Finanzverhalten der Österreicher im ersten Halbjahr 2009
Wien (oenb) - Im Umfeld volatiler Kapitalmärkte und einer rückläufigen Wirtschaftsleistung
sparten österreichische Privatanleger weiterhin auf hohem Niveau und reduzierten gleichzeitig ihre Neuverschuldung.
Im ersten Halbjahr 2009 investierten sie 8,7 Mrd Euro (und damit pro Kopf durchschnittlich knapp mehr als 1.000
Euro) in Finanzanlagen, wobei der kurzfristige Veranlagungshorizont dominierte. Wertpapierbesitzer profitierten
von steigenden Börsenkursen im ersten Halbjahr 2009, was sich konkret in einer Erhöhung des Geldvermögens
um zusätzliche 2,8 Mrd Euro niederschlug. Ende Juni 2009 belief sich das Geldvermögen der österreichischen
Haushalte auf rund 430 Mrd Euro bzw. auf durchschnittlich 52.300 Euro pro Person, es war jedoch sehr ungleich zwischen
den Haushalten verteilt. In den ersten sechs Monaten nahmen private Schuldner per Saldo keine neuen Kredite auf.
Die ausstehenden Schulden beliefen sich Mitte 2009 auf rund 145 Mrd Euro, wobei rund 40% der Haushalte einen aushaftenden
Kredit (Wohnbau- bzw. Konsumkredit) hatten.
„Das Finanzverhalten der Österreicher wurde von zwei sehr unterschiedlichen Veranlagungsmustern gekennzeichnet“,
betonte Andreas Ittner, Mitglied des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank, anlässlich des bevorstehenden
Weltspartages im Rahmen der heutigen OeNB-Pressekonferenz zum Finanzverhalten der Österreicher. „Das Parken
von Erspartem in Bargeld und täglich fälligen Einlagen prägte die liquiditätsorientierte Vermögensbildung
der Österreicher unmittelbar nach dem Höhepunkt der Finanzkrise. Daneben wurden von Privatanlegern aber
auch wieder langfristig orientierte Engagements in Form von Aktien bei sehr niedrigen Wertpapierkursen vorgenommen“.
Gleichzeitig ging, so Ittner, die Neuverschuldung aufgrund der geringeren Nachfrage der Haushalte aber auch wegen
der risikobewussteren Kreditvergabe durch die Banken insgesamt zurück. Ihr Jahreswachstum lag damit seit dem
dritten Quartal 2008 deutlich unter dem Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre.
Im Rahmen der Präsentation der Detailergebnisse unterstrich Aurel Schubert, Direktor der Hauptabteilung Statistik,
dass „das Sparbuch als das traditionsreichste Veranlagungsinstrument für das Geldvermögen der Österreicher
seine besondere Bedeutung mit einem Anteil von rund 36% verteidigt hat“. Weiters hob Schubert folgende aktuelle
Ergebnisse für das erste Halbjahr 2009 hervor:
- 7,1 Mrd Euro oder rund 80% der gesamten Geldvermögensbildung der privaten Haushalte in Höhe von 8,7
Mrd Euro flossen im ersten Halbjahr 2009 in Bargeld und täglich fällige Einlagen bei inländischen
Banken. Dabei nahmen Privatanleger auch Umschichtungen zwischen den einzelnen Bindungsfristen vor. Seit Ausbruch
der Finanzkrise flossen damit in Bargeld- und Einlagenbestände 25,1 Mrd Euro oder knapp 70% der gesamten
Geldvermögensbildung.
- Börsennotierte Aktien wurden seit der Verschärfung der Finanzkrise antizyklisch gekauft. Sowohl im
vierten Quartal 2008 als auch im ersten Quartal 2009 kauften österreichische Anleger vor dem Hintergrund fallender
Kurse Aktien im Ausmaß von netto 0,8 Mrd Euro, während sich das Kaufinteresse im zweiten Quartal 2009
bei steigenden Kursen abschwächte. Seit Ausbruch der Finanzkrise Mitte 2007 erwarben österreichische
Privatanleger Aktien um insgesamt 1,3 Mrd Euro. Das entspricht einem Anteil von 4% der gesamten Geldvermögensbildung.
- Private Haushalte hielten damit Mitte 2009 ein Geldvermögen von 429,5 Mrd Euro. Dies entspricht einem
Zuwachs von 2,6% seit Ende 2008. Rund 40% dieser Finanzanlagen hatten eine Laufzeit bzw. Restlaufzeit von weniger
als einem Jahr. Dazu zählen neben Bargeld und gebundenen Einlagen auch Geldmarktpapiere, Geldmarktfonds
bzw. verzinsliche Wertpapiere dieser Laufzeitkategorie.
- Im ersten Halbjahr 2009 gab es per Saldo keine Neuverschuldung der privaten Kreditnehmer. Während
Wohnbaukredite mit sehr moderaten Wachstumsraten stiegen, wurden sowohl Konsumkredite als auch sonstige Kredite
per Saldo getilgt.
- Die Kreditverschuldung der österreichischen Haushalte betrug Ende Juni 2009 143,1 Mrd Euro. Sie ging damit
gegenüber Ende 2008 um 0,9% zurück. Wohnbaukredite repräsentierten mit einem aushaftenden
Volumen von 93,9 Mrd Euro einen Anteil von rund 65%. Vom gesamten Kreditvolumen waren 43,4 Mrd Euro endfällig,
davon rund 70% in Kombination mit Tilgungsträgern.
Zusammenfassend betonte Direktor Ittner, dass „die Finanzkrise das Risikobewusstsein der Haushalte hinsichtlich
ihres Finanzmanagements geschärft hat. Darüber hinaus spielt die weiterhin hohe Sparneigung der österreichischen
Haushalte aber auch für die Refinanzierung der heimischen Banken in diesen bewegten Zeiten eine wichtige stabilisierende
Rolle.“
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