Brüssel (europarl) - Das EP hat die Fortschritte bestehender und potentieller
Beitrittskandidaten auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft bewertet. In einer Resolution fordern die Abgeordneten u.a.
weitere Anstrengungen der Türkei bei der Religions- und Meinungsfreiheit und bei der Umsetzung der Justizreform
sowie die Schließung der bleiverseuchten Lager im Kosovo.
Es sei unerlässlich, dass sowohl die Bewerberländer als auch die EU sich fest dazu verpflichten, alle
Kriterien, die 1993 auf dem Europäischen Rat von Kopenhagen festgelegt wurden, vollständig und rigoros
einzuhalten, auch was die Fähigkeit der EU zur Integration betrifft, so das Europäische Parlament in
seiner Resolution zur Erweiterungsstrategie für 2009.
Türkei: Mehr Meinungs- und Religionsfreiheit, Lösung der Zypernfrage, Lage der Kurden verbessern
Das EP lobt die Fortschritte, die die Türkei als Bewerberland bei der Erfüllung der Beitrittskriterien
gemacht hat, fordert jedoch auch die türkische Regierung und alle parlamentarischen Parteien auf, die wichtigsten
anstehenden Reformen, wie z.B. der Reform der Justiz, rasch umzusetzen.
Die Abgeordneten sind besorgt über die Lage im Bereich der freien Meinungsäußerung, besonders nachdem
zum ersten Mal eine Geldstrafe gegen einen Medienkonzern verhängt wurde. Sie bedauern die geringen Fortschritte
auf dem Gebiet der Religionsfreiheit und fordern die Regierung nachdrücklich auf, einen Rechtsrahmen zu schaffen,
der es allen nichtmuslimischen Religionsgemeinschaften und der Gemeinschaft der Alewiten ermöglicht, ihre
Religion ohne unangemessene Einschränkungen auszuüben.
Außerdem müsse die türkische Regierung aktiv zu einer umfassenden Lösung der Zypernfrage beitragen,
so die Abgeordneten. Sie fordern die türkische Regierung und alle politischen Kräfte auf, sich konkret
mit der Lage der Bürger kurdischer Herkunft zu befassen.
Nachdem die Türkei die zwischenstaatliche Vereinbarung über den Bau der Erdgaspipeline Nabucco unterzeichnet
habe, müsse man nun das Energiekapitel in den Beitrittsverhandlungen öffnen, so das Parlament.
Kroatien: Beitrittsverhandlungen bis Mitte 2010 abschließen
Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien könnten bis Mitte 2010 abgeschlossen werden - vorausgesetzt, das Land
erfüllt alle erforderlichen Kriterien, einschließlich einer umfassenden Zusammenarbeit mit dem Internationalen
Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, so das EP.
Kosovo: Schließung bleiverseuchter Lager
Die internationalen und kosovarischen Behörde müssten "alles in ihrer Macht Stehende tun, damit
die bleiverseuchten Lager für Binnenvertriebene Çesmin Llugë/C(esmin Lug, Osterode und Leposaviq/Leposavic',
die in unmittelbarer Nähe der hochgiftigen Bergeorte der Bleimine von Trepça angesiedelt sind, umgehend
geschlossen werden". Man müsse die grundlegendsten Menschenrechte der dort lebenden Familien achten und
sie an sichere Orte bringen, die menschenwürdige hygienische Verhältnisse aufweisen.
Das EP begrüßt "die bisher nie dagewesene hohe Beteiligung der Serben im Kosovo" an den Kommunalwahlen
vom 15. November 2009. Die sei ein "positives Signal dafür, dass die Gemeinschaft der Serben im Kosovo
willens ist, ihre Verantwortung in den Institutionen des Kosovo zu übernehmen".
Serbien
Die Abgeordneten bedauern, dass die serbischen Behörden die Serben im Kosovo aufgefordert hatten, die Kommunalwahlen
zu boykottieren, und fordern sie auf, eine konstruktive Haltung einzunehmen.
Das Parlament ist zufrieden mit den Fortschritten Serbiens bei der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshofs
für das ehemalige Jugoslawien. Zudem sei das Land vor dem Hintergrund der Finanzkrise entschlossen, auf dem
Weg hin zur EU-Mitgliedschaft voranzukommen.
Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
Die Parlamentarier fordern die EU-Regierungen auf, auf ihrem Gipfel im Dezember ein Datum "in naher
Zukunft" für den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der ehemaligen jugoslawische Republik Mazedonien
zu setzen. Das Parlament hofft, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Griechenland ihre Anstrengungen
zur Lösung der Namensfrage vertiefen
Bosnien und Herzegowina: nur mäßige Fortschritte
Bosnien und Herzegowina habe als potenzieller Kandidat auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft "nur mäßige
Fortschritte" gemacht, so das EP. Die Abgeordneten sind "zunehmend besorgt über das instabile politische
Klima und das Fehlen einer gemeinsamen Vision der beiden Teilstaaten".
Das Parlament fordert die Behörden in Bosnien und Herzegowina und in Albanien auf, die Vorbereitungen für
einen visumfreien Reiseverkehr rascher voranzutreiben, damit die Visumfreiheit für die Bürger dieses
Landes ab Juli 2010 in Kraft treten kann.
Albanien und Montenegro
Die Abgeordneten erkennen die Fortschritte an, die Montenegro und Albanien seit dem letzten Fortschrittsbericht
gemacht haben und fordern beide Länder auf, in ihren Reformbemühungen fortzufahren.
Island
Das Parlament begrüßt den Beitrittsantrag Islands und geht davon aus, dass das Land angesichts seiner
hohen Anpassung an das EU-Recht in nicht all zu ferner Zukunft den Status eines Kandidatenlandes erhalten wird.
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