FPÖ wirft Regierung Versagen in der EU-Politik vor   

erstellt am
19. 11. 09

Dringliche Anfrage im Nationalrat
Wien (pk) - Die Beratungen über Umweltthemen wurden am Nachmittag des 18.11. zur Debatte einer von den Freiheitlichen eingebrachten Dringlichen Anfrage unterbrochen. Der Vorwurf: völliges Versagen des Bundeskanzlers in der aktuellen EU-Politik.

FPÖ-Klubobmann Heinz Christian STRACHE warf in seiner Begründung der Anfrage der Regierung und insbesondere Bundeskanzler Faymann vor, in den vergangenen Wochen in EU-Fragen "eine unerträgliche Vorstellung" gegeben zu haben. Durch die Diskussion um die Nominierung von Wissenschaftsminister Hahn als EU-Kommissar habe man sich in der Öffentlichkeit und über die Grenzen hinaus lächerlich gemacht, meinte er. Nach monatelangem "Hickhack" sei, so Strache, ein Minister nach Brüssel entsandt worden, der mit seiner Politik in Österreich bisher nicht besonders erfolgreich gewesen sei. Nun drohe die Gefahr, dass Österreich ein "Mickey-Mouse-Ressort" in der EU erhalte, obwohl ganz andere Möglichkeiten offen gestanden wären. Faymann habe jedoch persönliche Interessen vor österreichische Interessen gestellt, kritisierte Strache.

Kritik übte Strache auch an der Weigerung Faymanns, über den Vertrag von Lissabon eine Volksabstimmung in Österreich abzuhalten. Er kündigte eine Verfassungsklage seiner Partei gegen den Vertrag an, sobald dieser in Kraft getreten ist. Kein Verständnis zeigte Strache außerdem dafür, dass sich Faymann nicht gegen die Zugeständnisse an den tschechischen Staatspräsidenten Klaus zur Wehr gesetzt habe, und bekräftigte, die Benes-Dekrete blieben ein "himmelschreiendes Unrecht" und hätten in der EU nichts verloren.

Zur Diskussion um die Einführung einer EU-Steuer merkte Strache an, Österreich zahle bereits jetzt jährlich Nettobeiträge in Milliardenhöhe an die EU. Statt über EU-Steuern nachzudenken, solle Österreich zumindest eine Halbierung der Nettozahlungen verlangen, forderte er. "Wir brauchen jeden Cent im eigenen Land".

Bundeskanzler Werner FAYMANN erinnerte an eine Prophezeiung Straches, wonach Österreich untergehen werde, wenn der Vertrag von Lissabon in Kraft tritt. Der "rot-weiß-rote Auftritt" der Regierung in der EU sehe anders aus, konstatierte er.

Faymann bekräftigte erneut, er sehe Wissenschaftsminister Hahn als "ausgezeichneten Vorschlag" für die Position eines EU-Kommissars. Gleichzeitig stellte er zum wiederholten Mal klar, dass EU-Kommissionspräsident Barroso Österreich "in keiner Weise" ein Ressort angeboten oder in Aussicht gestellt habe, weder direkt noch indirekt. Ebenso blieb er bei seiner Aussage, wonach kein aktiver oder ehemaliger österreichischer Politiker zum engeren Kandidatenkreis für den EU-Ratspräsidenten und für den Vizepräsidenten zähle. Hätte eine Österreicherin oder ein Österreicher eine Chance, würde die Regierung diesen Kandidaten bzw. diese Kandidatin aber voll unterstützen, versicherte er.

Was die Einführung einer Finanztransaktionssteuer betrifft, gab Faymann zu bedenken, dass es dazu eine gemeinsame Entschließung aller fünf Parteien gebe. Österreich sei mit dieser Forderung in der EU am Anfang "fast allein" gestanden, sagte Faymann, inzwischen würde sie aber von immer mehr Ländern unterstützt.

Zum Vertrag von Lissabon hielt Faymann fest, dieser trete am 1. Dezember unverändert in Kraft. Auch eine etwaige Ausnahme Tschechiens von der Grundrechtsklausel bei künftigen EU-Erweiterungsverträgen hätte ihm zufolge keinen Zusammenhang mit den Benes-Dekreten und mit Vertriebenenrechten. Er werde weiter für die Beseitigung der Unrechtsdekrete eintreten, erklärte der Bundeskanzler. Eine Volksabstimmung über künftige EU-Verträge soll es laut Faymann dann geben, wenn wesentliche Interessen Österreichs davon berührt sind. Konkret stellte er eine Volksabstimmung über einen EU-Beitritt der Türkei in Aussicht.

Als Kriterien für den EU-Ratspräsidenten nannte Faymann u.a. dessen Bereitschaft, den gemeinsamen Kampf der EU gegen die Wirtschaftskrise fortzuführen, auf einen stärkeren sozialen Ausgleich in Europa hinzuarbeiten und dafür einzutreten, dass nicht die Falschen die Krise bezahlen müssten.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) hielt Bundeskanzler Faymann entgegen, es sei ein Unterschied, ob eine EU-einheitliche Finanztransaktionssteuer von den nationalen Behörden oder von der EU eingehoben werde. Werde die EU einmal ermächtigt, Steuern einzuheben, werde es "überhaupt kein Halten mehr" beim Ausgabenrahmen geben, befürchtet er. Schon jetzt seien die Kosten für die EU viel zu hoch.

Unzufrieden zeigte sich Hübner auch mit den Ausführungen Faymanns in Bezug auf den Vertrag von Lissabon. Er verwies darauf, dass der tschechische Staatspräsident Klaus die Forderung nach einer Ausnahmeregelung für Tschechien vom europäischen Grundwertekatalog ausdrücklich mit der Absicherung der Benes-Dekrete begründet habe. Hübner warf Tschechien entschädigungslosen "Raub" des Eigentums von Sudetendeutschen vor. Zur Nominierung von Wissenschaftsminister Hahn als EU-Kommissar merkte er an, Faymann habe auch heute nicht klar machen können, warum Hahn die beste Lösung aus österreichischer Sicht sein sollte.

SPÖ-Klubobmann Josef CAP vermisste in der Dringlichen Anfrage, wie er ausführte, wichtige europäische Themen. Als Beispiele nannte er die bevorstehende Klimakonferenz in Kopenhagen, die Frage der Energiesicherheit, Maßnahmen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise und mehr Transparenz auf den Finanzmärkten. Stattdessen enthalte die Anfrage "eine Mischung aus Tratsch, Halbwahrheiten und Unwahrheiten".

Eine EU-Finanztransaktionssteuer wäre laut Cap nicht nur eine Einnahmequelle, sondern würde auch helfen, Spekulationen entgegenzuwirken. Es sei aber klar, dass im Gegenzug die Nettobeiträge Österreichs an die EU gesenkt würden, sollte eine solche Steuer kommen, unterstrich er. Durch die Geldrückflüsse aus Brüssel hat sich seiner Darstellung nach der Nettobeitrag Österreichs mittlerweile ohnehin de facto halbiert. Was die von Klaus geforderte Ausnahmeregelung für Tschechien von der Grundrechtscharta betrifft, prophezeite Cap Widerstand in der tschechischen Bevölkerung.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) bedauerte die oft, wie er es formulierte, "erbärmlichen Diskussionen" über das Thema Europa, und zwar national, international, aber auch in den Medien. Da werde die Solidarität mit der Keule "Nettozahler" schlechtgemacht, wobei Österreich gerade einmal unter dem Strich 356 Mio. € zahle, argumentierte er. Das selbe gelte für die Themen Souveränität und Lissabon-Vertrag. Man brauche die Weiterentwicklung von Spielregeln, die gemacht wurden, als die EU noch kleiner war, sagte Kopf, und die Union könne auch nur funktionieren, wenn man Souveränitätsrechte abgibt. Der VP-Klubobmann unterstrich, dass die Grundrechte-Charta nichts mit den Benes-Dekreten zu tun habe, weshalb auch der Vorwurf des Wortbruchs nicht gelte. Kopf sprach sich für eine Eigenfinanzierung der EU aus und meinte, die Finanztransaktionssteuer wäre dafür ein geeignetes Instrument.

Er ging schließlich auch auf die Bestellung des österreichischen Mitglieds in der Kommission ein und gab zu, dass die Vorgänge um diese Bestellung kein Ruhmesblatt darstellen. Er zeigte sich jedoch überzeugt davon, dass Johannes Hahn ein hervorragender Kommissar wird. Man habe es in der Hand, sich beim Thema staatsmännisch und damit zum Vorteil Österreichs zu verhalten, oder kleinkariert mit Partikularinteressen aufzutreten, was großen Schaden zufügen würde, schloss Kopf.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) sprach im Hinblick auf die Nominierung von Wissenschaftsminister Hahn von einem "Bestellungsdrama erster Güte". Er warf dem Bundeskanzler vor, eine parteipolitische Aktion gesetzt und dabei die Interessen Österreichs in den Hintergrund gestellt zu haben. Aufgrund der Tatsache, dass 60 % der Gesetze aus Brüssel kommen, sollte man nur die besten Köpfe nach Brüssel schicken, betonte Bucher. Österreich habe sich für einen ausrangierten Politiker entschieden. Für ihn sei es unverständlich, dass der Bundeskanzler die Verwunderung Barrosos geleugnet hat, nachdem Österreich nicht Wilhelm Molterer nominiert hat, da doch das Agrarressort durchaus im Rahmen des Möglichen gewesen sei. Österreich sollte in der EU-Politik mehr Patriotismus und Selbstbewusstsein an den Tag legen, stellte Bucher fest.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) sprach von einer "unsäglichen Personalpolitik der Bundesregierung", dem Bundeskanzler warf er vor, nicht europäische Politik zu machen, sondern "eine Politik für Zwerge, die Zwerge bleiben wollen". Ebenso unverständlich war ihm das Verhalten der ÖVP, die weder ihren ehemaligen Bundeskanzler, der auch Außenminister und Wirtschaftsminister war, noch ihren ehemaligen Vizekanzler, der auch für Umwelt, Landwirtschaft und Finanzen zuständig war, noch ihre ehemaligen beiden Außenministerinnen genannt hat, sondern den "profillosen Wissenschaftsminister". Das sei ein Pervertierung des Gedankens: "Leistung muss sich wieder lohnen", hielt Van der Bellen fest. Die Kompetenzen des zukünftigen Präsidenten der EU sind im Lissabon-Vertrag nicht geregelt, daher komme es, so Van der Bellen, auf die Personen an. Für ihn wären beispielsweise das Duo Tony Blair und Joschka Fischer oder das Duo Christine Lagarde und Ursula Plassnik für die beiden Top-Positionen geeignet, denn man brauche "unbeeindruckbare Personen".

Van der Bellen ging auch auf die FPÖ ein, die alles tue, um eine zahnlose EU zu befördern. Sie wolle die "politische Verzwergung Österreichs" auf europäischer Ebene fortsetzen. Van der Bellen betonte, dass ein Teil der Benes-Dekrete eindeutig menschenrechtswidrig sei; der Lissabon-Vertrag sei aber in dieser Sache neutral. Wenn die FPÖ meint, die Grundrechte-Charta sei ein Hebel zur Aufhebung der Dekrete, dann müsse man sich fragen, warum die FPÖ dem Lissabon-Vertrag nicht zugestimmt hat, meinte Van der Bellen.

Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) brachte zunächst einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, auf bilateraler, europäischer und internationaler Ebene Verhandlungen zur Aufhebung der Benes-Dekrete zu führen und sich dafür einzusetzen, dass die Opfer eine Wiedergutmachung erhalten. Der Lissabon-Vertrag hat laut Kitzmüller einen denkbar schlechten Start, da er durch einen eklatanten Bruch der Menschenrechte zustande gekommen ist, nachdem der Tschechischen Republik die Ausnahme von der Grundrechte-Charta gewährt worden war. Kitzmüller sprach in diesem Zusammenhang von einem "Verrat an Teilen der österreichischen Bevölkerung", die wesentlich zum Wiederaufbau beigetragen haben. Ein ähnliches Problem sah sie im Zuge einer möglichen Mitgliedschaft Kroatiens heraufziehen, und zwar in Hinblick auf die AVNOJ-Bestimmungen. Abschließend verlangte sie die Durchführung von Volksabstimmungen in wichtigen EU-Fragen.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) erachtete es als bedauerlich, dass die Grundrechte-Charta in drei EU-Ländern - Polen, Großbritannien und Tschechien - nicht gelten werde. Der FPÖ warf sie vor, politisch gegen das Miteinander zu agitieren, aber dort, wo es wirklich brenne, nämlich bei der Bewältigung der Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise, nicht hinzuschauen. Muttonen sprach sich insbesondere für eine Weiterentwicklung sozialer Mindeststandards in der EU aus. Sie vermisste auch das Engagement der FPÖ in Fragen der Energiesicherheit, des Klimawandels und der inneren Sicherheit, wo die Zusammenarbeit in Europa gefordert ist. Muttonen verteidigte den Vertrag von Lissabon, der die EU auf eine neue Grundlage stelle, ihre Handlungsfähigkeit und Demokratie stärke und die soziale Verantwortung verankere.

Abgeordneter Wolfgang SCHÜSSEL (V) schloss sich seiner Vorrednerin an und wies darauf hin, dass Österreich in Zukunft zwei Europaabgeordnete mehr entsenden werde, und jedes Land weiterhin berechtigt sei, ein Kommissionsmitglied zu entsenden. Es werde ein europäisches Volksbegehren geben, erläuterte Schüssel, das Europäische Parlament werde ein vollberechtigtes Mitentscheidungsgremium und die nationalen Parlamente bekämen mehr Mitspracherecht. Eingehend auf die Benes-Dekrete stellte Schüssel fest, diese hätten mit dem Lissabon-Vertrag nichts zu tun, denn weder dieser noch die Grundrechte-Charta gälten rückwirkend. Die Slowakei habe sich aus diesem Grund auch nicht dem Opting-Out angeschlossen.
   

 

Schüssel thematisierte sodann die Personalentscheidungen und betonte, es sei ein ehernes Gesetz, die besten Persönlichkeiten, unabhängig von deren parteipolitischer Zugehörigkeit, zu unterstützen. Das habe man bei Franz Fischler und Benita Ferrero-Waldner so gehalten, genauso wie bei der Nominierung von Peter Jahn im EuGH und Gertrude Tumpel-Gugerell bei der EZB. Man habe auch im Jahr 2004 mehrere Namen vorgeschlagen, um die Möglichkeit zu haben, in vertraulichen Verhandlungen ein Top-Ressort zugesprochen zu bekommen, gleichzeitig aber auch dem Kommissionspräsidenten die nötige Flexibilität bei seinen Entscheidungen zu ermöglichen. Der Bundeskanzler habe daher eine große Verantwortung, sagte Schüssel und meinte, niemand, der Österreich liebe und Europa ernst nehme, könne sich vorstellen, dass sich Österreich nicht für Top-Positionen einbringt. Niemand könne sich vorstellen, dass der österreichische Bundeskanzler warte, welche Namen woanders genannt werden, anstatt selber aktiv zu werden. Es sei selbstverständlich, dass der Regierungschef mit Blick in die Zukunft auf die Dinge zugehe und sich über etwaige Chancen von österreichischen KandidatInnen freut. Niemand, so Schüssel, könne sich vorstellen, dass Österreich eine bedeutende Aufgabe nicht annimmt, nur weil der Boulevard gegen bestqualifizierte KandidatInnen schießt. Das Lob von dieser Seite sei sehr kurzlebig. Niemand könne sich auch vorstellen, dass der österreichische Bundeskanzler im gleichen Boot wie die britischen Konservativen sitzen wolle, die sich gegen einen starken Kandidaten aus dem eigenen Land stellen, nur weil er von einer anderen Partei kommt. In diesem Sinne wünschte Schüssel dem Bundeskanzler für die morgigen Verhandlungen gute Ergebnisse.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) bedauerte, dass man in Europa nach gelungener Ratifizierung des Lissabon-Vertrags noch immer nicht über so wichtige Themen wie die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die gemeinsame Finanzpolitik, die Energiepolitik und die Wirtschaftspolitik spricht, sondern dass weiterhin über Personen gefeilscht wird. Österreich stehe dem nicht nach, meinte Scheibner, verfolge man die Nominierung von Bundesminister Hahn. Die Argumentation des Bundeskanzlers, warum er Molterer ablehnt, sei zwar ehrlich, aber keine sachliche Entscheidungsgrundlage. Das Verhalten Faymanns sei von reinem parteipolitischen Machtstreben geleitet worden. Scheibner warf der ÖVP vor, Molterer, Schüssel und Plassnik innerparteilich deshalb nicht unterstützt zu haben, weil diese von einem anderen Parteiflügel kommen. Sowohl der Bundeskanzler als auch der Vizekanzler hätten damit Österreich einen großen Schaden zugefügt, was "beschämend" sei.

Zu den Benes-Dekreten bemerkte Scheibner, diese hätten nichts mit dem Lissabon-Vertrag zu tun, sondern seien eine Frage der Grundwerte der Union. Solange man aber die Grundwerte biege, brauche man sich nicht über die Skepsis in der Bevölkerung zu wundern.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) hielt es wiederum für "beschämend", dass nur drei Länder Frauen als Mitglieder der zukünftigen Kommission vorgeschlagen haben und für die Top-Jobs gar keine Frauen genannt wurden. Deshalb unterstützte sie die Initiative der weiblichen Mitglieder des Europäischen Parlaments, da es genügend hervorragend qualifizierte Frauen gebe. Sie bedauerte, dass Europa noch immer von nationalem Kleingeist regiert werde, und hätte es für besser gehalten, wenn Österreich wenigstens einen Zweier-Vorschlag vorgelegt hätte.

Abgeordneter Gerhard KURZMANN (F) brachte einen Entschließungsantrag betreffend öffentliche Ausschreibung für den Posten des österreichischen Mitglieds der Kommission ein und zeigte sich skeptisch in Bezug auf die derzeitige Lösung. Sodann äußerte sich der Redner enttäuscht über die Haltung der EU bezüglich der Aussagen des tschechischen Präsidenten. Dies zeige, dass der Lissaboner Vertrag mit aller Gewalt durchgepeitscht werden solle und dass die Inhalte dieses Vertrags seinen Verteidigern gar nicht so wichtig seien wie immer behauptet werde. Dass der Bundeskanzler dieser Ausnahmeregelung für Tschechien zugestimmt habe, sei besonders zu bedauern, resümierte Kurzmann.

Abgeordnete Gisela WURM (S) beklagte, dass in dem Antrag nicht ein einziges Mal die Geschlechtergerechtigkeit eingemahnt worden sei. Aber die Gleichberechtigung interessiere den Antragssteller offenbar nicht. Es sei gut, dass es eine parteiübergreifende Initiative gebe, um mehr Frauen in die Parlamente und in die übrigen Institutionen zu bringen. Seitens der SPÖ gebe es entsprechende Bemühungen, die FPÖ solle sich daran ein Beispiel nehmen. Man werde auch weiterhin darum kämpfen, dass mehr Frauen in der EU repräsentiert sind.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) brachte einen Entschließungsantrag bezüglich EU-weiter Spekulationssteuer bei gleichzeitiger Senkung der Mitgliedsbeiträge ein. Dann befasste sich der Redner mit der Haltung des Bundeskanzlers in der Frage der Nominierung der österreichischen Vertretung in der europäischen Kommission. Die gewählte Vorgangsweise bei der Bestellung sei zu Lasten der Interessen der österreichischen Bevölkerung gegangen, man habe es hier mit einem Staatsproblem zu tun, und der Kanzler habe dies zugelassen. Man hätte sich um ein möglichst bedeutendes Ressort bemühen müssen, doch durch das Verhalten der Koalitionsparteien habe man dieses verspielt. Konkret wies der Redner dem Bundeskanzler mehrere inhaltliche Fehler nach, die dieser in einem Interview mit einer Tageszeitung machte.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) nützte die Debatte zu einigen Ausführungen zum Thema Bildungspolitik. Angesichts der heimischen Bildungspolitik sei es fraglich, ob Hahn der richtige Kandidat für die Kommission sei. Verständnis zeigte der Redner für die Studierenden, zudem forderte er mehr Investitionen in Bildung und Forschung.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) meinte, man dürfe die aktuelle politische Problemlage in der EU nicht auf Personalfragen reduzieren. Dies griffe zu kurz und werde auch den Interessen der heimischen Bevölkerung nicht gerecht. Diese interessiere sich nicht für Personalfragen, sondern für die Bewältigung der Krise und für die Erhaltung der Arbeitsplätze. Und daher sei er froh, dass die Europapolitik in den Händen von Kanzler Faymann und Außenminister Spindelegger sei.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) thematisierte die Wahlkampfkostenrückerstattung und kritisierte, dass sich die anderen Parteien hier ein Körberlgeld zugeschanzt hätten, während das BZÖ leer ausgehen solle. So gehe es nicht, das BZÖ habe das Wahlziel erreicht, die anderen Parteien sollten das zu Unrecht bezogene Geld daher zurückerstatten. Überdies wies er darauf hin, dass Österreich durch den Lissabon-Vertrag ab 2014 keinen Anspruch mehr auf einen EU-Kommissar haben werde.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) wies auf die Chancen hin, die der Lissabon-Vertrag biete. Diese gelte es zu nutzen. Man stehe vor großen Herausforderungen, diese müsse man meistern. Der Kanzler lasse hier Leadership vermissen, und das sei bedauerlich, wie sich gerade bei der Bestellung des Kommissionspostens gezeigt habe. Hier habe man eine große Chance vertan.

Die Oppositionsanträge verfielen samt und sonders der Ablehnung.


Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag für einen G- Antrag
Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) erklärte, nicht nur die Uni brenne, auch bei der Kinderbetreuung sei Feuer am Dach. Auch bei dieser ersten Bildungseinrichtung gebe es massive Probleme, da angesichts der zunehmend verschärften Rahmenbedingungen umgehend für eine Entlastung in personeller wie finanzieller Hinsicht gesorgt werden müsse. Ein diesbezügliches Bundesrahmengesetz sei unumgänglich, resümierte die Rednerin. Dafür protestierten die Betroffenen, wobei sie von den Grünen unterstützt würden. Die Regierenden seien an dieser Stelle gefordert.

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) teilte prinzipiell die Anliegen der Betroffenen, vertrat aber gleichzeitig die Auffassung, dass die diesbezüglichen Probleme nicht so einfach gelöst werden könnten, wie von der Vorrednerin behauptet worden sei. Auch auf diesem Gebiet müsse man Schritt für Schritt vorgehen, wie es ja seitens der Regierenden praktiziert werde.

Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V) dankte den KindergartenpädagogInnen für deren Arbeit und wies auf die konkreten Maßnahmen hin, die seitens der Regierung bereits gesetzt wurden, wofür auch dem Wirtschaftsminister und der Staatssekretärin gedankt werden müsse, die unter anderem das Gratiskindergartenjahr ermöglicht hätten. Man habe viel gemacht, weitere Schritte würden folgen. Man müsse aber auch hinterfragen, ob es nicht klüger sei, manche Fragen vor Ort zu lösen, anstatt eine zentrale Regelung einzufordern.

Abgeordnete Edith MÜHLBERGHUBER (F) kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zur Fristsetzung an, obwohl sie den Antrag selbst ablehne. Politische Themen sollten dort behandelt werden, wo sie hingehören, Länderthemen also in die Gesetzgebung der Länder, denn der Föderalismus sei für Österreich wichtig. Die FPÖ sei gegen ein verpflichtendes Kindergartenjahr und gegen die Fremdbetreuung einjähriger Kinder. Es gehe um die Bedürfnisse der Familien und nicht um Ideologien, hielt Abgeordnete Mühlberghuber fest.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) drängte auf die Lösung der großen bildungs- und schulpolitischen Probleme und wandte sich entschieden gegen parteipolitische und verwaltungsorganisatorische Doppelgleisigkeiten im Bildungssystem; gefragt seien eine radikale Verwaltungsvereinfachung und einheitliche Regeln im Dienstrecht und in der Ausbildung der PädagogInnen. Es müsse Schluss sein mit dem "Kompetenzwirrwarr" zwischen Bund und Ländern. "Je länger wir die Reform hinausschieben, desto mehr verspielen wir die Zukunftschancen unserer Kinder", sagte die Abgeordnete.

Abgeordneter Harald WALSER (G) unterstrich die Bedeutung der Kindergärten als Bildungseinrichtungen, die nicht nur Betreuungsaufgaben haben. Er freue sich über positive Signale von BZÖ, SPÖ und Teilen der ÖVP, sei aber zugleich entsetzt über die Untätigkeit der Regierungsparteien, obwohl klar sei, wie dringend notwendig die zielgerichtete Förderung der Kinder im Vorschulalter sei. Die Grünen verlangen eine qualitative Diskussion über die Kindergartenpädagogik ohne jede Verschulung der Kindergärten. Dazu bedürfe es eines bundeseinheitlichen Rahmengesetzes.

Der Fristsetzungsantrag erhielt keine Mehrheit und wurde abgelehnt.
     
Informationen: http://www.parlament.gv.at    
     
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