"Erzbischof Jachym ist Vorbild, die Dinge anzupacken"   

erstellt am
30. 11. 09

Weihbischof Krätzl feierte Gedenkmesse zum 25. Todestag von Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym im Stephansdom
Wien (pew) - "Franz Jachym war kein 'Neuerer'. Aber er sah die jeweiligen Herausforderungen und hatte den Mut, sie anzupacken": Mit diesen Worten würdigte der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl am Abend des 27.11. im Stephansdom den vor 25 Jahren verstorbenen Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym. Jachym habe die Erzdiözese Wien "in vielfacher Weise geprägt" und stets in "beispielhafter Loyalität" gegenüber Rom gehandelt, sagte Krätzl. Gleichzeitig sei er "ein Vorbild dafür, wie ein Bischof in wacher Aufmerksamkeit für die Nöte in der Kirche Neues sucht und wagt".

Beim Gedenkgottesdienst - an dem auch zahlreiche Wegbegleiter Franz Jachyms teilnahmen - hob Weihbischof Krätzl die Verdienste des Erzbischofs um die Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Erzdiözese Wien sowie seinen Einsatz als "Bau-Bischof" hervor. Kardinal Franz König habe Jachym die Leitung der Diözesansynode von 1969/1971 übertragen, mit der das Konzil in die Praxis umgesetzt werden sollte. Die Ergebnisse die Synode seien bis heute für die Seelsorge in der Erzdiözese Wien prägend, so Krätzl. Jachym habe bei der Synode trotz wesentlicher Meinungsverschiedenheiten eine "von gegenseitigem Respekt getragene Streitkultur auf hohem Niveau" ermöglicht.

Entscheidend sei auch das Wirken Jachyms als "Bau-Bischof" gewesen. Viele Kirchenbauten besonders in den Wiener Randbezirken erinnerten an Franz Jachym, sagte Weihbischof Krätzl. Nur unter größten Schwierigkeiten sei es Jachym damals gelungen, in den Wiener Neubaugebieten den Bau von Gotteshäusern zu ermöglichen. Heute sei die gemeinsame Planung zwischen Stadt Wien und Erzdiözese Wien leichter geworden.

Mit der "Kirchlichen Aufbauanleihe" habe Jachym in den fünfziger Jahren eine damals bahnbrechende Finanzierungsidee für kirchliche Bauten entwickelt, erinnerte Bischof Krätzl: "Die Laufzeit war 25 Jahre, also die Rückzahlungsraten auf eine ganze Generation verteilt. Alle Diözesen, Klöster und Stifte übernahmen die Haftung.. Der Schritt war riskant, weil ohne Vorbild, die Lösung originell". Das Vertrauen in die Kirche sei damals so groß gewesen, dass die verschiedenen Tranchen der Anleihe immer sofort überzeichnet waren.

Heute habe die Kirche "ganz andere Probleme", sagte Bischof Krätzl: "Aber das Gedenken an Erzbischof Jachym könnte uns herausfordern, wie er die Nöte der Zeit realistisch zu erkennen, schöpferisch an sie heranzugehen, und auch bereit zu sein, Neues zu wagen". Wörtlich meinte Krätzl: "Wo sollten wir heute Anleihen aufnehmen? Nicht auf dem Finanzmarkt, wohl aber auf der Ideenbörse vieler vorausdenkender Theologen, wirklichkeitsbezogener Praktiker, und auch Kritiker, die voll Sorge um die Zukunft der Kirche sind".

Tod unter dramatischen Umständen
Der damals 73-jährige Wiener Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym war am 29. November 1984 unter dramatischen Umständen gestorben: Nachdem er mit einer Ansprache die Weihnachtsschau der Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis" eröffnet hatte, sackte der Erzbischof zusammen und fiel auf die Schulter der neben ihm sitzenden Witwe von Bundeskanzler Leopold Figl, Hilde Figl. Alle ärztlichen Bemühungen blieben vergebens.

Jachym hatte 1938 als Sekretär von Kardinal Theodor Innitzer dem damaligen Erzbischof von Wien beim Sturm der "Hitler-Jugend" auf das Erzbischöfliche Palais das Leben gerettet. 1950 wurde er zum Koadjutor für Kardinal Innitzer ernannt, entzog sich aber zunächst der Bischofsweihe im Stephansdom (was weltweites Aufsehen erregte); die Weihe wurde dann in Rom "nachgeholt". Nach dem Tod Innitzers wurde Jachym nicht Nachfolger, weil dies "vermutlich von österreichischen Politikern verhindert wurde", wie Weihbischof Krätzl beim Gedächtnisgottesdienst sagte. Viele Jahre diente er dann als "Coadjutor sedi datus", dem Bischofssitz zugeordneter Koadjutor, in großer Loyalität Kardinal König und trug wesentlich zum Aufbau und zur Erneuerung der Erzdiözese Wien bei.
     
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