Staatliche Beihilfen / ORF-Finanzierung  

erstellt am
28 10. 09

EU-Kommission gibt grünes Licht für Finanzierung des Österreichischen Rundfunks
Brüssel (ec.europa) - Die Europäische Kommission ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter ORF nach entsprechenden Zusicherungen Österreichs nunmehr mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht. Sie hat daher ihre diesbezügliche Untersuchung eingestellt. Österreich hat insbesondere zugesichert, den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF zu präzisieren, die Finanzierung des ORF strikt auf das zur Erfüllung dieses Auftrags erforderliche Maß zu beschränken, vor Einführung neuer Mediendienste eine öffentliche Konsultation durchzuführen und die kommerziellen Tätigkeiten des ORF klar von dessen öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten zu trennen. In der Entscheidung werden erstmals die Kriterien angewandt, die die Kommission in ihrer überarbeiteten Rundfunkmitteilung vom 2. Juli 2009 aufgestellt hat.

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes erklärte: „Ich bin davon überzeugt, dass mit den von Österreich angebotenen Zusicherungen einerseits die notwendigen Voraussetzungen für einen hochwertigen öffentlich-rechtlicher Rundfunk geschaffen und andererseits gerechte Ausgangsbedingungen in diesem Sektor aufrechterhalten werden.“

Nach Beschwerden des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und des Verbandes Österreichischer Privatsender ( VÖP) hatte die Kommission eine Untersuchung eingeleitet, um die öffentliche Finanzierung des ORF zu überprüfen.

Am 31. Januar 2008 teilte die Kommission Österreich ihre vorläufige Auffassung mit, dass die Finanzierung des ORF durch Programmentgelte nicht mit den Beihilfevorschriften des EG-Vertrags im Einklang steht. Die Bedenken der Kommission betrafen vor allem die ungenaue Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags insbesondere für Online-Dienste und Sportprogramme sowie das Fehlen einer angemessenen Kontrolle der Auftragserfüllung. Außerdem gab es keine angemessene Vorkehrungen, um Überkompensierungen (und somit eine mögliche Quersubventionierung kommerzieller Tätigkeiten des ORF) zu verhindern und um sicherzustellen, dass der ORF seine kommerziellen Tätigkeiten nach marktüblichen Grundsätzen ausübt.

Nach mehreren Treffen zwischen Vertretern der österreichischen Regierung und der Kommission verständigten sich beide Seiten auf einen Rahmen, um die öffentliche Finanzierung des ORF und dessen Rekapitalisierung nach der Krise mit den EU-Beihilfevorschriften in Einklang zu bringen.

Präziserer öffentlich-rechtlicher Auftrag und Vorabprüfung
Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird dadurch präzisiert, dass zusätzliche Kriterien für die Erbringung neuer Mediendienste eingeführt werden. Österreich wird eine neue Medienaufsicht einrichten, die überwachen wird, inwieweit der ORF den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt. Wenn der ORF neue Mediendienste einführen will, muss er die entsprechenden Vorschläge der Medienaufsicht unterbreiten. Die Medienaufsicht wird daraufhin eine öffentliche Konsultation durchführen, um den Mehrwert dieser Dienste für die österreichische Gesellschaft sowie deren Auswirkungen auf den Markt zu prüfen. Dabei haben die Bürger und andere Marktteilnehmer Gelegenheit, zu den vom ORF geplanten neuen Medienangeboten Stellung zu nehmen.

Weitere Neuerungen
Die Finanzierung des ORF wird auf das zur Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben erforderliche Maß beschränkt sein. Es sind wirksame Mechanismen vorgesehen, um im Nachhinein kontrollieren zu können, ob es möglicherweise zu einer Überkompensierung gekommen ist. Die kommerziellen Tätigkeiten des ORF werden strikt von dessen öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten getrennt. Die neue Medienaufsicht wird nicht nur überprüfen, inwieweit der ORF seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt, sondern auch dafür Sorge tragen, dass der ORF für die Erbringung seiner öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten keinen überhöhten finanziellen Ausgleich erhält. Der ORF wird dazu verpflichtet, nicht genutzte Sportrechte Dritten in Sublizenzierung anzubieten. Außerdem wird sich der Kanal ORF Sport Plus auf Sportarten konzentrieren, denen in der österreichischen Medienberichterstattung kein breiter Raum zukommt. Bei den vom ORF geplanten neuen Spartenprogrammen für Information und Kultur wird im Rahmen einer Vorabprüfung untersucht, welchen Mehrwert sie haben und wie sich möglicherweise auf den Markt auswirken werden. Die Programmgestaltung der bestehenden Fernsehkanäle ORF1 und ORF2 wird Gegenstand einer laufenden internen Qualitätskontrolle sein. Außerdem können bei der neuen Medienaufsicht Beschwerden eingereicht werden.

Österreich hat 12 Monate Zeit, um seine Zusicherungen umzusetzen. Die Kommission wird diese Umsetzung verfolgen.

Der ORF darf neue Online-Dienste einführen, bevor alle zweckdienlichen Maßnahmen förmlich umgesetzt sind, sofern diese Angebote erst dann kommerziell verwertet werden, wenn die neue Medienaufsicht deren Mehrwert und deren Auswirkungen auf den Markt geprüft hat. Diese Vorgehensweise kommt insbesondere bei der geplanten neuen „ORF TV-THEK“ zum Tragen, über die ORF-eigene TV-und Hörfunkproduktionen heruntergeladen werden können.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die Entscheidung im Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter der Nummer E 2/2008 veröffentlicht. Über neu im Internet veröffentlichte Beihilfeentscheidungen informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News .

Hintergrund
Am 2. Juli 2009 nahm die Kommission eine überarbeitete Mitteilung über staatliche Beihilfen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Zuvor hatte die Kommission auf der Grundlage der Vorgängermitteilung aus dem Jahr 2001 mehr als 20 Entscheidungen in diesem Bereich erlassen. Dabei ging es beispielsweise um die Änderung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Frankreich, Portugal, Belgien, Irland und Deutschland.

 

Vilimsky: Jetzt am Zukunftsmodell einer fairen Medienförderung für alle arbeiten!
Neues ORF-Gesetz umgehend im Parlament mit Fachöffentlichkeiten zur Diskussion bringen
Wien (fpd) - Nachdem erwartungsgemäß die EU-Kommission dem ORF grünes Licht zum Weiterwurschteln mit dem veralteten Gebührenmodell gegeben hat, sollen nun endlich die Beratungen aufgenommen werden, ein faires, transparentes und nachvollziehbares Modell einer allgemeinen Medienförderung zu etablieren, von dem neben dem ORF auch private Anbieter profitieren können, so FPÖ-Generalsekretär NAbg. Harald Vilimsky.

Die Privatsender Sat.1, ProSieben und Kabel 1 planen bereits, von den Zuschauern künftig eine Nutzungsgebühr zu verlangen. Laut "Handelsblatt" will der Konzern so unabhängiger vom Werbemarkt werden, der zur Zeit stark eingebrochen sei. Fernsehen könne sich somit bald zur multiplen Gebührenfalle entwickeln. Um das zu vermeiden, solle ein allgemeines Fördermodell angeboten werden, das allen Anbietern, die öffentlich-rechtliche Angebote haben und einen bestimmten Informationsanteil im Sendeschema haben, Nutzen bringen soll, so Vilimsky.

Die Regierungsparteien wären gut beraten, das neue ORF-Gesetz umgehend im Parlament zur Diskussion zu bringen und sicherzustellen, dass auch alle Fachöffentlichkeiten ernsthaft eingebunden werden. Mit einer einmaligen Aktion einer Enquete im Hohen Haus werde das wohl kaum zu argumentieren sein. "Je mehr Experten und Praktiker an der Gesetzeswerdung beteiligt werden, desto besser, was wir nicht brauchen ist ein rot-schwarzes Proporzmodell, das den heimischen Medienmarkt noch mehr ramponiert", so Vilimsky.

 

Strutz: Ostermayer soll ORF-Gesetz endlich Parlament vorlegen
Kein Postenschacher sondern Unabhängigkeit des ORF sichern
Wien (bzö) - "Nachdem die EU heute grünes Licht für neue finanzielle Möglichkeiten des ORF im kommerziellen Bereich gegeben hat, hat die Regierung durch die Vorlage eines neuen ORF-Gesetzes akuten Handlungsbedarf", so BZÖ-Generalsekretär Abg. Dr. Martin Strutz. Er fordert Staatssekretär Ostermayer auf, den Entwurf nicht mehr länger in den Parteisekretariaten von SPÖ und ÖVP sowie im stillen Kämmerlein zu verhandeln, sondern endlich dem Parlament vorzulegen. Es ist ein demokratiepolitischer Skandal, dass führende Journalisten des ORF zu den Beratungen der SPÖ beigezogen werden, die Parlamentarier jedoch im Dunkeln tappen müssen und keinerlei Infos erhalten. Strutz: "Die Oppositionsparteien sind gänzlich von den Verhandlungen ausgeschlossen, was Schlimmes erahnen lässt!"

Statt einen breiten Konsens für das wirtschaftliche Überleben des wichtigsten österreichischen Mediums zu suchen, "feilschen SPÖ und ÖVP seit Monaten über Führungs- und Schlüsselpositionen im ORF und denken darüber nach, wie man durch Verkleinerung oder Auflösung des Stiftungsrates FPÖ, BZÖ und Grüne hinausdrängen kann", kritisierte Strutz und warnt: "Nachdem die ÖVP nun laut Koalitionspakt ihren EU-Kommissar von Faymann "genehmigt" bekommen hat, steht laut dem "Kuhhandel-Abkommen" nun die rote Einfärbung des ORF bevor." Dies sei ein demokratie- und medienpolitischer Wahnsinn, den es zu verhindern gelte. "Weil Ostermayer aufgrund dieses Deals ein schlechtes Gewissen hat, bleibt das ORF-Gesetz weiter unter Verschluss und der ORF weiterhin in Geiselhaft der Parteisekretariate", erklärte der BZÖ-Generalsekretär.

 

Brosz: Grüne für starke und unabhängige Medienbehörde
Entscheidung der EU-Kommission zu ORF ist zu begrüßen
Wien (grüne) - Die Grünen begrüßen die Entscheidung der EU-Kommission zum ORF. Die Gebührenfinanzierung wurde zwar grundsätzlich als rechtmäßig erkannt, gleichzeitig wurde deutlicher Reformbedarf festgestellt. "Die Einrichtung einer unabhängigen Medienaufsicht wurde von den Regierungsparteien jahrelang verhindert. Mit der Entscheidung der Kommission ist sicher gestellt, dass diese im nächsten Jahr gesetzlich verankert werden muss. "Die Grünen werden auf eine tatsächlich unabhängige und mit wirksamen Kompetenzen ausgestattete Behörde drängen", so Dieter Brosz, ORF-Sprecher der Grünen. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament notwendig. "Für eine Pro-forma-Lösung und die Fortsetzung des rot-schwarzen Proporzes stehen wir sicher nicht zur Verfügung".

"Ich halte es auch für richtig, dass der ORF weiter Gebühren einheben darf, weil damit die Unabhängigkeit gesichert wird. Gleichzeitig muss das duale System weiter entwickelt werden. In letzter Zeit wurde zu Recht Kritik am ORF laut, weil er durch das Wegkaufen von Rechten die Ausstrahlung von Sendungen im Privat-TV verhindert hat. Das soll in Zukunft nicht mehr möglich sein", fordert Brosz.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
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