Sparbuch und Aktie   

erstellt am
27. 10. 09

Finanzverhalten der Österreicher im ersten Halbjahr 2009
Wien (oenb) - Im Umfeld volatiler Kapitalmärkte und einer rückläufigen Wirtschaftsleistung sparten österreichische Privatanleger weiterhin auf hohem Niveau und reduzierten gleichzeitig ihre Neuverschuldung. Im ersten Halbjahr 2009 investierten sie 8,7 Mrd Euro (und damit pro Kopf durchschnittlich knapp mehr als 1.000 Euro) in Finanzanlagen, wobei der kurzfristige Veranlagungshorizont dominierte. Wertpapierbesitzer profitierten von steigenden Börsenkursen im ersten Halbjahr 2009, was sich konkret in einer Erhöhung des Geldvermögens um zusätzliche 2,8 Mrd Euro niederschlug. Ende Juni 2009 belief sich das Geldvermögen der österreichischen Haushalte auf rund 430 Mrd Euro bzw. auf durchschnittlich 52.300 Euro pro Person, es war jedoch sehr ungleich zwischen den Haushalten verteilt. In den ersten sechs Monaten nahmen private Schuldner per Saldo keine neuen Kredite auf. Die ausstehenden Schulden beliefen sich Mitte 2009 auf rund 145 Mrd Euro, wobei rund 40% der Haushalte einen aushaftenden Kredit (Wohnbau- bzw. Konsumkredit) hatten.

„Das Finanzverhalten der Österreicher wurde von zwei sehr unterschiedlichen Veran­lagungsmustern gekennzeichnet“, betonte Andreas Ittner, Mitglied des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank, anlässlich des bevorstehenden Weltspartages im Rahmen der heutigen OeNB-Pressekonferenz zum Finanzverhalten der Österreicher. „Das Parken von Erspartem in Bargeld und täglich fälligen Einlagen prägte die liquiditätsorientierte Vermögensbildung der Österreicher unmittelbar nach dem Höhepunkt der Finanzkrise. Daneben wurden von Privatanlegern aber auch wieder langfristig orientierte Engagements in Form von Aktien bei sehr niedrigen Wertpapierkursen vorgenommen“. Gleichzeitig ging, so Ittner, die Neuverschuldung aufgrund der geringeren Nachfrage der Haushalte aber auch wegen der risikobewussteren Kreditvergabe durch die Banken insgesamt zurück. Ihr Jahreswachstum lag damit seit dem dritten Quartal 2008 deutlich unter dem Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre.

Im Rahmen der Präsentation der Detailergebnisse unterstrich Aurel Schubert, Direktor der Hauptabteilung Statistik, dass „das Sparbuch als das traditionsreichste Veranlagungsinstrument für das Geldvermögen der Österreicher seine besondere Bedeutung mit einem Anteil von rund 36% verteidigt hat“. Weiters hob Schubert folgende aktuelle Ergebnisse für das erste Halbjahr 2009 hervor:

  • 7,1 Mrd Euro oder rund 80% der gesamten Geldvermögensbildung der privaten Haushalte in Höhe von 8,7 Mrd Euro flossen im ersten Halbjahr 2009 in Bargeld und täglich fällige Einlagen bei inländischen Banken. Dabei nahmen Privatanleger auch Umschichtungen zwischen den einzelnen Bindungsfristen vor. Seit Ausbruch der Finanz­krise flossen damit in Bargeld- und Einlagenbestände 25,1 Mrd Euro oder knapp 70% der gesamten Geldvermögensbildung.
  • Börsennotierte Aktien wurden seit der Verschärfung der Finanzkrise antizyklisch gekauft. Sowohl im vierten Quartal 2008 als auch im ersten Quartal 2009 kauften österreichische Anleger vor dem Hintergrund fallender Kurse Aktien im Ausmaß von netto 0,8 Mrd Euro, während sich das Kaufinteresse im zweiten Quartal 2009 bei steigenden Kursen abschwächte. Seit Ausbruch der Finanzkrise Mitte 2007 erwarben österreichische Privatanleger Aktien um insgesamt 1,3 Mrd Euro. Das entspricht einem Anteil von 4% der gesamten Geldvermögensbildung.
  • Private Haushalte hielten damit Mitte 2009 ein Geldvermögen von 429,5 Mrd Euro. Dies entspricht einem Zuwachs von 2,6% seit Ende 2008. Rund 40% dieser Finanzanlagen hatten eine Laufzeit bzw. Restlaufzeit von weniger als einem Jahr. Dazu zählen neben Bargeld und gebundenen Einlagen auch Geldmarktpapiere, Geldmarkt­fonds bzw. verzinsliche Wertpapiere dieser Laufzeitkategorie.
  • Im ersten Halbjahr 2009 gab es per Saldo keine Neuverschuldung der privaten Kredit­nehmer. Während Wohnbaukredite mit sehr moderaten Wachstumsraten stiegen, wurden sowohl Konsumkredite als auch sonstige Kredite per Saldo getilgt.
  • Die Kreditverschuldung der österreichischen Haushalte betrug Ende Juni 2009 143,1 Mrd Euro. Sie ging damit gegenüber Ende 2008 um 0,9% zurück. Wohnbau­kredite repräsentierten mit einem aushaftenden Volumen von 93,9 Mrd Euro einen Anteil von rund 65%. Vom gesamten Kreditvolumen waren 43,4 Mrd Euro endfällig, davon rund 70% in Kombination mit Tilgungsträgern.


Zusammenfassend betonte Direktor Ittner, dass „die Finanzkrise das Risikobewusstsein der Haushalte hinsichtlich ihres Finanzmanagements geschärft hat. Darüber hinaus spielt die weiterhin hohe Sparneigung der österreichischen Haushalte aber auch für die Refinanzierung der heimischen Banken in diesen bewegten Zeiten eine wichtige stabilisierende Rolle.“

     
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