Prammer empfängt griechischen Vize-Außenminister Droutsas   

erstellt am
06. 11. 09

EU, OSZE, Wirtschaftskrise und Klimawandel Themen des Gesprächs
Wien (pk) - Der stellvertretende Außenminister von Griechenland, Dimitris Droutsas, ist am 06.11. im Parlament zu einem Gedankenaustausch mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zusammengetroffen. Im Mittelpunkt der Unterredung standen vor allem die Schwerpunkte des aktuellen griechischen OSZE-Vorsitzes, die Vorhaben der neuen Regierung unter Ministerpräsident Giorgos Papandreou, die Zukunft der EU nach der Ratifizierung des Lissabon-Vertrags, die Klimakonferenz in Kopenhagen, die Einführung einer europäischen Transaktionssteuer sowie die Studentenproteste in Österreich.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer sprach zunächst den Lissabon-Vertrag an, der ihrer Ansicht nach eine große Herausforderung für die nationalen Parlamente darstelle. Sie war überzeugt davon, dass man sich dessen in vielen Ländern noch gar nicht wirklich bewusst sei. Allerdings sehe sie darin auch eine Riesenchance, weil man sich nun die EU-Materien genauer anschauen müsse und daraus vielleicht europäische Kampagnen entstehen, die von den Parlamenten getragen werden. Prammer erkundigte sich zudem, wie Droutsas die Ergebnisse des griechischen OSZE-Vorsitzes beurteile und welche Position die Regierung in der Frage des Klimawandels und der europäischen Transaktionssteuer einnehme. Die Nationalratspräsidentin berichtete sodann von den aktuellen politischen Entwicklungen in Österreich und dabei insbesondere von den großen Studentenprotesten. Es handle sich dabei um eine basisdemokratisch organisierte Bewegung, die mittlerweile auf ganz Österreich übergreife. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei es für alle Staaten nicht einfach, genügend Ressourcen für den Bildungsbereich zur Verfügung zu stellen.

Dimitris Droutsas bezeichnete die aktuelle wirtschaftliche Situation in Griechenland als eine sehr große Herausforderung, die rigoroser Maßnahmen bedürfe. Die Regierung sei gerade dabei, einen Drei-Jahres-Plan zur Budgetkonsolidierung auszuarbeiten, wobei man aber darauf Bedacht nehme, dass die sozial Schwächeren nicht benachteiligt werden.

Der Vize-Außenminister zeigte sich froh über die endgültige Ratifizierung des Lissabon-Vertrags. Er hoffe, dass von der neuen Kommission, auch in personeller Hinsicht, wichtige Signale ausgehen, um der – auch in Griechenland – wachsenden Europa-Skepsis besser entgegentreten zu können. Für den Posten eines griechischen EU-Kommissars konnte Droutsas noch keinen konkreten Namen nennen, Ministerpräsident Papandreou sei aber sehr bemüht, eine Frau nach Brüssel zu schicken. Dies entspreche auch dem neuen Geist in der griechischen Regierung, in der fast 50 % der Minister weiblich sind.

Dimitris berichtete sodann darüber, dass Premierminister Papandreou beim letzten Europäischen Rat den Vorschlag von Bundeskanzler Werner Faymann nach Einführung einer europäischen Transaktionssteuer unterstützt habe. Auch in der Frage des Klimaschutzes, die ein sehr wichtiges Thema für das neue Kabinett sei, sehe man sich als Mitstreiter von Österreich auf EU-Ebene.

Was den OSZE-Vorsitz angeht, so werde dieser von Griechenland sehr ernst genommen und man werde nun versuchen die begonnenen Projekte noch weiter voranzutreiben. Von besonderer Bedeutung sei dabei der so genannte "Korfu-Prozess", also die Diskussion um eine umfassende Sicherheitsarchitektur in Europa. Er hoffe, dass beim OSZE-Treffen Anfang Dezember in Athen eine politische Deklaration beschlossen werden kann.

Droutsas, der selbst in Wien studiert hat, zeigte sich überrascht von den Studentenprotesten, zumal seiner Erfahrung nach die österreichischen Universitäten ein sehr hohes Bildungsniveau aufweisen. Aus demokratiepolitischer Sicht sehr positiv sei für ihn jedoch, dass es sich dabei um eine wirkliche Basisbewegung von jungen Menschen handle.

Der 41-jährige Dimitris Droutsas, der seit Anfang Oktober der neuen Regierung unter Ministerpräsident und Außenminister Giorgos Papandreou angehört, hat einen starken Österreich-Bezug. Der perfekt Deutsch sprechende Droutsas hat nicht nur in Wien sein Jus-Studium absolviert, sondern war auch Assistenzprofessor am Forschungsinstitut für Europafragen und schließlich auch ein Jahr lang rechtlicher Berater von Wolfgang Schüssel in seiner Zeit als Außenminister. 1999 kehrte der in Nikosia geborene Politiker wieder nach Griechenland zurück, wo er den damaligen Außenminister Papandreou speziell in der Zypernfrage, in EU-politischen Angelegenheiten sowie hinsichtlich der griechisch-türkischen Annäherung beriet.

Droutsas hält sich anlässlich des vom Außenministerium und der OSZE organisierten Festakts zum zwanzigsten Jahrestag des Falls der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhanges in Wien auf, wo er auch eine Rede halten wird.
     
Informationen: http://www.parlament.gv.at    
     
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