Einheitliches und gerechtes Asylverfahren als Grundlage für einen einheitlichen Schutzstatus
in der EU
Brüssel (ec.europa.eu) - Die Europäische Kommission hat am 21.10. Vorschläge angenommen,
mit denen zwei Rechtsinstrumente des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geändert werden sollen: die
Richtlinie über die Anerkennung und den Status von Personen, die internationalen Schutz benötigen, und
die Asylverfahrensrichtlinie.
Diese Änderungen folgen auf die Vorschläge, die die Kommission im Dezember 2008 und im Jahr 2009 zur
Umsetzung des Haager Programms und der Asylstrategie 1 vorgelegt hatte: die Richtlinie über die Aufnahmebedingungen
für Asylbewerber, die Dublin-Verordnung, die Eurodac-Verordnung, die Verordnung über die Einrichtung
eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen und die gemeinsame Neuansiedlungsregelung
der EU. Die geplanten Maßnahmen sollen verfolgten Personen ein höheres Maß an Schutz bieten; so
hatte es der Europäische Rat im Pakt zu Einwanderung und Asyl gefordert. Gleichzeitig sollen die Vorschläge
dazu beitragen, die Kohärenz zwischen den EU-Asylrechtsvorschriften zu verbessern sowie die materiell- und
verfahrensrechtlichen Schutznormen unionsweit zu vereinfachen und zu konsolidieren, um auf diese Weise Missbrauch
zu verhindern und das Asylverfahren effizienter zu gestalten.
„Die Kommission hat heute die letzten Grundlagen für das Gemeinsame Europäische Asylsystem geschaffen“,
so Vizepräsident Jacques Barrot, in der Kommission zuständig für das Ressort „Justiz, Freiheit und
Sicherheit“. „Aufgrund der Umsetzung gemeinsamer Normen sind in den letzten Jahren zwar bedeutende Fortschritte
erzielt worden, dennoch bestehen auf dem Gebiet des internationalen Schutzes immer noch beträchtliche Unterschiede
zwischen den Mitgliedstaaten. Die Kommissionsvorschläge werden entscheidend zu besseren Schutzstandards, einheitlicheren
Rahmenbedingungen in den einzelnen EU-Ländern sowie einem effizienteren und kohärenteren System beitragen.“
Anerkennungsrichtlinie
Mit dem Vorschlag werden im Einzelnen folgende Ziele verfolgt:
- Präzisierung einiger Rechtsbegriffe, mit denen die Schutzgründe definiert werden, wie „Akteure, die
Schutz bieten können“, „interner Schutz“ und „Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“: So
kann geschlechtsspezifischen Aspekten bei der Antragsprüfung besser Rechnung getragen werden. Gleichzeitig
wird den einzelstaatlichen Behörden ermöglicht, die Kriterien konsequenter anzuwenden und rascher zu
bestimmen, wer tatsächlich Schutz benötigt.
- Beseitigung der nicht mehr als gerechtfertigt anzusehenden Unterschiede bei den Rechten, die Flüchtlingen
und Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz zuerkannt werden: Die Änderungen betreffen die Dauer
der Aufenthaltstitel sowie den Zugang zur Sozialhilfe, zur medizinischen Versorgung und zum Arbeitsmarkt.
- Berücksichtigung der speziellen Integrationsprobleme, denen sich Personen mit Anspruch auf internationalen
Schutz gegenübersehen, um sicherzustellen, dass diese Personen die in der Richtlinie vorgesehenen Rechte auch
tatsächlich in Anspruch nehmen können: In der Praxis ergeben sich zum Beispiel insofern Hindernisse,
als die Betreffenden bei den Behörden ihres Landes keine Nachweise ihrer akademischen und beruflichen Qualifikationen
anfordern können. Damit solche Hürden leichter überwunden werden, sieht der Vorschlag vor, die Anerkennung
von Befähigungsnachweisen sowie den Zugang zu berufsbildenden und integrationsfördernden Maßnahmen
zu erleichtern.
Asylverfahrensrichtlinie
Mit dem Vorschlag werden im Einzelnen folgende Ziele verfolgt:
- Vereinfachung und Rationalisierung der Asylverfahren sowie Verringerung des Verwaltungsaufwands für die
Mitgliedstaaten durch Einführung eines einzigen Prüfungsverfahrens pro Antrag.
- Erleichterung des Zugangs zum Prüfungsverfahren: Für Personen, die bereits bei ihrer Einreise in
das Hoheitsgebiet oder kurz danach einen Antrag auf internationalen Schutz stellen wollen, sollten entsprechende
Informationen und Beratungsleistungen bereitgestellt werden. Grenzschutz- und Polizeibeamten sowie Bediensteten
anderer Behörden, die als Erste mit Personen in Kontakt kommen, die um internationalen Schutz nachsuchen,
soll eine klarere Vorstellung davon vermittelt werden, wie sie mit diesen Personen umzugehen haben.
- Effizientere Antragsprüfung: Eine wichtige Maßnahme betrifft die Einführung einer allgemeinen
Frist von sechs Monaten für die Erledigung erstinstanzlicher Verfahren. Im Vorschlag ist eine dreijährige
Übergangszeit vorgesehen, damit sich die Mitgliedstaaten auf diese neue Frist einstellen können. Auch
verfahrensrechtliche Begriffe und prozessuale Hilfsmittel werden klarer gefasst und vereinfacht wie der Begriff
“sicherer Herkunftsstaat”, die Pflicht der Asylbewerber zur Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Behörden
oder das Instrument der beschleunigten Verfahren. Diese Änderungen sind von entscheidender Bedeutung, um Personen,
die wirklich Schutz benötigen, rascher schützen zu können.
- Bessere Qualität asylrechtlicher Entscheidungen: Die Verfahrensgarantien, insbesondere für schutzbedürftige
Personen wie Folteropfer oder unbegleitete Minderjährige, werden gestärkt. Von den Bediensteten, die
Umgang mit Asylbewerbern haben, werden entsprechende Fachkenntnisse verlangt.
- Gewährleistung eines wirksamen Rechtsbehelfs für Asylbewerber im Einklang mit den gemeinschafts-
und völkerrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten: Aus dem Vorschlag geht unmissverständlich
hervor, dass sich die Nachprüfung erstinstanzlicher Entscheidungen durch ein Gericht sowohl auf Tatsachen
als auch auf Rechtsfragen erstreckt und dass Rechtsbehelfsverfahren aufschiebende Wirkung haben. Die Änderungen
sorgen für Übereinstimmung mit der Entwicklung der Rechtsprechung zu den Verteidigungsrechten, dem Grundsatz
der Waffengleichheit und dem Recht auf einen wirksamen Rechtsschutz.
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