellversuchs der Neuen Mittelschule, dem Ausbau der Nachmittagsbetreuung und weiteren Weichenstellungen in Richtung Ganztagsschule. "Die Neue Mittelschule hat in Salzburg einen ganz besonderen Stellenwert. Es gibt keine Verordnungen von oben herab für die Schulen, sich für diesen Schulversuch zu entscheiden. Diese Willensbekundung trifft jede Schule für sich selber. Ich lege großen Wert auf qualitativ hochwertige Konzepte – statt quantitativem pädagogischem Mainstream", betonte Burgstaller.

1. Verwaltungsreform soll mehr Autonomie für Schulstandorte bringen
Burgstaller erneuerte ihr klares Bekenntnis zu einer "Schulverwaltungsreform, die diesen Namen auch verdient. Salzburg hat sich bereits in den vergangenen Jahren engagiert für eine Modernisierung der Strukturen im Bildungswesen eingebracht. Umgesetzt kann eine derartige Strukturreform nur auf Bundesebene werden. Es ist daher hoch an der Zeit, dass der Bund in Sachen Schulverwaltungsreform die Zeichen der Zeit erkennt und die notwendigen Schritte einleitet", so Burgstaller. Die Bildungsreferentin plädierte in diesem Zusammenhang für eine "Verwaltungsvereinfachung mit deutlichem Schwerpunkt auf mehr Autonomie für die einzelnen Schulstandorte". Dies müsse über eine Bildungsdirektion auf Landesebene umgesetzt werden, in der alle Angelegenheiten der Schulbildung Platz finden. Damit können bestehende Doppelgleisigkeiten abgebaut werden. Für die Rahmengesetzgebung solle der Bund zuständig sein, so Burgstaller weiter.

2. Neues Lehrer-Dienstrecht als Grundstein für weitere Reformschritte
Ein neues Lehrerdienstrecht ist für Salzburgs Bildungsreferentin ein "Grundstein, auf dem weitere Reformschritte aufgebaut werden können". In diesem Sinn appellierte Burgstaller auch an die Verhandlungspartner, sich konstruktiv in die von Bundesministerin Dr. Claudia Schmied angekündigte Novellierung des Lehrerdienstrechtes einzubringen. "Gerade vor dem Hintergrund des dramatischen Wechsels von Lehrer/innen in den Ruhestand ist die Entwicklung eines modernen Dienstrechts für eine neue Lehrer/innen-Generation dringend notwendig", so Burgstaller.

"Dabei sollte auch die Frage gestellt werden, ob nicht im Sinne von ‘All-in‘-Verträgen wesentliche administrative Erleichterungen umzusetzen sind", ergänzte Landesschulratspräsident Mag. Herbert Gimpl. Als positiver Nebeneffekt werden höhere Einstiegsgehälter auch zu einer höheren Attraktivität des Lehrberufs in Hinblick auf die zukünftige Berufswahl für Männer beitragen. "Gerade für Burschen sind männliche Bezugspersonen in der Phase des Erwachsenwerdens in der Schule sehr wichtig", so Gimpl.

Darüber hinaus müsse ein neues Lehrerdienstrecht auch zentrale Fragen wie etwa das Einkommen neu regeln. "Hier denke ich an höhere Einstiegsgehälter und eine flachere so genannte Lebensverdienstkurve für Lehrerinnen und Lehrer. Das würde den Lehrberuf noch attraktiver für den ‘Nachwuchs‘ machen, der angesichts der vielen anstehenden Pensionierungen von Lehrern so dringend gefragt ist", betonte Burgstaller.

Erfahrungsschatz verdienter Lehrer/innen nützen
"Will die Schule der Zukunft ihre Ressourcen optimal auf die Bedürfnisse der Kinder ausrichten, kann sie nicht auf den Erfahrungsschatz verdienter Lehrerinnen und Lehrer verzichten. Es kann nicht sein, dass man Lehrer einfach in Frühpension schickt. Daher wird es in Zukunft notwendig sein, älteren Pädagogen Alternativen zur Frühpensionierung anzubieten", brachte Salzburgs Bildungsreferentin ein weiteres "heißes Eisen" der Bildungspolitik zur Sprache.

Als Beispiele für derartige Alternativen zu Frühpensionierungen nannte Burgstaller Tätigkeiten in der Administration oder die Übernahme von Förderunterricht in kleinen Gruppen oder Nachhilfe. "Ich bin davon überzeugt, dass viele Pädagogen, die aus gesundheitlichen Gründen Frühpension beantragen mussten, gerne an der Schule und für die Schule weitergearbeitet hätten. Die entsprechenden Möglichkeiten konnten bisher allerdings nicht angeboten werden", erklärte Burgstaller. "In Salzburg arbeiten wir derzeit an einer Lösung dieses Problems. Gleichzeitig appelliere ich jedoch an den Bund, die Mittel für ein derartiges Modell bereitzustellen. Ich sehe das Alternativmodell nicht nur als Maßnahme gegen Frühpensionierungen, sondern gerade auch als wertschätzende Anerkennung der Arbeit, die diese Pädagogen seit Jahrzehnten für die Schüler/innen, aber auch für die Gesellschaft geleistet haben. Sie können Erfahrungen einbringen, auf die die Gesellschaft nicht leichtfertig verzichten sollte", betonte Burgstaller. Die Bildungsreferentin wies in diesem Zusammenhang auch auf den Pragmatisierungsstopp bei Landeslehrern hin. Die Pragmatisierung von Lehrern entspreche nicht mehr der heutigen Arbeitswelt.

3. Arbeitsplatz Schule zukunftsfit machen
Ein neues Lehrerdienstrecht wird ebenso wie die Ausweitung der Aufgaben am Schulstandort nur dann die Akzeptanz der Lehrerinnen und Lehrer finden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. "Wenn die Schule der Zukunft verstärkt in Richtung der ganztägigen Betreuung gestaltet werden soll, müssen gerade für die Lehrerinnen und Lehrer die Voraussetzungen gegeben sein, damit sie ihre Aufgaben auch erfüllen können. Kurz gesagt: Der ‘Arbeitsplatz Schule‘ muss besonders für die Pädagogen diesen Namen auch verdienen", so Burgstaller. "Bei meinen vielen Schulbesuchen konnte ich mich von der Situation der Lehrerarbeitsplätze an Ort und Stelle ein Bild machen. Durchwegs sind die Lehrerzimmer bzw. Konferenzzimmer für die Anzahl der Lehrer zu klein, die Lehrer haben einen viel zu kleinen Schreibtisch, oft sind nur ein bis zwei Computer für alle Lehrer/innen der Schule vorhanden. Mit der derzeitigen Arbeitsplatzsituation kann man nicht verlangen, dass die Lehrer/innen den ganzen Tag an der Schule sind und auch dort Ihre Vorbereitungen für den Unterricht treffen", so Burgstaller. Der Arbeitsplatz des Lehrers muss ebenso wie die dazugehörige technische Ausstattung modernen Standards angepasst werden.

"Aus diesem Grund werde ich eine Evaluierung der Arbeitsplätze der Lehrer an den Salzburger Schulen in Auftrag geben. Die Ergebnisse sollen in den Schul-Um- und -Neubau einfließen. Denn nur mit adäquat ausgestatteten Arbeitsplätzen ist es den Lehrerinnen und Lehrern zuzumuten, in Zukunft ganztägig am Standort zu arbeiten. Auch wird damit ein Beitrag dazu geleistet, die tatsächliche Arbeitsleistung der Pädagog/innen transparenter zu gestalten und damit auch kritischen Stimmen und leidigen Diskussionen über die Arbeitszeiten der Lehrer/innen entgegenzutreten. Die Rückmeldungen der Pädagogen bestätigen diese Forderung", so Burgstaller weiter. Die Evaluierung der Lehrer-Arbeitsplätze an Salzburgs Schulen solle spätestens bis 31. März 2010 abgeschlossen sein, betonte die Bildungsreferentin.

4. Nachmittagsbetreuung ausbauen und flexibler gestalten
Den Ausbau und die flexiblere Gestaltung der Nachmittagsbetreuung sieht Landeshauptfrau Gabi Burgstaller als weiteren wesentlichen Schritt, um die Schule stärker an den Bedürfnissen von Kindern, aber auch der Eltern auszurichten. "Nachdem die Ganztagsschule noch nicht erreicht wurde und viele Schulen auch die verschränkte Form der Ganztagsschule nicht anbieten, ist es notwendig, dass zumindest an jeder Schule, wenn der Bedarf gegeben ist, Nachmittagsbetreuung angeboten wird", stellte Burgstaller fest, schränkte aber ein, dass "die derzeitigen rechtlichen Voraussetzungen, die der Bund gesetzt hat, die Umsetzung der Nachmittagsbetreuung erschweren". "Die Aussagen von Vizekanzler und Finanzminister Pröll lassen hoffen. Er ist aufgefordert Nägel mit Köpfen zu machen und die notwendigen Mittel, die für eine flexiblere Umsetzung notwendig sind, bereit zu stellen", so Burgstaller.

"Zur Flexibilisierung der Nachmittagsbetreuung fordere ich die Senkung der Gruppeneröffnungszahl auf zehn sowie die Erhöhung der Bundesmittel pro Gruppe auf zehn Stunden, die Abschaffung der Trennung von gegenstandsbezogener und individueller Lernzeit und die Flexibilisierung des zeitlichen Endes für Nachmittagsbetreuung", ergänzte die Landeshauptfrau. Darüber hinaus solle die schulartenübergreifende Nachmittagsbetreuung ermöglicht werden. "Am sinnvollsten wäre es, wenn der Bund den Ländern das Gesamtbudget für Nachmittagsbetreuung zur Verfügung stellen würde, so dass die Länder die Ressourcen gemäß dem regionalen Bedarf verteilen können", betonte die Bildungsreferentin.

5. Vorteile der Ganztagsschule umsetzen
Positive Bewegung in der Reformdebatte auf Bundesebene sieht Salzburgs Bildungsreferentin nach jüngsten Äußerungen von Vizekanzler Pröll auch beim Thema Ganztagsschule. "Als ersten Schritt zur Ganztagsschule können Schulen bereits jetzt die so genannte ‘verschränkte Form‘ anbieten", so Burgstaller. Die verschränkte Form der Ganztagsschule böte sowohl Schüler/innen als auch Lehrer/innen viele Vorteile: Die Schüler/innen hätten dann nicht gezwungenermaßen an einem Vormittag Mathematik, Deutsch, Physik etc. hintereinander, sondern bereits am Vormittag die Möglichkeit für Sport- und Kreativstunden, so wie es z.B. in Finnland schulischer Alltag ist.

Als Ziel der Modernisierung des österreichischen Bildungs- und Schulsystems bezeichnete Landeshauptfrau Gabi Burgstaller die Gesamtschule. "Einen ersten Schritt in diese Richtung setzen wir in Salzburg mit den Modellen der Neuen Mittelschule. Die zehn Standorte in Stadt und Land Salzburg verfügen Dank des großen Engagements der Pädagogen an diesen Standorten bereits über erfolgversprechende Konzepte mit lebensnahen und zukunftsträchtigen Schwerpunkten wie etwa Naturwissenschaft und Technik oder soziale Kompetenz", ergänzte Burgstaller.

6. Modularisierung – die pädagogische Antwort zum Sitzenbleiben
Die wiederbelebte Diskussion zur Bildungsreform gelte es auch in anderen Bereichen auszunützen, so beispielsweise dem ‘Aus für das Sitzenbleiben‘, an dessen Stelle verstärkte und verbesserte individuelle Fördermaßnahmen treten sollen. "Es ist mit rein pädagogischen Gründen nicht zu argumentieren, warum eine Schülerin oder ein Schüler ein ganzes Schuljahr mit allen Inhalten wiederholen muss, wenn die Leistungsschwäche nur einzelne Fächer betrifft", stellte Burgstaller klar. In Salzburg habe man mit der ‘Modularen Oberstufe‘ am Akademischen Gymnasium bereits positive Erfahrungen in diese Richtung sammeln können, auch an der HAK I in Salzburg sind die Erfahrungswerte durchgehend positiv. Mittelfristig – aufgrund der komplexen Lehrplanstrukturen – ist die modulare Oberstufe auch für technische Schulen geplant.

"Die modulare Oberstufe bedeutet zum Einen die Abkehr vom Jahrgangsstufendenken, zum Anderen werden damit auch die Eigenständigkeit und Selbsttätigkeit der Schüler/innen gefördert, und auch den persönlichen Interessen eines Schülers kann mit diesem System mehr Rechnung getragen werden. Schülerinnen und Schüler einer modularen Oberstufe werden damit optimal auf die tertiären Ausbildungsstrukturen der Universitäten und Fachhochschulen vorbereitet", erläuterte Gimpl.

7. 2010 erstmals Herbstferien in Salzburg
Mit der beabsichtigten Einführung von Herbstferien will Bildungsreferentin Gabi Burgstaller bereits im kommenden Schuljahr einen weiteren Reformschritt setzen. "Salzburg wird im nächsten Schuljahr – 2010/11 – Herbstferien einführen und dafür die Sommerferien 2011 verkürzen. Das Schuljahr umfasst immer das Unterrichtsjahr plus die Hauptferien, daher ist eine Kürzung der Hauptferien erst 2011 möglich. Die Hauptferien sind, und da geben uns Bildungsexperten und Lernpsychologen Recht, mit neun Wochen für die Schüler/innen gerade im Hinblick auf die Behalteleistung des Gelernten viel zu lange", erklärte Burgstaller. Neben pädagogischen Gründen, also positiven Effekten auf den Lernerfolg der Kinder, gebe es auch nachvollziehbare organisatorische Argumente für die Herbstferien: "Für Familien, die im Tourismus tätig sind, und derer haben wir im Bundesland Salzburg viele, eröffnen die Herbstferien die Möglichkeit, dass die Eltern mit den Kindern zumindest eine Woche gemeinsamen Urlaub haben, was für diese Familien während der Saison in den Sommermonaten unmöglich ist".

Ich habe durchwegs positives Feedback zu meinem Vorschlag für die Einführung von Herbstferien erhalten – auch von Eltern, die nicht im Tourismus tätig sind“, erklärte Burgstaller zu ihrem Vorstoß. "Als gelernter Pädagoge bin ich vom Nutzen dieser einen Woche im Herbst überzeugt – vor allem im Hinblick auf den Erholungswert und die Vorbereitungszeit für die anschließende sehr intensive Lernphase bis zu den Weihnachtsferien. Im Mittelpunkt dieser Überlegung steht zuallererst der Schüler", betonte Gimpl.

Wie mit den Bildungssprechern der Landtagsfraktionen vereinbart, sollen vor der Einführung der Herbstferien die Details der neuen Regelung mit Vertretern von Lehrern, Eltern und Schülern bei einem Runden Tisch zu aktuellen Bildungsthemen besprochen werden. Generell setzt Landeshauptfrau Gabi Burgstaller beim Thema Bildung auf die Einbindung aller Betroffenen: "Alle Ideen und Vorschläge, das Schulsystem moderner zu gestalten und die bestehenden Vorschläge noch konkreter zu machen, sind willkommen. Ich werde deshalb Schüler-, Eltern- und Lehrervertretern einladen, in einer Projektgruppe an einem Salzburger ‘Katalog für die Schule der Zukunft‘ mitzuarbeiten", so Burgstaller.
     
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