Anlass für vorsichtigen Optimismus  

erstellt am
19 11. 09

OECD-Wirtschaftsausblick
Die einsetzende wirtschaftliche Erholung in den OECD-Ländern ist noch zu schwach, um einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern
Berlin (oecd) - Im Jahr 2010 wird sich Österreich dank des verbesserten außenwirtschaftlichen Umfelds und konjunkturstützender Politiken voraussichtlich von seiner schlimmsten Rezession der letzten Jahrzehnte erholen. Falls diese Bedingungen weiter fortbestehen, dürfte sich das Wachstum im Jahr 2011 bis auf seine Potenzialrate beschleunigen. Dennoch wird die Arbeitslosigkeit bis Ende 2010 voraussichtlich steigen, und die Inflation wird trotz einer leichten Aufwärtsbewegung verhalten bleiben. Die Verschlechterung der Haushaltsposition erfordert die zeitige Verpflichtung auf eine glaubwürdige mittelfristige Konsolidierungsstrategie, die umgesetzt werden sollte, sobald die Konjunkturerholung in Gang gekommen ist. Die Verwaltungsreformen sollten fortgeführt werden, um die Konsolidierungsanstrengungen zu erleichtern.

Die Rezession hat die Talsohle durchschritten
Die Rezession scheint ihren Tiefstand erreicht zu haben. Nach drei Quartalen negativen Wachstums ist das BIP im zweiten Quartal 2009 erneut geschrumpft, jedoch in weitaus geringerem Umfang. Dies war durch einen weniger starken Rückgang der Exporte, entsprechend dem weltweiten Trend, und der Investitionen bedingt. Zusätzlich hat sich der private Verbrauch dank der Einkommensteuersenkung, der nachlassenden Teuerung und der Verschrottungsprämie erhöht. Sowohl das Geschäfts- und Konsumklima als auch die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe haben sich seit letztem Frühjahr stark verbessert und lassen ein positives, wenngleich noch immer schwaches BIP-Wachstum im zweiten Halbjahr 2009 erwarten.

Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen, und die Inflation hat die Marke von null erreicht
Die Beschäftigung geht seit November 2008 zurück, so dass die Arbeitslosigkeit im ersten Halbjahr 2009 trotz des Kurzarbeitsprogramms stark gestiegen ist. Allerdings hat das Tempo der Verschlechterung im Verlauf des Sommers nachgelassen, und die harmonisierte Arbeitslosenquote hat sich stabilisiert, während die registrierte Arbeitslosigkeit saisonbereinigt etwas gesunken ist. Mehrere Unternehmen sind bereits aus dem Kurzarbeitsprogramm ausgestiegen, was auf eine Verbesserung in einigen Bereichen des Verarbeitenden Gewerbes hindeutet. Nach erheblichen Rückgängen stieg die Zahl der offenen Stellen im Sommer ein wenig, verharrte jedoch auf sehr niedrigem Niveau. Der Verbraucherpreisauftrieb (HVPI) bewegte sich zwischen Mai und September 2009 unter dem Einfluss rückläufiger Energiepreise und einer etwas niedrigeren Kerninflation um die Marke von null.

Die Bedingungen auf den Finanzmärkten haben sich gebessert
Die Spreads österreichischer Staatsanleihen gegenüber Deutschland haben sich bis Ende Oktober auf unter 40 Basispunkte verringert, was auf ein niedrigeres Risikoempfinden hinsichtlich des österreichischen Finanzsektors hindeutet. Die Interbankenspreads im Euroraum haben sich verringert. Seit Anfang des Jahres 2009 hat die Vergabe von Neukrediten an die privaten Haushalte leicht zugenommen, während die Neukreditvergabe an Unter- nehmen im Großen und Ganzen unverändert geblieben ist. Seit ihrem Tiefpunkt Anfang März sind die Aktienkurse stark gestiegen, sie liegen jedoch noch weit unter ihrem Vorkrisenniveau.

Stärkere Exporte und konjunkturstützende Maßnahmen werden das Wachstum fördern
Das internationale Umfeld und die Politikreaktionen deuten auf sich bessernde Aussichten hin. Die Auslandsnachfrage ist vor kurzem gestiegen und dürfte im Zeitraum 2010-2011 weiter an Dynamik gewinnen. Starke und stabile Exporte werden nach und nach die Überkapazitäten reduzieren und so eine Belebung der Investitionen auslösen. Diese gesamte Entwicklung wird durch einen anhaltend stimulierenden geldpolitischen Kurs unterstützt werden. In Österreich sowie im gesamten Euroraum wird das Inflationsprofil kurzfristig durch höhere Energiepreise und im Zeitraum 2010-2011 durch sinkende, wenn auch weiterhin deutliche, Kapazitätsüberhänge geprägt.

Die Arbeitslosigkeit dürfte zunehmen und den Verbrauch belasten
Das BIP-Wachstum wird nicht stark genug sein, um die Arbeitsmarktsituation zu verbessern. Die Arbeitslosenquote wird weiter steigen und zum Jahresende 2010 das Rekordniveau von fast 7,4% erreichen, bevor sie dann im Jahr 2011 nur leicht sinkt. In Verbindung mit einer gewissen Zunahme der Ersparnisbildung auf Grund des kürzlichen Rückgangs der Vermögensposition der privaten Haushalte dürfte dies das Konsumwachstum im Jahr 2010 bremsen. Es ist zu erwarten, dass die Haushalte im Zuge der Trendwende im Jahr 2011 stufenweise ihre Ausgaben erhöhen, da die realen Zinssätze niedrig bleiben und die jüngsten Steuersenkungen weiterhin stimulierend wirken dürften.

Eine mittelfristige Haushaltskonsolidierung wird notwendig sein
Die deutliche Verschlechterung der Staatsfinanzen stellt ernste Herausforderungen bezüglich der Konsolidierung. Die in den Jahren 2008-2009 eingeführten Konjunkturpakete enthielten hauptsächlich auf Dauer wirksame Maßnahmen, die sich im Lauf der Zeit leicht verstärken werden. So dürften sich selbst bei verbessertem BIP-Wachstum für das Jahr 2011 das Defizit des Sektors Staat auf 5,8% des BIP und die Staatsverschuldung (nach der Maastricht- Definition) auf fast 80% des BIP erhöhen. Dies erfordert eine erhebliche Haushaltskonsolidierung, die einsetzen sollte, sobald die Erholung in Gang gekommen ist. Eine möglichst frühzeitige Klärung der Modalitäten dieser Konsolidierung würde dazu beitragen, die Markterwartungen zu verankern und negative Marktreaktionen zu begrenzen, die die Kreditkosten erhöhen würden. Solche Pläne sollten in den kürzlich umgesetzten mittelfristigen Finanzrahmen, der Ausgabenobergrenzen enthält, integriert werden.

Die Risiken sind erheblich, jedoch insgesamt ausgeglichen
Kurzfristig könnte sich das Wachstum angesichts der raschen Belebung der Weltwirtschaft als stärker erweisen. Das Risiko einer Finanzkrise in Mittel- und Osteuropa hat abgenommen, allerdings würde eine steigende Quote von Problemkrediten den österreichischen Bankensektor unter Druck setzen, was für die Haushaltsprojektionen ein Abwärtsrisiko beinhaltet.

 

Faymann: OECD erkennt Krisenmanagement der Regierung an
Prognose optimistischer als vor dem Sommer - weitere Maßnahmen für Arbeitsmarkt und Verwaltungsreform notwendig
Wien (sk) - "Der neueste wirtschaftliche Ausblick der OECD gibt Anlass für vorsichtigen Optimismus, ebenso wie die in der Vorwoche veröffentlichte Prognose der Europäischen Kommission", sagt Bundeskanzler Werner Faymann zum Economic Outlook der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der am 19.11. vorgelegt wurde.
Erfreulich sei, dass von den renommierten Spitzenvolkswirten der Pariser Organisation explizit anerkannt wird, dass sich Österreich von der laut OECD "schlimmsten Rezession seit Dekaden" auch dank der "unterstützenden Maßnahmen der Politik" wieder erhole.

"Die Bevölkerung in Österreich erkennt auch an, dass das gemeinsame, entschlossene Vorgehen gegen die Krise Erfolg zeigt", so der Kanzler mit einem Hinweis darauf, dass laut einer Umfrage von Fessel+GfK die Zustimmung zur EU in Österreich derzeit mit 66 Prozent so hoch wie nicht mehr seit dem Beitrittsvotum im Jahr 1994 ist.

Die österreichische Wirtschaft dürfte laut den OECD-Ökonomen heuer zwar um 3,8 Prozent schrumpfen, im kommenden Jahr aber wieder um 0,9 Prozent zulegen. Für 2011 wird mit 2,2 Prozent ein solides Wachstum vorausgesagt. Im Juni wurde seitens der OECD noch ein BIP-Minus von 4,3 Prozent für 2009 und lediglich plus 0,1 Prozent für 2010 prognostiziert. Für eine offene Volkswirtschaft wie Österreich sei es zudem positiv zu erfahren, dass die OECD auch die gesamte Weltkonjunktur wieder deutlich optimistischer sieht als noch vor dem Sommer.

Die OECD weist aber auch darauf hin, dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt bis weit ins Jahr 2010 angespannt bleiben wird. Bundeskanzler Werner Faymann stellt dazu fest: "Die Krise ist vorbei, wenn die Zahl der Arbeitslosen wieder sinkt. Und nicht dann, wenn Börsekurse steigen." Deswegen könnten sich die Österreicherinnen und Österreicher darauf verlassen, dass seitens der von ihm geführten Bundesregierung alles dafür getan werde, dass so viele Arbeitplätze wie möglich erhalten und schließlich auch wieder geschaffen werden. Hierzu gehören auch Maßnahmen im Bildungssystem, im Forschungsbereich sowie im Klimaschutz.

Weiters merkt die OECD an, dass die krisenbedingten zusätzlichen Staatsausgaben eine "glaubhafte mittelfristige Konsolidierungsstrategie" verlange, die "implementiert werden sollte, sobald die Erholung auf Schienen ist." Auch dazu ist die Haltung des Bundeskanzlers klar: Wie die OECD verlangt auch Werner Faymann, dass die Verwaltungsreform in Österreich - mit einem Einsparungspotential von 3,5 Milliarden Euro - im Dialog mit allen Beteiligten nachhaltig vorangetrieben werden müsse.

In der Frage: "Wer bezahlt für die Aufräumarbeiten nach der Krise?" bleibt die Position folgende: Eine europaweite Einführung einer Finanztransaktionssteuer könne die Lage der Staatsfinanzen entscheidend entspannen. In Österreich müsste das Abschaffen der Steuerbegünstigungen von Aktiengewinnen sowie die hundertprozentige Durchsetzung der Steuerpflicht dieser Aktiengewinne durch die Einführung eines Art Quellensteuermodells vom Finanzminister auf der Prioritätenliste nach ganz oben gesetzt werden, so der Bundeskanzler.

 

Mitterlehner: OECD-Prognose belegt Erfolg der Konjunkturpakete
Wirtschaftsminister freut sich über deutliche Aufschwung-Signale, warnt aber vor Euphorie: "Wir sind noch nicht über den Berg, sondern erst in der Talsohle angelangt"
Wien (bmwfj) - Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sieht die aktuelle OECD-Prognose als erneuten Beleg für den Erfolg der österreichischen Konjunkturpakete: "Angesichts der sehr ungünstigen Ausgangslage kommt Österreich besser durch die Krise als andere Länder im Euroraum, weil die richtigen Rezepte gegen die Krise rasch umgesetzt wurden", betont Mitterlehner unter Verweis auf die OECD-Prognose vom Juni, die für Österreich noch deutlich schlechter als jetzt ausgefallen war. Als wesentliche Erfolgsgeheimnisse sieht der Wirtschaftsminister, dass die Bundesregierung nicht nur die Finanzierung der Betriebe unterstützt hat, sondern vor allem - wie auch die OECD positiv vermerkt - den Inlandskonsum kräftig angekurbelt hat - etwa über die Steuerreform, die nachhaltig wirksame Ökoprämie für Neuwagen und die Förderungsaktion für die thermische Sanierung.

Zugleich warnt der Wirtschaftsminister vor Euphorie: "Wir sind noch nicht über den Berg, sondern erst in der Talsohle angelangt. 2010 wird gerade auf dem Arbeitsmarkt ein sehr schwieriges Jahr. Für ein kräftiges Wachstum müssen noch viele Hindernisse aus dem Weg geräumt werden", so Mitterlehner. Jetzt gehe es darum, die kommende Aufwärtsentwicklung zu verstärken, um einen Rückfall zu verhindern. Zuversichtlich stimmt Mitterlehner, dass Österreichs Unternehmen die in vielen Bereichen notwendige Umstrukturierung aktiv angehen, auf neue Märkte und Produkte setzen sowie ihre Innovationstätigkeiten verstärken. Ein drittes Konjunkturpaket sei daher weiterhin nicht notwendig. "In der momentanen Konjunkturphase ist es entscheidend, dass die Strukturentwicklung durch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage unterstützt wird. Zudem entfalten sich viele unserer Konjunkturmaßnahmen erst mittelfristig", so der Wirtschaftsminister.
 

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