Landschaftsmodelle aus Roboterhand   

erstellt am
02. 11. 09

Ein Industrieroboter mit Fräskopf setzt an der TU Wien Flugvermessungsdaten in maßstabsgetreue Modelle von Landschaften um.
Wien (tu) - Maßstabsgetreue Modelle sind wichtig für die Kommunikation zwischen Architekten, Landschaftsplanern, Bauherren und ausführenden Bautechnikern. Ihre Herstellung ist bisher jedoch teuer und dauert Wochen. Ein interdisziplinäres Team aus Mathematikern, Architekten und Modellbauexperten der Technischen Universität (TU) Wien setzt nun digitale Techniken ein, die den Bau von Architektur- und Landschaftsmodellen schneller und kostengünstiger machen. Dabei greifen die Forschenden auf 3D-Daten aus Laservermessungen oder aus CAD-Computerplänen zurück. Ein CNC-gesteuerter Roboter des Instituts für Kunst und Gestaltung der TU Wien fräst maßstabsgetreue Modelle von Geländeformationen oder Bauwerken aus PU-Hartschaumblöcken. Auch die exakte Darstellung von Straßen und Wegen, Flüssen und Grenzverläufen auf den Geländemodellen ist möglich. Ein Landschaftsmodell der Salzburger Region Gastein, das im vergangenen September an einer Salzburger Geodätentagung präsentiert wurde, fand in der Fachgemeinde reges Interesse.

Innovation im Modellbau
Industrieroboter werden zum Beispiel in Fertigungsstraßen des Automobilbaus seit vielen Jahren eingesetzt. Die Verwendung eines solchen Roboters für den Modellbau in Architektur und Raumplanung ist jedoch völlig neu. Im Vergleich zu herkömmlichen Dreiachsfräsen kann sich der Arm des Roboters in sieben Achsen bewegen. Einer der großen Vorteile dabei ist, dass auch extrem geneigte Flächen und höhlenartige Ausnehmungen realisierbar werden. "Während man mit 3D-Druckern nur kleine Modelle fertigen kann, verfügt der Roboter über einen vergleichsweise großen sphärischen Werkraum", erklärt Anita Aigner, Assistenzprofessorin am Institut für Kunst und Gestaltung der TU Wien und Leiterin des Roboterprojekts.

Modelle schneller und günstiger bauen
Im Vergleich zur handwerklichen Modellproduktion spart man mit der digitalen Fertigung vor allem sehr viel Zeit. "Die Herstellung unseres ein mal ein Meter großen Modells der Salzburger Region Gastein haben wir in einem verlängerten Wochenende geschafft", freut sich Johannes Braumann, Studienassistent am Institut für Architekturwissenschaften der TU Wien. Er war an der Umsetzung des vom Land Salzburg (Abteilung Raumplanung, Landesplanung und SAGIS) beauftragten Modells maßgeblich beteiligt. Daten, die mit einem Lasermessgerät in einer Reihe von Vermessungsflügen über dem Land Salzburg erhoben wurden, mussten für den Fräsvorgang mit dem Roboter aufbereitet werden. "Wir haben die ursprünglich sehr große Datenmenge reduziert und sie in eine Form gebracht, die unser Robotersystem versteht", erklärt Braumann. Seine Fräsarbeit erledigte der Roboter dann in drei Arbeitsschritten, wobei die Oberfläche des Modells in seiner Feinheit schrittweise gesteigert wurde.

Modelle zum Anfassen weiterhin wichtig
Darstellungen von Bauvorhaben im virtuellen Raum des Computers sind heute weit entwickelt. Physische Modelle haben jedoch nach wie vor eine große Bedeutung im Alltag von Architekten, Raum- und Landschaftsplanern. "Wir unterscheiden Arbeitsmodelle, die als Hilfswerkzeug beim architektonischen Entwerfen zum Einsatz kommen, und Präsentationsmodelle, bei denen es um Kommunikation mit der Bauherrschaft, mit der Bevölkerung und allen in einem Planungsvorhaben eingebundenen Spezialistinnen und Spezialisten geht", erklärt Aigner. Was die Weiterentwicklung von Landschaftsmodellen betrifft, hebt Florian Rist, Assistent an der Abteilung Dreidimensionales Gestalten und Modellbau des Instituts für Kunst und Gestaltung, die Möglichkeit der Darstellung von Strukturen hervor, die derzeit im digitalen Modellbau meist völlig vernachlässigt werden. "Wir können in einem zweiten Arbeitsgang auch Informationen wie Wege oder Grundstücksgrenzen mit einem feinen Fräsaufsatz oder einem Laser präzise
auftragen", so Rist, der sich im Rahmen seiner Dissertation mit Laser-Anwendungen im digitalen Modellbau beschäftigt.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Der Roboter ist bereits seit 2007 an der TU Wien in Betrieb. "Wir haben uns damals mit mehreren TU-Instituten, allen voran dem Institut für Diskrete Mathematik und dem Institut für Digitale Architektur, für ein intern gefördertes Innovatives Projekt zusammengetan, um seinen Ankauf zu ermöglichen", erklärt Projektleiterin Aigner. Neben dem Laborbetrieb wurde der CNC-Roboter von Beginn an auch in Lehrveranstaltungen verwendet. Aigner, die in der Lehre mit ihrer Kollegin Sigrid Brell-Cokcan von der Abteilung Digitale Architektur des Instituts für Architekturwissenschaften an der TU Wien zusammenarbeitet, argumentiert: "Die Verwendung des Roboters in der Lehre ist sehr wichtig, weil digitale Fertigung in der Baupraxis heute bereits stark verbreitet ist und weiter an Bedeutung zunehmen wird."
     
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