München (idw) - Dreidimensionale Computergrafiken halten Einzug ins
Museum: Kunstgegenstände sollen in einem digitalen Archiv räumlich dargestellt werden. Das erleichtert
Forschern die Suche nach ähnlichen Museumsexponaten und bietet Laien eine faszinierende 3-D-Schau.
Wer keine Zeit hat, nach Florenz zu reisen, der kann sich Michelangelos David-Statue im Internet anschauen. Dort
rotiert David lebensecht in 3-D um seine Achse. Das lässt erahnen, was Forscher derzeit im europäischen
Verbundprojekt 3D-COFORM entwickeln: ein virtuelles Archiv für Kunstgegenstände der Welt, das das museale
Erbe der Menschheit digitalisieren soll. Vasen, historische Speere oder gar ganze Tempel lassen sich dreidimensional
darstellen. Museumsbesucher werden damit in einigen Jahren römische Amphoren am Bildschirm drehen oder um
Tempel herumfliegen können. Die virtuelle Sammlung wird vor allem Wissenschaftlern die Suche nach Vergleichsobjekten
erleichtern, die von denselben Künstlern oder Völkern stammen oder vergessen in Museumskellern lagern.
Das Archiv soll intelligent sein und die gespeicherten Objekte allein finden und verknüpfen. Auf Befehle wie
"Zeige mir griechische Vasen aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus mit mindestens zwei Henkeln" wird
die Datenbank Exponate aus verschiedensten Sammlungen der Welt präsentieren.
Heute sind gedruckte Kataloge mit Fotos oder schriftliche Beschreibungen von Objekten Standard. Doch die Dreidimensionalität
bietet große Vorteile, denn ein 3-D-Datensatz enthält den Blick auf alle Seiten des Objekts. Er liefert
Informationen über die Oberflächenbeschaffenheit oder den Zustand einer Farbe - wertvolle Daten für
Restauratoren. Wie die David-Statue zeigt, gibt es schon heute eindrucksvolle 3-D-Animationen von Kunstobjekten.
"Von einer sinnvollen Verknüpfung dreidimensionaler Daten verschiedener Objekte jedoch sind wir weit
entfernt", sagt Dr. André Stork, Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung
IGD in Darmstadt und Partner im 3D-COFORM-Konsortium.
Stork und sein Team generieren die 3-D-Modelle und bereiten sie für das digitale Archiv auf. "So ein
3-D-Scan ist nichts anderes als eine Wolke von Messpunkten. Erst durch Nachbearbeitung wird daraus ein echtes Abbild
des Gegenstands", sagt Stork. Die Forscher entwickeln Rechenvorschriften, die aus den Messdaten das eigentliche
Objekt herauslesen. Sie müssen bestimmte Strukturen korrekt identifizieren - Arme von Statuen oder Säulen
am Gebäude. Auch wiederkehrende Muster auf Vasen soll die Software erkennen. Zur virtuellen Präsentation
gehört auch eine detailgetreue Darstellung: Das Abbild eines Tempels macht wenig Sinn, wenn man ihn nicht
zusammen mit dem Schattenspiel seiner Säulen betrachten kann. Die Darmstädter kombinieren daher verschiedene
Verfahren, um Lichteffekte zu simulieren. |