Neun von zehn Europäern sagen: jetzt gegen Armut handeln   

erstellt am
27. 10. 09

Brüssel (europa.ec) - 73 % der Europäer sehen Armut als großes Problem in ihrem Land und 89 % wollen, dass ihre Regierung rasch etwas unternimmt. Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der neuen Eurobarometer-Erhebung zum Thema Armut und soziale Ausgrenzung, die die Europäische Kommission heute vorstellt. Die Erhebung steht im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr gegen die Armut 2010.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Europäer das Problem Armut und soziale Ausgrenzung in unserer heutigen Gesellschaft durchaus bewusst wahrnehmen und wollen, dass mehr dagegen unternommen wird,“ sagte der für soziale Angelegenheiten zuständige Kommissar Vladimír Špidla. „Für die meisten ist in erster Linie die eigene Regierung gefordert, aber immerhin drei Viertel erwarten auch von der EU Entscheidendes. Das bevorstehende Europäische Jahr ist eine ideale Gelegenheit, die Bekämpfung der Armut in der gesamten EU in den Mittelpunkt zu rücken.“

Fast 80 Millionen Menschen in der EU – das sind 16 % – leben unterhalb der Armutsgrenze und sind bei Arbeit, Bildung, Wohnen, sozialen und finanziellen Dienstleistungen ernsthaft benachteiligt; die aktuelle Umfrage zeigt die vielen Gesichter von Armut und sozialer Ausgrenzung.

Die Bürgerinnen und Bürger in der EU sind sich durchaus bewusst, dass es Armut und soziale Ausgrenzung gibt, und 73 % finden, dass sie in ihren Land weit verbreitet sind.

Als „gesellschaftliche“ Gründe für das Entstehen von Armut werden am häufigsten Arbeitslosigkeit (52 %) und zu niedrige Löhne (49 %) genannt, danach unzureichende Sozialleistungen und Renten (29 %) sowie zu hohe Preise für angemessenen Wohnraum (26 %). 37 % glauben, dass eine fehlende schulische und berufliche Bildung sowie „ererbte“ Armut (25 %) und Suchtkrankheiten (23 %) die wichtigsten „individuellen“ Gründe für Armut sind.

Mehr als die Hälfte der Befragten (56 %) sieht Arbeitslose am ehesten von Armut bedroht, für 41 % trifft dies auf ältere Menschen zu, und 31 % halten Geringqualifizierte für am meisten gefährdet.

Fast neun von zehn Europäern (87 %) glauben, dass arme Menschen nur schwer eine angemessene Wohnung finden, acht von zehn sehen Armut als Hindernis für den Zugang zu höherer Bildung oder Erwachsenenbildung und für 74 % schmälert sie die Chancen bei der Arbeitssuche. Der Zugang zu einer soliden grundlegenden Schulbildung ist nach Ansicht von 60 % der Befragten erschwert; 54 % glauben, dass Armut die Aufrechterhaltung sozialer Netze beeinträchtigt.

89 % der Europäer sind der Ansicht, dass ihre Regierung dringend etwas zur Bekämpfung der Armut unternehmen muss. Für mehr als die Hälfte (53 %) ist in erster Linie die Regierung ihres Landes für die Armutsbekämpfung verantwortlich. Von der Europäischen Union wird weniger erwartet, aber immerhin 28 % halten ihren Beitrag zur Bekämpfung der Armut für „sehr wichtig“ und 46 % für „wichtig“.

Die Eurobarometer-Erhebung wurde zwischen dem 28. August und dem 17. September 2009 durchgeführt. Auf der Grundlage einer Stichprobenauswahl wurden insgesamt knapp 27 000 Bürgerinnen und Bürger in allen Mitgliedstaaten der EU direkt befragt.

Hintergrund
Vor zehn Jahren gelobten die Staats- und Regierungschefs der EU, „die Beseitigung der Armut [bis 2010] entscheidend voranzubringen“. Heute leben aber immer noch viele Europäer in Armut und können nicht selbstverständlich eine Grundversorgung, beispielsweise bei Krankheit, in Anspruch nehmen. Armut und Ausgrenzung beeinträchtigen nicht nur das Wohlbefinden des Einzelnen und die Möglichkeit, gesellschaftlich eine Rolle zu spielen, sie behindern auch die wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb verweist die EU darauf, dass es eine kollektive Verantwortung bei der Armutsbekämpfung gibt und auch Entscheidungsträger und Akteure im öffentlichen und privaten Sektor gefragt sind. Mit dem Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sollen alle diejenigen eine Stimme erhalten, die Tag für Tag darunter leiden.
     
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