Weihbischof Krätzl feierte Gedenkmesse zum 25. Todestag von Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym
im Stephansdom
Wien (pew) - "Franz Jachym war kein 'Neuerer'. Aber er sah die jeweiligen Herausforderungen
und hatte den Mut, sie anzupacken": Mit diesen Worten würdigte der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl
am Abend des 27.11. im Stephansdom den vor 25 Jahren verstorbenen Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym. Jachym habe
die Erzdiözese Wien "in vielfacher Weise geprägt" und stets in "beispielhafter Loyalität"
gegenüber Rom gehandelt, sagte Krätzl. Gleichzeitig sei er "ein Vorbild dafür, wie ein Bischof
in wacher Aufmerksamkeit für die Nöte in der Kirche Neues sucht und wagt".
Beim Gedenkgottesdienst - an dem auch zahlreiche Wegbegleiter Franz Jachyms teilnahmen - hob Weihbischof Krätzl
die Verdienste des Erzbischofs um die Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Erzdiözese Wien sowie
seinen Einsatz als "Bau-Bischof" hervor. Kardinal Franz König habe Jachym die Leitung der Diözesansynode
von 1969/1971 übertragen, mit der das Konzil in die Praxis umgesetzt werden sollte. Die Ergebnisse die Synode
seien bis heute für die Seelsorge in der Erzdiözese Wien prägend, so Krätzl. Jachym habe bei
der Synode trotz wesentlicher Meinungsverschiedenheiten eine "von gegenseitigem Respekt getragene Streitkultur
auf hohem Niveau" ermöglicht.
Entscheidend sei auch das Wirken Jachyms als "Bau-Bischof" gewesen. Viele Kirchenbauten besonders in
den Wiener Randbezirken erinnerten an Franz Jachym, sagte Weihbischof Krätzl. Nur unter größten
Schwierigkeiten sei es Jachym damals gelungen, in den Wiener Neubaugebieten den Bau von Gotteshäusern zu ermöglichen.
Heute sei die gemeinsame Planung zwischen Stadt Wien und Erzdiözese Wien leichter geworden.
Mit der "Kirchlichen Aufbauanleihe" habe Jachym in den fünfziger Jahren eine damals bahnbrechende
Finanzierungsidee für kirchliche Bauten entwickelt, erinnerte Bischof Krätzl: "Die Laufzeit war
25 Jahre, also die Rückzahlungsraten auf eine ganze Generation verteilt. Alle Diözesen, Klöster
und Stifte übernahmen die Haftung.. Der Schritt war riskant, weil ohne Vorbild, die Lösung originell".
Das Vertrauen in die Kirche sei damals so groß gewesen, dass die verschiedenen Tranchen der Anleihe immer
sofort überzeichnet waren.
Heute habe die Kirche "ganz andere Probleme", sagte Bischof Krätzl: "Aber das Gedenken an Erzbischof
Jachym könnte uns herausfordern, wie er die Nöte der Zeit realistisch zu erkennen, schöpferisch
an sie heranzugehen, und auch bereit zu sein, Neues zu wagen". Wörtlich meinte Krätzl: "Wo
sollten wir heute Anleihen aufnehmen? Nicht auf dem Finanzmarkt, wohl aber auf der Ideenbörse vieler vorausdenkender
Theologen, wirklichkeitsbezogener Praktiker, und auch Kritiker, die voll Sorge um die Zukunft der Kirche sind".
Tod unter dramatischen Umständen
Der damals 73-jährige Wiener Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym war am 29. November 1984 unter dramatischen
Umständen gestorben: Nachdem er mit einer Ansprache die Weihnachtsschau der Schwesterngemeinschaft "Caritas
Socialis" eröffnet hatte, sackte der Erzbischof zusammen und fiel auf die Schulter der neben ihm sitzenden
Witwe von Bundeskanzler Leopold Figl, Hilde Figl. Alle ärztlichen Bemühungen blieben vergebens.
Jachym hatte 1938 als Sekretär von Kardinal Theodor Innitzer dem damaligen Erzbischof von Wien beim Sturm
der "Hitler-Jugend" auf das Erzbischöfliche Palais das Leben gerettet. 1950 wurde er zum Koadjutor
für Kardinal Innitzer ernannt, entzog sich aber zunächst der Bischofsweihe im Stephansdom (was weltweites
Aufsehen erregte); die Weihe wurde dann in Rom "nachgeholt". Nach dem Tod Innitzers wurde Jachym nicht
Nachfolger, weil dies "vermutlich von österreichischen Politikern verhindert wurde", wie Weihbischof
Krätzl beim Gedächtnisgottesdienst sagte. Viele Jahre diente er dann als "Coadjutor sedi datus",
dem Bischofssitz zugeordneter Koadjutor, in großer Loyalität Kardinal König und trug wesentlich
zum Aufbau und zur Erneuerung der Erzdiözese Wien bei. |